Vielleicht erklärt die folgende Geschichte den Menschen Jochen Schümann am besten. Trainingslager an der Ostsee, irgendwann in den 80er-Jahren. Den ganzen Tag ist der Berliner Segler mit seinen Vorschotern Thomas Flach und Bernd Jäkel auf dem Wasser. So lange, bis sie kaum mehr die Schoten einholen können. Aber Feierabend? Noch lange nicht. Erst muss das Boot noch aufs Land gehievt werden, um es mit Süßwasser abzuspritzen, zu schleifen, zu polieren und für den nächsten Tag fit zu machen. Und als sie endlich fertig sind und die beiden Vorschoter längst beim Tee im Bootshaus sitzen, greift Schümann draußen zum Lappen, um den allerletzten Tropfen Wasser vom Boot zu wischen. Und das, obwohl für die Nacht Regen angesagt war. Perfektionismus, der an Besessenheit grenzt, und der Ehrgeiz, immer und überall der Beste zu sein: Das sind die Merkmale, die alle nennen - Freunde, Konkurrenten und Crew -, wenn sie den erfolgreichsten deutschen Segler aller Zeiten charakterisieren sollen. Geboren wurde er 1954 in Berlin. Aufgewachsen ist er am Müggelsee. Über die Kinder- und Sportschule der DDR kam er zum Segeln. 1976 holte er in Kanada erstmals olympisches Gold. 20 Jahre später wurde der Diplomsportlehrer mit dem Titel "World Sailor of the Year" ausgezeichnet - für damals drei Olympiasiege, zwei WM-, neun EM-Titel und unzählige Siege bei den Kieler Wochen. Ab 1993 war er Sportlicher Leiter des Daimler-Benz-Projektes AeroSail, bevor er 1997 die Entscheidung traf, zunächst als Steuermann, dann als Sportdirektor die Schweizer America's-Cup-Ambitionen zu unterstützen.