Football: Die Blue Devils werden durch ein 16:13 gegen die Braunschweig Lions zum dritten Mal deutscher Meister.

Braunschweig. Soeben hatten seine Abwehrkollegen Todd Cunningham, einen der beiden US-Quarterbacks der Braunschweig Lions, zum allerletzten Mal gestoppt. Während sie, die Ersatzspieler und die gesamte Offense der Blue Devils aufs Feld stürmten, vor Freude übereinander herfielen und ihre Helme wegwarfen, raste Campino Milligan in die Südkurve des Stadions an der Hamburger Straße. Dort frönte der Defense-Liner, wertvollster Devil der Saison 2002, wieder mal seinem Hang zur Selbstdarstellung und baute sich triumphierend vor den Rängen auf, auf denen die fast 5000 Hamburger Fans (zumeist zwangsläufig) stehend die dritte deutsche Footballmeisterschaft der Blauen feierten. Babak Movassaghi, dem Gentleman unter den deutschen Footballspielern, war es vorbehalten, den Pokal für den 16:13-Sieg in der German Bowl XXIV in Empfang zu nehmen. Wie wohl auch Milligan beendet der ebenfalls 30 Jahre alte Wide Receiver mit seinem vierten Endspielerfolg (davon zwei mit Düsseldorf) in der "Höhle des Löwen" seine Football-Laufbahn. "Ein perfekter Abschluss für mich. Das war ein Sieg des Teamgeists", meinte der Passempfänger, für den es in seinem Abschiedsspiel allerdings nichts zu fangen gab. Richtig warm liefen am kalten Sonnabendabend andere, Milligan etwa. Im letzten Viertel hatte der gebürtige Berliner noch angeschlagen das Feld räumen müssen. Doch er stand schneller wieder auf als erwartet - sinnbildlich für eine Saison, die sportlich und emotional einer Achterbahnfahrt glich und in der Titelverteidigung gipfelte. Headcoach John Rosenberg (54), erst Ende Juli auf Betreiben von Devils-Sportdirektor Dietrich-E. Stolze an Stelle des entlassenen Kent Anderson engagiert, verglich die Spielzeit ironisch mit einer Seifenoper: "Ich habe den Jungs gesagt: ,Vergesst die Soapopera, konzentriert euch auf euer Spiel!'" Der Mann der leisen Töne vermittelte - den Spielern neues Selbstvertrauen, aber auch zwischen den Anderson-Intimi Estrus Crayton (Runningback) und David Likins (Defensive Coordinator), die nach den Ränkespielchen um Anderson und dem Vorstand nicht mehr treu zur blauen Fahne zu stehen schienen. Auch dass mit Passverteidiger Dennis Fitzgerald (25) fünf Tage vor der Bowl noch ein US-Boy absprang, steckte das Team gegen die weitaus höher eingeschätzten Gastgeber weg. "Den Titel mit nur drei Amerikanern geholt zu haben macht mich stolz. Die Defense hat das Spiel für uns gewonnen", analysierte Rosenberg, "unser wertvollster Spieler war Dave Likins." Sein Koordinator, dem Tränen in den Augen standen, war von den Defense-Spielern in die Fankurve getragen worden. Zum MVP des spannenden, aber schwachen Spiels wurde indes Crayton gewählt. Bei seiner achten German-Bowl-Teilnahme in Folge schlängelte sich der US-Profi in der Minimalisten-Offense - sie stützte sich auf eine Hand voll Spielzüge - mit 135 Lauf-Yards dank einer starken O-Line als Einzel-Gänger durch. Nur bei den Devils-Touchdowns gab es Überraschungseffekte: Jung-Runningback Dominic Gast markierte aus acht Yards das 6:7, und in der Schlusssekunde (!) des ersten Viertels fing Max von Garnier einen 40-Yard-Pass von US-Quarterback Kareem Wilson - 13:7. "Coach Rosenberg hat nur auf den richtigen Zeitpunkt gewartet", sagte von Garnier, im Juli auch Interims-Headcoach. Bei einer 16:7-Halbzeitführung konnten es die Devils sogar verkraften, dass je ein Extrapunkt- und Fieldgoal-Versuch von Timo Erbs (33) geblockt wurde. Am Ende durfte sich auch das Kicker-Denkmal ("Hoffentlich kann ich nun endlich in Ruhestand gehen") eins der vorbereiteten Sieger-Shirts überziehen. "Nobody's perfect", mussten die Lions darauf lesen, die zuvor alle Ligaspiele gewonnen hatten, nach dem Eurobowl- aber ihr zweites Finale 2002 verloren. Devils-Sportchef Stolze war in Gedanken schon im nächsten Jahr, in dem sich für die Teufel nicht nur die Kicker-Frage neu stellt. Auch der US-Quarterback soll ersetzt werden. An Stelle von Wilson, der spät zur Form fand, soll Matt Cannon aus Utah zurückkommen. Stolze: "Kareem hat mich zuletzt überzeugt. Aber Matt ist das, was wir brauchen."