WM-Vergabe im Fokus: Fünf Tage vor der Präsidentschaftswahl des Fußball-Weltverbands sind Untersuchungen gegen Blatter eingeleitet worden.

Zürich. Die Fifa ermittelt gegen ihren eigenen Boss Joseph S. Blatter – fünf Tage vor den Präsidentschaftswahlen nimmt der Machtkampf um den Chefsessel im Fußball-Weltverband absurde Züge an. Blatter muss sich ebenso wie sein Herausforderer Mohamed Bin Hammam wegen der jüngsten Bestechungsskandale vor dem hauseigenen Ethik-Komitee verantworten und gerät damit unerwartet selbst noch unter Druck.

Am Sonntag kommt es schon vor dem Tag der Entscheidung mit den Wahlen drei Tage später in Zürich zum Showdown: Sowohl der haushohe Wahl-Favorit Blatter als auch Bin Hammam, auf dessen Antrag der Amtsinhaber geladen wurde, müssen dem Gremium persönlich Rede und Antwort stehen. Ob das Komitee bis zur Wahl am Mittwoch eine Entscheidung präsentieren und somit auch die Wähler aus den Fifa-Konföderationen ins Bild setzen kann, ist ungewiss.

„Ich kann zum Verfahren, das heute gegen mich eröffnet wurde, keine Stellung nehmen. Die Fakten werden für sich selbst sprechen“, erklärte Blatter in einer Stellungnahme. Der Deutsche Fußball-Bund (DFB), der den 75-Jährigen Schweizer unterstützt, wollte dessen Vorladung nicht kommentieren.

Bereits am Mittwoch hatten die Sittenwächter der Fifa eine Untersuchung gegen Bin Hammam, Fifa-Vizepräsident Jack Warner und zwei Mitglieder des Fußball-Verbandes der Karibik (CFU) eingeleitet. Der Katarer wiederum beantragte nun ein Verfahren gegen Blatter, das 13-köpfige Ethik-Komitee kam der Forderung nach. Die Maßnahmen gegen den Präsidenten stünden im Einklang mit Artikel 16 des Fifa-Ethikcodes.

Bin Hammam wird vorgeworfen, dass es im Zuge der Präsidentschaftswahl in Zürich bei einem von Exekutivmitglied Warner organisierten Treffen der CFU am 10. und 11. Mai zu Bestechungsabsprachen gekommen sei. Das berichtete Exko-Mitglied Chuck Blazer (USA) dem Fifa-Generalsekretär Jerome Valcke, der daraufhin die Ethikkommission einschaltete. Seit Anfang April bereiste Asiens Fußball-Boss Bin Hammam bereits 25 Länder, um Werbung in eigener Sache zu betreiben.

Angeblich sollen 40.000 Dollar (28.000 Euro) in bar geflossen sein. Auch die Vergabe der WM 2022 an Bin Hammams Heimatland Katar soll bei den Zahlungen eine Rolle gespielt haben. Der schwerreiche Geschäftsmann bezichtigt wiederum nun Blatter, durch Warner von möglichen Zahlungen gewusst und diese toleriert zu haben.

Bin Hammam hatte am Donnerstag erneut alle Bestechungsvorwürfe zurückgewiesen. Dies kann er am Sonntag vor dem Gremium erneut tun, genau wie Warner (Trinidad und Tobago), den CFU-Vertretern Debbie Minguell und Jason Sylvester und nun auch Blatter.

Für Bin Hammam ist ohnehin klar, dass Blatter die Untersuchungen gegen ihn lanciert hat, entsprechend groß dürfte seine Genugtuung am Freitag gewesen sein. Eine Stellungnahme gab er zunächst nicht ab. Am Donnerstag hatte er gesagt: „Wenn es irgendeine Gerechtigkeit in dieser Welt gibt, werden diese Beschuldigungen in alle Winde zerstreut. Dieser Schritt ist nicht mehr als Taktik von Leuten, die kein Vertrauen in ihre eigenen Fähigkeiten haben, um erfolgreich die Präsidentschaftswahl zu bestehen.“

Vorwürfe, die bei Blatter für Entrüstung sorgten. Er wies jegliche Beteiligung und politische Motivation am Aufkommen der Anschuldigungen gegen Bin Hammam vehement von sich. „Es ist mir keine Freude zu sehen, dass Männer, die seit Jahrzehnten an meiner Seite stehen, ohne nachgewiesenes Fehlverhalten öffentlich hingerichtet werden. Sich jetzt anzumaßen, die derzeitige Tortur meines Kontrahenten würde mich mit einer Art perversen Genugtuung erfüllen oder dass das Ganze von mir in irgendeiner Art und Weise geplant ist, ist lächerlich und komplett verwerflich“, schrieb Blatter in seiner Kolumne des Internet-Blogs „Inside World Football“.