Trotz der Erstrundenniederlage bei den French Open zeigt Tennisprofi Tommy Haas positive Ansätze

Paris. Der Außenplatz 17 im Pariser Tennisreich Roland Garros liegt weit abseits der großen Menschenströme, die sich bei den French Open stundenlang über die Turnieranlage wälzen. Doch am Montagmittag brach ein ums andere Mal Chaos auf dem abgelegenen Court aus. So viele Fans drängelten auf den ohnehin schon überfüllten Sand-Kasten, dass sogar Polizisten und Sicherheitsdienste einschreiten mussten. Das Interesse am zweiten Tag des Grand-Slam-Spektakels galt keinem anderen als Tommy Haas, einem 33 Jahre alten Deutschen, der seit 15 Monaten kein Turnierspiel mehr bestritten hat, aber offenbar längst nicht vergessen ist im Wanderzirkus der Profis.

"Es war ein schöner Moment, wieder auf den Platz gehen zu können. Ein Tag, auf den ich lange warten musste", sagte Haas hinterher, als sein erstes Tennisabenteuer "nach einer gefühlten Ewigkeit" mit einer 4:6, 6:4, 6:7 (1:7), 4:6-Niederlage gegen den zehn Jahre jüngeren Türken Marsel Ilhan, die Nummer 123 der Welt, vorüber war, "ich ärgere mich über das Ergebnis. Aber ich bin zufrieden, wie ich das alles hingekriegt habe." Zwei Matchbälle hatte Haas noch abwehren können im vierten Satz des erbitterten Duells in glühender Hitze, doch beim dritten Siegpunkt Ilhans setzte der Rückkehrer um genau 14.15 Uhr eine vergleichsweise leichte Vorhand hinter die Grundlinie ins Aus.

Gescheitert war Haas damit zwar schon im ersten Akt, aber demoralisierend war diese Niederlage für den "Meister der Comebacks" (ATP Weekly) ganz und gar nicht. "Tommy hat gezeigt, dass man bald wieder mit ihm rechnen kann", sagte Bundestrainer Patrik Kühnen, der es sich am deutschen Großkampftag nicht nehmen ließ, zunächst bei seinem früheren Daviscup-Leitwolf vorbeizuschauen. Kühnen sah zwar wie die 1000 Zuschauer einen anfangs vorsichtigen, bedächtigen und eher zurückhaltenden Haas, doch nachdem sich der Altmeister erst einmal von Ängsten und Zweifeln um seine körperliche Verfassung freigespielt hatte, begeisterte er mitunter wie in seinen Glanzzeiten - und wie bei seinem letzten Pariser Auftritt vor zwei Jahren, als er Roger Federers siegreiche "Verabredung mit der Ewigkeit" beinahe im Achtelfinale durchkreuzt hätte.

Haas, letztmals in einem Tenniseinzel am 23. Februar 2010 in Delray Beach am Start, hatte sich im dritten Satz des umkämpften Matches gegen Ilhan eine rasche 2:0-Führung herausgespielt und besaß sogar einen Spielball zum 3:0, doch nach einem energischen Zwischenspurt des Türken zum 4:2 erlahmten allmählich die Kräfte des alten Fighters. Im dritten Satz musste sich der Deutsche sogar einmal von Physiotherapeuten und einem der Turnierärzte an der Schulter behandeln lassen. Trotz einiger Schmerzen steckte Haas aber nicht auf, leistete Ilhan bis zur letzten Minute erbitterte Gegenwehr. "Aufgeben kam nicht infrage. Dafür bin ich nicht hergefahren", sagte Haas, der noch im Doppel gemeinsam mit Philipp Petzschner antreten will.

Wenn der leicht überraschende Grand-Slam-Auftritt unterm Eiffelturm der Beginn einer Abschiedstournee für den verletzungsgebeutelten Haas war, dann bestand nun durchaus die Hoffnung, dass daraus keine unverbindliche, belanglose Tingeltour würde. "Ich habe in jedem Fall eins richtig gemacht: So lange zu warten, bis ich auch wirklich bereit bin für diese harten Matches", sagte Haas später.

Er wird seinen Fokus nun rasch auf die Turnierwochen auf Gras richten, auf das schnellere, unkompliziertere, weniger strapaziöse Spiel im Grünen. Frühzeitig wird Haas nach Halle reisen, um sich dort auf eine Mission vorzubereiten, die er selbst "Titelverteidigung" nennt: "Vor zwei Jahren habe ich dort gewonnen, im letzten Jahr musste ich pausieren. Also verteidige ich da meinen Titel", sagt er. Wenn nicht alles täuscht, wird man dort, in Deutschlands Rasentennis-Hauptstadt, noch viel mehr mit ihm rechnen müssen - mit diesem schier unverwüstlichen, nie unterzukriegenden Tenniskämpfer Haas.