Jubiläum: Am Sonntag wird der 20. Olympus-Marathon gestartet. Er hat zuletzt eine rasante Entwicklung erlebt.

Hamburg. Wolfram Götz stand nichts Böses ahnend in einem Hamburger Messegebäude, der 1. Hanse-Marathon war längst gestartet, als plötzlich jemand aufgeregt zu ihm kam. Im Zielbereich sei nichts vorbereitet, die für den Aufbau zuständige Crew hatte sich kollektiv zum Frühstück verabschiedet. Man schrieb den 25. Mai 1986, es war Götz' 27. Geburtstag, und er selbst war eigentlich nur für die Zeitmessung zuständig. "Leider mußte ich gleich fürchterlich auf den Pudding hauen", erinnert sich Götz. Mit einem Kraftakt wurde schließlich in 45 Minuten alles vorbereitet, gerade rechtzeitig vor dem Einlauf von Sieger Karel Lismont (Belgien).

Improvisationen wie diese wird man kaum erleben, wenn am Sonntag ab 8.30 Uhr der 20. Olympus-Marathon durch Hamburg gestartet wird. Viele Abläufe sind längst Routine geworden, und die Stimme heben muß Wolfram Götz auch nur noch selten. Dabei darf er sich heute Renndirektor nennen: 1997 übernahm der Berliner das Amt von Polizeikommissar Wolfgang Kucklick.

Seither ist einiges in Bewegung gekommen bei der größten Laufveranstaltung Norddeutschlands - vom Titel angefangen. Aus dem Shell-Hanse-Marathon, wie er seit 1991 hieß, wurde 1998 der Shell-Marathon. 2000 erwarb Hansaplast die Namensrechte - und gab sie nach drei Jahren an Olympus weiter.

Doch vor allem wurden immer mehr Menschen mobilisiert. Waren es bei der ersten Austragung noch 8309 Teilnehmer, die sich von der tschechischen Lauflegende Emil Zatopek auf die 42,195 Kilometer lange Strecke schicken ließen, werden es am Sonntag 25 000 sein - mehr Menschen bringt in Deutschland nur der Berlin-Marathon auf die Beine.

Seit 1996 rollen auch Inlineskater mit, hinzu kommen Rollstuhlfahrer, Walker und Handbiker. "Die Entwicklung in den vergangenen Jahren ist enorm", sagt Frank Mackerodt, der das Spektakel mit seiner Agentur Act (früher MNP) seit sieben Jahren vermarktet, "da haben wir in ein richtiges Wespennest gestochen."

Die Marathon-Welle der 90er Jahre, angeführt vom späteren Außenminister Joschka Fischer, spülte auch frisches Geld herbei. Noch vor acht Jahren - damals waren 10 000 Teilnehmer am Start - steuerten die Sponsoren 300 000 D-Mark zum Gesamtetat bei, heute sind es mehr als 500 000 Euro.

Der werbliche Gegenwert ist beachtlich. Die mehrstündigen Liveübertragungen im NDR-Fernsehen erreichten Marktanteile bis über 20 Prozent. "Der Marathon ist längst einer der größten Werbeträger für die Stadt Hamburg", so Mackerodt, "dennoch fällt er in der öffentlichen Wahrnehmung hinter den HEW-Cyclassics oder dem Triathlon beinahe ein bißchen runter."

Rennchef Götz will deshalb die Strahlkraft des Laufs verstärken: "Wir brauchen mehr Starter aus dem Ausland. In den USA sind wir zu unbekannt, auch in London und Japan belächelt man uns." Aufmerksamkeit bringen indes nur Stars und schnelle Zeiten - beides muß man meist teuer mit Start- und Siegprämien einkaufen. Geld, das Götz lieber in eine reibungslose Organisation steckt.