Wenn die Dallas Mavericks ab Mittwoch im Finale gegen Miami Heat antreten, steht dieses Duell im Fokus. Einer der Stars wird unvollendet bleiben.

Dallas. Die Liste der Gescheiterten umfasst ruhmreiche Namen. Elgin Baylor, „Sir“ Charles Barkley, Karl „Mailman“ Malone oder Patrick Ewing. Sie alle haben die National Basketball Association (NBA) dominiert, über Jahre hinweg, sie sind lebende Legenden. Einen dieser fetten Meisterringe allerdings tragen sie aber nicht.

Nun droht wieder einem der besten Basketballer der Geschichte dieses Schicksal: Dirk Nowitzki - oder LeBron James. Beide verbindet der Makel, noch keinen Titel gewonnen zu haben, und an einem der beiden wird dieser Makel nach der NBA-Finalserie 2011 nach dem Modus „best of seven“ (1. Spiel Mittwoch, 3.00 Uhr MESZ/live bei Sport1+) haften bleiben.

Dallas Mavericks vs. Miami Heat - für Dirk Nowitzki, 33 Jahre alt, ist es womöglich die letzte Chance, seine großartige Karriere zu krönen. Er ist der unbestritten beste Ausländer, der je in der NBA gespielt hat. Er wurde zum MVP der Liga gewählt, zum Besten der Besten, allerdings 2006, also prompt in jenem Jahr, als er mit den Mavs die Finalserie gegen die Heat verlor - mit 2:4 nach 2:0-Führung. Die Zeitung "Dallas Morning News" schrieb damals despektierlich: „Die Mavericks werden nie eine Meisterschaft gewinnen, solange Dirk Nowitzi ihr bester Spieler bleibt.“ Im Frühjahr 2011 ist der Alleskönner Nowitzki der beste Spieler der Mavs, wohl der beste der NBA. Aber mehr noch nicht.

LeBron James ist erst 26 Jahre alt, aber auch er gilt als Unvollendeter. Bislang. Sie nennen ihn „King“ James, er selbst hat sich den Schriftzug „Der Auserwählte“ („Chosen 1“), einst von der Zeitschrift Sports Illustrated für ihn erdacht, auf den Rücken tätowieren lassen. Doch auch er ist bereits grandios gescheitert. Vor vier Jahren, 2007, führte er die Cleveland Cavaliers in die Finalserie und gewann dort kein Spiel gegen die San Antonio Spurs. James schaut sich diese vier Pleiten von damals regelmäßig auf Video an, als zusätzliche Motivation. Nowitzki hat die Bilder vom Zusammenbruch der Mavericks 2006 nie wieder gesehen: „Ich denke, ich würde Bauchschmerzen bekommen.“

Nowitzki (28,4 Punkte) und James (26,0) sind in den Play-offs bislang die besten Spieler ihrer Mannschaft. Und vor Nowitzki haben sie bei den Heat einen Heidenrespekt. „Es gibt keine Wunderpille oder Formel, um einen MVP-Spieler wie ihn zu stoppen“, sagt Coach Erik Spoelstra. Er hat deshalb erst gar nicht den Versuch unternommen, ein auf Nowitzki abgestimmtes Training anzusetzen: „Man kann Nowitzki nicht imitieren. Keiner kann das.“ Nowitzki wird sich deshalb auf wechselnde Gegenspieler und mehrere gleichzeitig einstellen müssen, verrät Spoelstra: „Großartige Spieler machen es erforderlich, dass man verschiedene Dinge versucht und sie damit konfrontiert.“ Heißt: alle gegen einen.

Nowitzki wird es wohl einzeln oder im Verbund mit James, Chris Bosh oder Udonis Haslem zu tun bekommen - letzterer nervte ihn bei der Finalserie 2006. Nowitzki wird massiv unter Druck gesetzt und vermutlich regelmäßig gedoppelt werden. „Jedesmal, wenn er den Ball fängt, musst du ihn hart arbeiten lassen“, sagt James, denn grundsätzlich gebe es einfach „keinen Weg“, einen Spieler von der Größe des Deutschen zu stoppen, der diese sogenannte Fade-Away-Würfe auf nur einem Bein beherrscht. Nowitzki aufzuhalten, werde wohl nicht gehen, sagt Bosh, Dritter des Star-Trios der Heat neben James und Dwayne Wade: „Wir müssen halt aufpassen, dass er nicht wieder eine verrückte Nacht hat.“

Der Plan der Heat: Wenn wir Nowitzki halbwegs in den Griff bekommen, wird auch der Rest der Altherrenriege der Mavericks zu kontrollieren sein. Das wäre dann auch eine Erleichterung für James, den „König“ ohne Krone. Außerhalb von Südflorida gibt es wohl wenige Menschen, die dem Auserwählten und den Heat den Titel gönnen. „Der Hass hält an“, stellte James vor zwei Wochen fest. Ihm halten sie vor, dass er die Flucht aus Cleveland ergriffen, dass er mehr oder weniger gekniffen hat, weil er es dort alleine nicht mehr stemmen wollte. „So sehr ich meine Mannschaftskameraden in Cleveland geliebt habe, ich wusste, ich kann es nicht alleine machen“, sagt James.

Nowitzki dagegen verlängerte bei den Mavs, verzichtete sogar auf Geld, um die Verpflichtung guter Nebenleute zu ermöglichen. Das macht ihn im Gegensatz zum vermeintlichen Großkotz James sympathisch, und das nicht nur bei den Fans in Dallas. Am Ende allerdings mögen die Amerikaner auch nichts lieber als den Sieger.