Hamburg. 80 Minuten lang hatten sie gerackert, angekämpft gegen die Hitze und die Müdigkeit und die Widersacherinnen, am Ende waren sie vollkommen platt. Bäuchlings lagen die Rugbyspielerinnen des FC St. Pauli vor der Tribüne. Allerdings nur, um einen Augenblick später wieder aufzustehen und mit ihren Fans die Welle zu machen. Der "Diver", der kollektive Hechtsprung auf den tadellosen Rasen der klubeigenen Trainingsanlage an der Kollaustraße, war nur der erste Teil einer ausgiebigen Zeremonie, mit der die fünfte deutsche Meisterschaft gefeiert wurde.

Undine Männel, Amrei Coen und Petra Drachenberg hatten die Versuche zum 15:0-(5:0)-Erfolg gegen Rekordmeister SC Neuenheim gelegt. Und das, obwohl die Titelverteidigerinnen aus Heidelberg beim Gedränge "locker 50 Kilogramm mehr Gewicht" in die Waagschale werfen konnten, wie St.-Pauli-Kapitänin Johanna Jahnke versicherte. Doch der Masse ihrer Gegnerinnen setzten die kaum weniger starken Frauen vom Kiez ihre Klasse entgegen.

"Viele von uns waren dank der Vorbereitung auf die Europameisterschaft im April in Hamburg körperlich topfit", so Jahnke, eine von acht aktuellen Nationalspielerinnen im St.-Pauli-Kader. Der Aufwind von der EM am Millerntor scheint drei Monate später allerdings verflogen zu sein. Nur 250 Zuschauer hatten sich in Niendorf eingefunden. Die hatten freilich Grund zu feiern - und wann haben St.-Pauli-Fans das schon?

Doch obwohl man die bei weitem erfolgreichste Sportart ist: Von der Klubführung fühlen sich die Rugbyfrauen - Abteilungskredo: "Angst und Geld haben wir nicht" - stiefmütterlich behandelt. "Das ganze Geld wird in die Fußballprofis gesteckt, das ist schon deprimierend", klagt Freia Michau. Ein Grund, weshalb die Nationalspielerin kommende Saison für Lille spielt, wo man für Rugby auch finanziell mehr übrig hat. Anke Drexler zieht es ebenfalls ins Ausland.

Nächstes Jahr müssen also andere die Trophäe, einen Pokal aus blauem Glas, verteidigen. Am Sonnabend wurde sie wie schon 2001 von Krista Sager überreicht. Die Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag zeigte sich beeindruckt davon, "was Sie nicht nur mit Kampf- und Teamgeist, sondern auch durch Trickreichtum erreicht haben". Vielleicht wird sie sich im wahrscheinlich bevorstehenden Wahlkampf daran erinnern.