Die negativen Erfahrungen haben den 24-Jährigen misstrauisch gemacht.

Abendblatt:

Herr Guerrero, was würden Sie auf eine einsame Insel mitnehmen - außer einem Fußball?

Paolo Guerrero:

Puh, darüber habe ich noch nie nachgedacht. Keine Ahnung. Ein Ball müsste aber auf jeden Fall dabei sein. Ohne Ball fahre ich nicht weg.



Abendblatt:

Der Ball hat in Ihrem Leben immer die Hauptrolle gespielt. War Schule in Peru überhaupt ein Thema?

Guerrero:

Allerdings. Meine Eltern haben auf einem Abitur bestanden, auch wenn ich in den letzten zwei Jahren vormittags kaum noch zur Schule gehen konnte, da ich schon Profi war. Meine Schule hat mir sehr geholfen, dass ich den Stoff nachholen konnte.



Abendblatt:

Gab es noch einen anderen Berufswunsch?

Guerrero:

Nur Fußball.



Abendblatt:

Ihr Vorbild?

Guerrero:

Der Bomber.



Abendblatt:

Bomber?

Guerrero:

Gerd Müller. Ich kannte ihn vorher nicht, aber nachdem ich Videos gesehen hatte ... Wow!



Abendblatt:

Wie lange wollen Sie spielen?

Guerrero:

Solange es geht. Ich bin zwar erst 24, fühle mich aber schon wie 30. Wirklich!


Abendblatt:

Ihr Vertrag läuft 2010 aus. Planen Sie, länger in Hamburg zu bleiben?

Guerrero:

Ich fühle mich sehr wohl und möchte gerne hierbleiben. Aber ich bin Fußballspieler, ich lebe davon. Wenn ein großer Verein kommt und es gut für den HSV wäre, kann alles passieren.



Abendblatt:

Ihr Typ würde gut nach England passen.

Guerrero:

Ich hatte schon Angebote, aber ich bin noch hier. Ich mag die Stadt und den Verein.



Abendblatt:

Sie kamen 2002 aus Lima nach Europa. Wie sehen Sie die Deutschen?

Guerrero:

Ich bin doch selbst schon ein halber Deutscher (lacht). Klar, die Kultur ist anders, die Deutschen wirken vielleicht distanzierter. Aber ich habe in Hamburg viele nette Leute kennengelernt.



Abendblatt:

Ist es nicht schwierig, als Fußballprofi zu merken, wer wirklich Interesse hat oder sich nur im Glanz der Prominenz sonnen will?

Guerrero:

Ja, natürlich.



Abendblatt:

Sind Sie misstrauischer geworden?

Guerrero:

Ich war immer so. Bei mir dauert es, jemanden kennenzulernen. Ich bin kein offener Charakter, der mit jedem gleich Freund sein will. Ich bin eher ein schüchterner Typ. Vielleicht denken manche Leute, dass ich eingebildet bin. Dabei ist es eher Schüchternheit.



Abendblatt:

Als Stürmer verhalten Sie sich anders. Da müssen Sie attackieren.

Guerrero:

Im Spiel will ich gewinnen. Sonst bin ich ruhig.



Abendblatt:

Aber in der Mannschaft gelten Sie schon als jemand, der Späße macht.

Guerrero:

Ich wehre mich nur gegen die vielen Nervensägen ... Ne, die Stimmung bei uns ist wirklich super.



Abendblatt:

Wie sehr vermissen Sie Peru, gerade im November?

Guerrero:

Früher habe ich meine Heimat schon sehr vermisst. Inzwischen bin ich daran gewöhnt.



Abendblatt:

Die Nationalmannschaft in Peru hat es nicht einfach, steht häufig in der Kritik. Woran liegt das?

Guerrero:

Die Presse ist neidisch auf Spieler, die im Ausland spielen, macht sie runter. Die sehen uns mit großen Autos und schönen Klamotten. Sie selbst konnten nichts erreichen, also gönnen sie uns auch nichts. Das ist auch ein Grund, warum es in der Nationalelf nicht so gut läuft.



Abendblatt:

Es gab auch diese Geschichte mit der Moderatorin Magaly Medina ...

Guerrero:

... die jetzt im Gefängnis sitzt. Sie machte ein Foto, zwei Tage vor einem Spiel gegen Brasilien. Wir bekamen vom Trainer drei Stunden Freizeit, also bin ich mit einer Freundin in ein Restaurant gefahren. Um 20 Uhr sind wir raus, da wurden wir fotografiert. Drei Tage später kam diese Geschichte, dass diese Fotos um zwei Uhr nachts entstanden sein sollen. Können Sie sich das vorstellen?



Abendblatt:

Was passierte?

Guerrero:

Ich musste sie verklagen, obwohl ich das nicht wollte. Aber als ich sie aufforderte, die Sache zu korrigieren, zerriss sie meinen Brief.



Abendblatt:

Blieb trotzdem etwas Negatives hängen?

Guerrero:

Nach der Geschichte verlor ich einen großen Sponsor. Natürlich hatte ich bei vielen Menschen ein schlechtes Image. Inzwischen glauben mir aber viele Leute, weil die Wahrheit herauskam.



Abendblatt:

Haben Sie etwas daraus gelernt?

Guerrero:

Ich habe nichts Falsches gemacht. Aber klar bin ich jetzt vorsichtiger.



Abendblatt:

Trauen Sie sich nach Ihren Erfahrungen noch in eine Disco?

Guerrero:

Na klar, wenn die Jungs nach einem gewonnenen Spiel ausmachen, sich zu treffen, gehe ich auch mit. Aber ich mache weniger. Früher haben mir meine Eltern immer vorgeworfen: Immer hast du Zeit für alles. Seit drei, vier Jahren konzentriere ich mich mehr auf Fußball.



Abendblatt:

Wollen Sie einmal wieder in Lima leben?

Guerrero:

Natürlich, irgendwann. Aber noch bleibe ich einige Zeit in Europa.



Abendblatt:

Wie ist die Situation für Ihre Familie?

Guerrero:

Nicht einfach. Ruhe ist was anderes. Bis heute kann ich nicht gut schlafen. Ich habe mir große Sorgen um meine Mutter gemacht, weil sie allein dort lebt.



Abendblatt:

Helfen Sie Ihren Eltern auch finanziell?

Guerrero:

Natürlich.



Abendblatt:

Kommen Ihre Eltern mit Ihrem Einkommen klar?

Guerrero:

Das ist kein Problem.



Abendblatt:

Auch in Deutschland gibt es viel Neid.

Guerrero:

Aber es ist weniger als in Peru. Dort haben viel mehr Menschen keine Arbeit und schauen neidisch auf dein schönes Auto.



Abendblatt:

Sie fahren Ferrari und Hummer. Warum lieben Sie schnelle Autos?

Guerrero:

Weiß nicht, das war schon als Kind so. Ich war verrückt nach schnellen Autos. Mein Sohn ist es auch. Ich denke, er wird kein Fußballer, sondern Formel-1-Fahrer.



Abendblatt:

Ihr vierjähriger Sohn Diego lebt bei seiner Mutter in München. Wie oft sehen Sie sich?

Guerrero:

Er war bisher nur einmal in Hamburg. Wenn ich ein paar Tage frei habe, fliege ich immer sofort zu ihm.



Abendblatt:

Ihre Eltern leben auch getrennt. Wie schwer war das für Sie?

Guerrero:

Ich war noch sehr klein, vier Jahre. Als ich 15 Jahre wurde, lebten wir wieder zusammen - später trennten sie sich wieder.



Abendblatt:

Sie leben direkt an der Elbe. Wo gehen Sie in Hamburg gerne hin?

Guerrero:

Ich gehe gerne im Zentrum spazieren.



Abendblatt:

Einkaufen.

Guerrero:

Jetzt weniger. Mehr rumlaufen, Leute sehen.



Abendblatt:

Sie tragen meistens ausgefallene Kleidung. Wie wichtig ist Ihnen Mode?

Guerrero:

Fragen Sie wegen meiner 100 Mützen? Ich empfinde meinen Stil als normal. Ich trage, worin ich mich wohlfühle, ich will keinem gefallen. Teuer muss es nicht sein.



Abendblatt:

Sind Sie, außer bei Autos, ein sparsamer Typ?

Guerrero:

Ich bin auch ein Fan von elektronischen Sachen wie iPod, neuen Handys, Fernsehen oder Playstation.



Abendblatt:

Was spielen Sie? Etwa Fußball?

Guerrero:

Was sonst! Pro Evolution Soccer.