Die Handballer des HSV haben sich jetzt auch in der Bundesliga aus der Krise geworfen. Beim bisher ungeschlagenen Tabellenzweiten TBV Lemgo gewann die Hamburger vor 7800 Zuschauern im Gerry-Weber-Stadion in Halle (Westfalen) mit 34:30 (14:13) und haben jetzt 9:7 Punkte.

Halle. Es war der erste Auswärtssieg des HSV in der Bundesliga seit dem 30:26 in Essen am 13. April. "Wir sind wieder da", freute sich HSV-Präsident Andreas Rudolph, "das war der HSV, den wir sehen wollen. Wir werden noch viel Freude an dieser Mannschaft haben." Nationalspieler Torsten Jansen war mit neun Treffern, davon drei Siebenmeter, der erfolgreichste Werfer.

8:5 führte der HSV, als in der 20. Minute Guillaume Gille die Rote Karte sah. Der Franzose hatte Jens Bechtloff bei dessen Tempogegenstoß neun Meter vor dem Hamburger Tor am Fuß getroffen und ihn unsanft aus dem Gleichgewicht gebracht. "Eine harte Strafe", befand Gille, "ich habe ihn zwar berührt, aber bei der Geschwindigkeit sieht das viel schlimmer aus, als es in Wirklichkeit war." Rot bedeutet beim Handball den Ausschluss des Spielers für den Rest der Partie, für die Mannschaft indes nur eine Zwei-Minuten-Strafe. Weil achtzig Sekunden später jedoch auch Krzysztof Lijewski nach einem Foul an Florian Kehrmann für zwei Minuten vom Feld musste, waren die Hamburger gleich mit zwei Mann in Unterzahl. Lemgo nutzte die numerische Überlegenheit zum zwischenzeitlichen 8:8-Auslgeich.

Diese Rückschläge brachten den HSV, und das war ein deutliches Zeichen wiedergewonnener Stärke, nicht aus dem Konzept. Das war umso erstaunlicher, weil im Angriff in der ersten Halbzeit kaum Gefahr aus dem Rückraum ausging. Besonders Blazenko Lackovic fand zunächst keinen Weg, um den Ball an Lemgos Torhüter Carsten Lichtlein vorbei ins Netz zu befördern. Das sollte sich erst nach dem Seitenwechsel ändern, als der Kroate seine Wurfgewalt zu insgesamt sieben Toren erfolgreich nutzte.

Dafür klappte von Beginn an das Kombinationsspiel. Am Kreis kamen Bertrand Gille und Jansen regelmäßig frei zum Wurf. Das führte direkt zu Toren oder zu Siebenmetern, die Jansen, bis auf seinen ersten, souverän verwandelte. Den ersten Siebenmeter des HSV hatte Hans Lindberg verschossen.

Das Selbstbewusstsein holten sich die Hamburger in der Abwehr. Sie entwickelt sich wieder zu dem Bollwerk der vergangenen Saison. Martin Schwalb hat die jetzt vorhandene gemeinsame Zeit mit der fast kompletten Mannschaft, die ihm aber Anfang der Saison gefehlt hatte, genutzt, um die Abstimmung zu perfektionieren. Auf Absprachen und Hilfen scheint wieder Verlass, die Lemgoer jedenfalls fanden nur wenige Mittel, sich in gute Wurfpositionen zu bringen. Und als letzte Hamburger Instanz stand da Nationaltorhüter Johannes Bitter, der hielt, was zu halten war, und noch ein bisschen mehr, zum Beispiel freie Würfe von Kehrmann und Michael Kraus aus weniger als sechs Metern und zwei Siebenmeter.

Auch in der zweiten Hälfte behielten die Hamburger das Spiel in der Hand. Bertrand Gille stabilisierte die ständige Führung in der 41. Minute beim 20:17 zur ersten Drei-Tore-Führung im zweiten Abschnitt. Abspielfehler und ein paar Nachlässigkeiten im Deckungsverbund ließen Lemgo jedoch wieder herankommen. Kraus schaffte zehn Minuten vor Schluss den Ausgleich zum 25:25. Die HSV-Antwort, auch das war ein Zeichen der Qualität und der psychischen Stabilität, ließ nicht lange warten. Krzysztof Lijewski erzielte 100 Sekunden später mit seinem vierten Treffer das 27:25, Bertrand Gille mit seinem ebenfalls vierten Tor (insgesamt sechs) das 28:25. 52:30 Minuten waren da gespielt, und Präsident Rudolph lehnte sich erstmals entspannt auf der VIP-Tribüne zurück. Kurze Zeit später konnte er jubeln, wie die gesamte Mannschaft und die 700 mitgereisten Fans.