Fredrik Johansson ritt den dreijährigen Hengst Adlerflug zum größten Sieg seiner Karriere.

Hamburg. Der Jubel war unbeschreiblich. 30 000 Zuschauer feuerten einen braunen Hengst mit vier weißen Beinen an, der auf der Rennbahn in Horn die Zielgerade heruntergaloppierte und die Bürde seines Jockeys dabei kaum zu spüren schien. Mit einem Vorsprung von sieben Längen gewann Adlerflug unter dem Norweger Fredrik Johansson das BMW 138. Deutsche Derby vor Antek (Adrie de Vries) und Anton Chekhov (Colm O'Donoghue).

Als Adlerflug von seinem glückstrahlenden Trainer Jens Hirschberger auf dem Geläuf in Empfang genommen wurde, standen diesem Tränen in den Augen. Seit einem halben Jahr erst ist er auf dem berühmten Gestüt Schlenderhan in Bergheim bei Köln als Privattrainer angestellt, und gleich im ersten Derbyanlauf gelang ihm der große Wurf unter den nur 15 Startern.

"Unsere Hoffnungen auf dieses Pferd waren schon immer ziemlich groß", sagte Hirschberger, der zuvor sechs Jahre als Assistent beim ehemaligen Championtrainer Andreas Schütz (jetzt in Hongkong) gewesen war. "Aber erst in den vergangenen Wochen hat er sich riesig verbessert. Seit er Ende Mai in Hannover mit großer Überlegenheit siegte, war ich total überzeugt von ihm. Wenn er in Hamburg auf der Geraden wieder so explodiert wie an jenem Tag, dann kann er alle schlagen, dachte ich bei mir."

Weniger Emotionen zeigte Georg Baron von Ullmann, Sohn der Schlenderhaner Gestütschefin Karin von Ullmann. "31 Jahre hat es nun gedauert, ehe wir wieder einen Derbysieger stellen konnten. Wir züchten viele Vollblüter, aber seit 1976, als Stuyvesant triumphierte, hatte es nicht mehr geklappt. Nun bin ich froh."

Das war auch der Reiter von Adlerflug. Fredrik Johansson war in Hannover-Langenhagen als Ersatzmann eingesprungen und freute sich bei der Starterangabe für Hamburg sehr, dass er erneut eine Chance erhalten würde. "Ich habe in Skandinavien schon acht Derbys gewonnen", sagte der Norweger, nachdem er auf seinem Hengst, von zwei Schimmeln begleitet, von der Ehrenrunde zurückkehrte. "Aber dieser Sieg in Hamburg ist für mich der größte. Dank einem Pferd das unglaublich beschleunigen kann, wenn es darauf ankommt." Noch nie zuvor hatte Johansson ein Gruppe-1-Rennen gewonnen.

Lange Zeit hatte Adlerflugs Start in Horn auf Messers Schneide gestanden. "Wir sind noch einmal die halbe Bahn abgegangen und haben uns dann für den Start entschieden", sagte Trainer Jens Hirschberger, dem Turfexperten noch vor einigen Tagen prophezeiten, dass das Engagement bei Schlenderhan einem Schleudersitz gleichkomme. Jetzt sitzt der Coach erst einmal fest im Sattel.

Gegen einen wie entfesselt galoppierenden Adlerflug, der seinen Besitzern ein Preisgeld von 631 440 Euro einbrachte, hatte an diesem Tag keiner seiner 14 Gegner eine Chance. Auch Antek mit dem Niederländer Adrie de Vries im Sattel nicht.

Auf einen guten dritten Platz lief der Ire Anton Chekhov vor. Der war am Vortag von einer Besitzergemeinschaft um den Österreicher Walter Rinner (Linz) in Irland erworben worden. Manager des Hengstes ist der ehemalige HRC-Geschäftsführer Günther Gudert. Der war nach dem Derby leicht ungehalten: "Unser Pferd wurde im Rennen angaloppiert und kam aus dem Rhythmus. Anton Chekhov hätte weiter vorn landen, vielleicht sogar gewinnen können." Jockey Colm O'Donoghue wäre fast zu spät gekommen, Terroristen-Alarm auf dem Flughafen London-Heathrow hatte ihn aufgehalten. Ohne seinen Dress und ohne Stiefel erreichte er in letzter Minute die Horner Rennbahn. Da stand Championjockey Andreas Suborics als Ersatzmann schon bereit. Der gebürtige Wiener blieb ohne Derbypferd, denn First Stream war von Besitzer Manfred Ostermann am Sonnabend abgemeldet worden. Für Trainer Mario Hofer war das unverständlich: "Ich hätte First Stream laufen lassen, er hatte eine große Siegchance."