Im Regenrennen von Shanghai setzte sich der Pilot aus Heppenheim vor seinem Teamkollegen Mark Webber durch. WM-Spitzenreiter Jenson Button wurde im BrawnGP Dritter. Der deutsche Timo Glock landete auf Platz sieben. Die Bilder des Rennens

In den Fluten von Shanghai hat Sebastian Vettel mit seinem zweiten Formel-1-Sieg die drohende Solofahrt der BrawnGP gestoppt und sich zum "Regen-König von China" gekrönt. Der 21-Jährige aus Heppenheim gewann am Sonntag im Red Bull das spektakuläre dritte Saisonrennen im Reich der Mitte vor seinem australischen Teamkollegen Mark Webber. BrawnGP-Fahrer Jenson Button musste sich nach seinen beiden Auftakterfolgen mit Rang drei begnügen. "Yes, das ist ein Traum. Es war so schwierig", jubelte Vettel völlig losgelöst per Boxenfunk. "Grandios", gratulierte Rekord-Weltmeister Michael Schumacher aus der Heimat via RTL.

Der Erfolg des von der Pole Position gestarteten Vettel war der erste Grand-Prix-Sieg für seinen Rennstall. "Unglaublich. Er hat das brillant gemacht", lobte Red-Bull-Teamchef Christian Horner den Triumphator. "Fantastisch. Ich bin natürlich überglücklich", bekannte Vettel, nachdem er mit geballten Fäusten auf dem Siegerpodest seinen Gefühlen freien Lauf gelassen hatte.

In der WM-Gesamtwertung schob sich Vettel, der sich schon 2008 bei seinem ersten Sieg in Monza im Toro Rosso als Regen-Spezialist erwiesen hatte, mit den zehn Punkten auf Rang drei vor. An der Spitze liegen zwar weiterhin Button (21 Zähler) und sein brasilianischer Teamkollege Rubens Barrichello (15), der beim Großen Preis von China nach zwei Safety-Car-Phasen Vierter wurde. Doch nach den zwei überlegenen Siegen von Australien und Malaysia waren die "Brawnies" in Shanghai sogar mit dem legalisierten Doppel-Diffusor chancenlos gegen die noch ohne diese Unterboden-Lösung fahrenden Red Bull. "Die Jungs konnten wir heute nicht herausfordern, sie waren unglaublich schnell", befand Button.

Toyota-Mann Timo Glock raste aus der Boxengasse noch auf Rang sieben vor und ist nun punktgleich mit Vettel WM-Vierter. Bei seiner ungestümen Aufholjagd schubste der Wersauer aber Landsmann Nick Heidfeld im BMW-Sauber hart beiseite und musste sich später eine neue Frontpartie für seinen Rennwagen abholen. "Das war Blindflug", urteilte Glock. Der Gräfelfinger Adrian Sutil verpasste die Punkte- Premiere für seinen Force-India-Rennstall, als er in der 51. Runde auf Platz sechs liegend die Kontrolle über sein Auto verlor und von der Strecke flog. Auch Heidfeld als Zwölfter und Nico Rosberg im Williams, der 15. wurde, blieben ohne Punkte. "Es war katastrophal, fast unfahrbar", befand Heidfeld.

Ein erneutes Debakel erlebte Ferrari. Vize-Champion Felipe Massa schied mit defektem Auto vorzeitig aus, Kimi Räikkönen verpasste als Zehnter die Punkte. Die Scuderia liegt vor dem vierten Saisonrennen in Bahrain am kommenden Sonntag weiter ohne Zähler am Ende der Teamwertung. Schadensbegrenzung gelang dem ebenfalls ins Wanken geratenen Ex-Branchenführer McLaren-Mercedes: Weltmeister Lewis Hamilton fuhr als Sechster hinter Teamgefährte Heikki Kovalainen ins Ziel. "Mehr als Fünfter und Sechster geht derzeit nicht - das muss sich ändern. Glückwunsch an Sebastian Vettel und Red Bull für ein makelloses Rennen - Hut ab", sagte Mercedes-Motorsportchef Norbert Haug.

Im chinesischen Dauerregen hatten die Renn-Kommissare einen Start hinter dem Safety-Car verfügt. Acht Runden lang schlich das Feld um den 5,451 Kilometer langen Kurs, angeführt von Vettel, der am Samstag trotz technischer Probleme mit der Antriebswelle zur zweiten Pole seiner Karriere gerast war. Auch nach der Freigabe des Rennens blieb der mit einem leichten Auto gestartete Heppenheimer vorn und fuhr im Duett mit Teamkollege Webber einen Vorsprung heraus.

Erst in Runde 15 nach den Boxenstopps von Webber und Vettel übernahm Favorit Button die Spitze. Wenig später aber musste zum zweiten Mal das Safety-Car das Feld einfangen, nachdem BMW-Sauber- Fahrer Robert Kubica kapital ins Heck des Toyotas von Jarno Trulli gekracht war. Button und Teamgefährte Barrichello gingen in die Box, Vettel war wieder vorn. Der zu diesem Zeitpunkt von Startplatz 13 auf Rang drei vorgestürmte Ferrari-Pilot Massa rollte kurz darauf aus - der nächste Tiefschlag für die katastrophal in die Saison gestartete Scuderia.

Hinter Vettel, der in der "schnellsten Getränkedose der Welt" fehlerlos sein Polster auf die Verfolger vergrößerte, lieferten sich Webber und Button ein erbittertes Duell um Rang zwei. Als der deutsche Spitzenreiter in der 36. Runde zum zweiten Mal zum Tanken kam und auch Webber bald darauf die Reifen wechselte, durfte Button noch einmal Führungskilometer sammeln. Doch der überragende Vettel holte sich noch auf der Strecke mit einem blitzsauberen Überholmanöver Platz eins zurück, ehe der Brite durch seinen zweiten Boxenstopp endgültig alle Siegchancen einbüßte. Unter stürmischem Jubel seiner Mechaniker überquerte Vettel schließlich nach 56 Runden in 1:57:43,485 als Erster die Ziellinie.

Für Vettel hatte sein Sieg beim Großen Preis von China am Sonntag anschließend noch schmerzhafte Folgen. "Ich habe mich am Pokal verletzt. Ich wollte ihn in die Luft heben, dabei ist er mir abgerutscht", erklärte der Heppenheimer. Seine Wunde an der Hand behandelte der Red-Bull-Fahrer zunächst mit einer ungewöhnlichen Methode: "Ich habe deshalb die ganze Zeit am Daumen gelutscht." Nach der Siegerehrung ließ sich der 21-Jährige dann mit einem Pflaster verarzten.

Fahrer-Wertung nach 3 von 17 Rennen:

1. Jenson Button 21 2. Rubens Barrichello 15 3. Sebastian Vettel 10 4. Timo Glock 10 5. Mark Webber 9,5 6. Jarno Trulli 8,5 7. Nick Heidfeld 4 8. Fernando Alonso 4 9. Heikki Kovalainen 4 10. Lewis Hamilton 4 11. Nico Rosberg 3,5 12. Sebastien Buemi 3 13. Sebastien Bourdais 1

Team-Wertung nach 3 von 17 Rennen:

1. Brawn GP 36 2. Red Bull 19,5 3. Toyota 18,5 4. McLaren-Mercedes 8 5. BMW-Sauber 4 6. Renault 4 7. Toro Rosso 4 8. Williams 3,5

Nächstes Rennen: GP von Bahrain am 26. April in Sachir