Die Diskussionen über die Konsequenzen aus dem Skandal-Spiel in Düsseldorf sind in vollem Gange: Hertha BSC legt Protest ein, der DFB-Kontrollausschuss ermittelt, und bei der Fortuna geht die Angst vor einem Wiederholungsspiel um.

Köln/Berlin. Die „dritte Halbzeit“ des Chaosspiels von Düsseldorf steigt am Freitag in Frankfurt am Main: Das DFB-Sportgericht entscheidet ab 13.30 Uhr über den Einspruch von Hertha BSC gegen die Wertung des Relegationsrückspiels am Dienstag bei Fortuna Düsseldorf (2:2). Wird der Aufstieg der Rheinländer nach

15-jähriger Abstinenz, der am Dienstag schon kräftig und ausgelassen gefeiert worden war, bestätigt - oder gibt es ein Wiederholungsspiel und damit für die „alte Dame“ aus Berlin eine neue Chance auf den Klassenerhalt?

Hertha greift nach dem letzten Strohhalm. „Es ging nur noch um die Sicherheit unserer Spieler, ein regulärer Spielablauf war nicht mehr möglich. Die Spieler hatten Angst. Es ging nicht mehr um das Sportliche“, sagte Manager Michael Preetz: „Nun trainieren wir weiter.“ Laut Bild hat die Hertha sogar schon einen neuen Trainer und Nachfolger von Otto Rehhagel gefunden: Jos Luhukay, der beim FC Augsburg nach Saisonende zurückgetreten war.

Herthas Rechtsanwalt Christoph Schickhardt nannte derweil die Erfolgsaussichten des Einspruchs „ausgesprochen groß“. Der DFB müsse nur seiner Satzung folgen. Zuvor hatte der Anwalt beschrieben, dass die Hertha-Spieler „mit Todesangst leichenblass in der Kabine“ gesessen hätten.

Fortuna-Präsident Peter Frymuth verbreitet indes Optimismus. „Wir gehen davon aus, dass das Spiel ordnungsgemäß abgepfiffen wurde und das Spielergebnis Bestand hat“, sagte er. „Ich finde es doch verwunderlich, die nicht genutzten Chancen in zwei Spielen nun an zwei Minuten festzumachen.“ Nach Angaben der Rheinischen Post hat der Traditionsklub allerdings die für Sonnabend geplante Aufstiegsfeier in der Esprit-Arena abgesagt.

Die Fortuna habe „bisher nicht darüber geredet, dass nach dem

2:1 für uns massiv Sachen aus dem Hertha-Block geflogen sind und die Partie vor dem Abbruch stand. Wir haben uns nicht an dem Schwarzer-Peter-Spiel beteiligt. Hertha macht das nun“, so Frymuth. Die Berliner wären nach dem 1:2 im Hinspiel im Falle der Bestätigung des Rückspiel-Ergebnisses durch das Sportgericht des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) aus der Bundesliga abgestiegen.

Der verfrühte Platzsturm der Düsseldorfer Fans in der Nachspielzeit hatte eine 20-minütige Unterbrechung verursacht. Anschließend setzte Schiedsrichter Wolfgang Stark die Begegnung noch einmal für rund zwei Minuten fort. „Das sind natürlich Dinge, die nicht sein sollen“, sagte Frymuth über das Verhalten der Fortuna-Fans, „aber es waren in keinster Weise Gewaltattacken. Da hat man schon ganz andere Bilder gesehen.“

DFB-Generalsekretär Helmut Sandrock sieht unterdessen die Privilegien der Fußball-Fans in Deutschland in Gefahr. Dies könnte bedeuten, dass künftig auch in deutschen Stadien die Stehplätze abgeschafft werden. „Wir sind die einzigen in Europa, die sich für den Erhalt der Stehplätze eingesetzt haben. Zu den Privilegien gehören auch die billigen Eintrittspreise und der Wegfall der Zäune. Nun muss auch erlaubt sein, über die Privilegien nachzudenken“, sagte Sandrock im ARD-Brennpunkt.

Innenminister Hans-Peter Friedrich betonte, er sei sich mit dem DFB einig, dass „Ausschreitungen wie bei den Relegationsspielen in Düsseldorf und Karlsruhe nicht hinnehmbar sind“. Der CSU-Politiker setzte den 54 Profiklubs ein Ultimatum. Vor Saisonbeginn müssten sich alle Vereine auf „Verhaltensregeln einigen“, sagte er dem Kölner Stadt-Anzeiger (Donnerstag-Ausgabe).

Deutscher Fußball-Bund (DFB) und Ligaverband ließen aber an ihrem Willen zur Entschlossenheit keine Zweifel. „DFB und Ligaverband sind sich einig, dass solche unverantwortlichen und die Gesundheit der vielen friedlichen Fans gefährdenden Szenen in einem Fußballstadion nicht tolerierbar sind und konsequent geahndet werden müssen“, schrieben DFB-Präsident Wolfgang Niersbach und Liga-Boss Reinhard Rauball in einer gemeinsamen Erklärung.

Allerdings hatten nicht nur die Düsseldorfer Platz-Stürmer, sondern auch die Berliner Fans und Spieler an diesem denkwürdigen Dienstagabend ein alles andere als vorbildliches Verhalten an den Tag gelegt. Profis sollen den Schiedsrichter Wolfgang Stark nach Spielschluss verbal und sogar tätlich angegriffen haben.

Der DFB-Kontrollausschuss nahm Ermittlungen nicht nur gegen die beiden Klubs, sondern auch gegen die Hertha-Profis Lewan Kobiaschwili, Thomas Kraft, Christian Lell und Andre Mijatovic auf. Die Berliner Fans benahmen sich nicht nur im Stadion, sondern auch im Sonderzug Richtung Hauptstadt daneben. Auch Fortuna-Kapitän Andreas Lambertz muss sich verantworten, weil er nach dem Abpfiff einen Bengalo in der Hand gehalten hatte.

Unparteiische Sportrechtsexperten halten ein Wiederholungsspiel für gerechtfertigt. Hertha BSC sei „durch das Verschulden Dritter“ einer reellen Chance beraubt worden, das Spiel noch zu gewinnen, sagte der Heidelberger Rechtsanwalt Michael Lehner: „Deswegen müsste es aus juristischer Sicht eine Spielwiederholung geben.“