Oskar Murawski aus Polen gewinnt die erste Qualifikation zum Springderby in Klein Flottbek, Nick Skelton mit Carlo das Championat.

Hamburg. Kurz vor dem Mittagessen klingelte bei Tadeusz Murawski in Grüneberg nahe der polnisch-deutschen Grenze gestern das Telefon. Sohn Oskar, seit dem Abitur vor vier Jahren als Bereiter in Schneverdingen angestellt, vermeldete Vortreffliches: "Hurra, es hat geklappt!" Kurz zuvor hatte der 24-Jährige den größten Coup seiner Karriere gelandet und mit dem Wallach Continuo in einem Husarenritt die erste Qualifikation zum Deutschen Springderby gewonnen.

Der fehlerfreie Ritt in der mit Abstand besten Zeit sorgte beim Gros der Gäste für Verblüffung. Denn bisher war der junge Pole nur bei ländlichen Turnieren in Erscheinung getreten. Und nun sprangen bei der Hamburg-Premiere gleich ein Sieg im Eröffnungsspringen am Mittwoch und der Triumph am Himmelfahrtstag heraus.

Da kam nicht nur bei Familie Fitschen im Reitstall Teichhof in Schneverdingen Freude auf. Die Plätze belegten der Niederländer Michael Greeve auf Exclusive und Richard Spooner aus den USA mit Apache vor dem besten Deutschen Nisse Lüneburg (Piana Joenna) aus Wedel. Titelverteidiger André Thieme aus Mecklenburg ließ es mit Nacorde ruhiger angehen, machte an der zweifachen Kombination vor der Haupttribüne einen Fehler und zeigte längst noch nicht alles.

+++ Derby-Ergebnisse aus Klein Flottbek +++

Für Oskar Murawskis Auftritt gab es nicht nur intensiven Applaus der 14 500 Zuschauer im Klein Flottbeker Derbypark, sondern auch ein Kompliment aus berufenem Munde. "Der junge Mann hat Courage und Herzblut bewiesen", sagte der zweimalige Derbygewinner Achaz von Buchwaldt. "Man merkte ihm Mumm und Siegeswillen an." Von Buchwaldt wird übermorgen vor dem Wettstreit um das Blaue Band geehrt: Die Reiterliche Vereinigung verleiht dem Hamburger eine Urkunde mit dem Ehrentitel "Reitmeister".

Bis dahin hat Murawski noch manche Hürde zu nehmen, doch rechnet er sich auch im Derby eine Chance aus: "Continuo ist ein großer Galoppierer, ihm ist fast kein Hindernis zu hoch." Er freue sich über seinen Erfolg besonders, weil er den zehnjährigen Hannoveraner selbst ausgebildet habe. Beiden zu Ehren erklang die polnische Nationalhymne.

Später am Nachmittag war "God save the Queen" dran: Der Brite Nick Skelton hatte das Kunststück vollbracht, den Parcours mit einer Pferdestärke zu betreten und mit einem Vielfachen davon zu verlassen. Im Stechen um das Championat von Hamburg hatte sich der 54 Jahre alte Profi im Sattel seines Holsteiner Schimmels Carlo gegen den Schweizer Steve Guerdat (Carpalo) und den Franzosen Simon Delestre (Napoli du Ry) durchgesetzt. "Ich musste von Anfang an auf eine gute Zeit achten", sagte Skelton, "dabei hat mir Carlos Routine geholfen." Zur Belohnung gab es an Ort und Stelle ein schwarzes Mercedes-Cabrio.

Bester Einheimischer war der viermalige Olympiasieger Ludger Beerbaum mit Chiara auf Rang fünf. Zwar erreichte neben 17 Konkurrenten auch Janne Friederike Meyer aus Schenefeld das Stechen, doch verzichtete sie auf den finalen Ritt. "Ich bin zufrieden", sagte sie. Ihren Wallach Cellagon Lambrasco will sie lieber für den Start in der Global Champions Tour morgen schonen. Statt wie gestern um ein Auto und 20 000 Euro geht es dann um 285 000 Euro.

"Dieser Entscheidung muss man Respekt zollen", meinte Turnierchef Volker Wulff, der sich über einen Auftakt nach Maß, formidable Stimmung und einen erstaunlichen Publikumszuspruch in Klein Flottbek freute. Trotz des Dauerregens der vergangenen Tage präsentierte sich der Rasen in erstklassigem Zustand. "Besser geht es nicht", stellte Parcourschef Frank Rothenberger aus Bünde in Nordrhein-Westfalen fest. Seit nunmehr 18 Jahren ist er auch für die Positionierung der Hindernisse verantwortlich.

Während es in der ersten Derbyqualifikation gestern über zehn Hürden mit einem Dutzend Sprüngen ging, führt der Weg in Durchgang zwei heute von 14.10 Uhr an auch über den drei Meter hohen Wall. Allerdings wird auf die 1,65 Meter hohe Planke direkt dahinter, die für viele Reiter die Hauptgefahrenquelle darstellt, noch verzichtet. Erst wenn Qualifikationssieger Oskar Murawski am Sonntag auch diese Tücke meistert, hat er das Zeug zum wahrhaftigen Champion.