Der scheidende Handballmeister und Champions-League-Sieger setzt sich im Pokalfinale gegen Flensburg durch

Hamburg. Was genau in der Nacht zum vergangenen Donnerstag im Mannschaftsbus des THW Kiel los war, wollte Filip Jicha gestern nicht preisgeben. Man habe sich über Handball unterhalten, aber auch über andere Dinge: Autos, Häuser - "worüber 16 Männer eben sprechen, wenn sie allein sind". Eines aber konnte der tschechische Welthandballer verraten: dass sich die Spieler des deutschen Rekordmeisters auf dieser Heimreise geschworen hätten, nie mehr so blutleer aufzutreten wie zuvor bei der 24:30-Niederlage beim SC Magdeburg.

Fürs Erste ist der Vorsatz sehr konsequent in die Tat umgesetzt worden. Gestern gewann der THW in der ausverkauften Hamburger O2 World das DHB-Pokalfinale gegen den alten Rivalen SG Flensburg-Handewitt mit 30:24 (16:13) derart leicht, als habe es in Kiel eine Krise nie gegeben. "Eine Mischung aus Erleichterung und Freude" verspürte Nationalspieler Dominik Klein nach dem siebten Pokaltriumph des THW und offenbar auch ein wenig Wut im Bauch, denn er sagte: "Es ist auch ein Zeichen an die Konkurrenz. Wir haben an diesem Wochenende eindrucksvoll unter Beweis gestellt, wozu der wahre THW imstande ist."

Die Botschaft war wohl zur Weiterleitung an den HSV gedacht. Der Titelverteidiger war im Achtelfinale bei den Füchsen Berlin gescheitert. Schon an diesem Mittwoch aber können die Hamburger mit einem Heimsieg über den VfL Gummersbach den THW nach sechs Titeln in Serie als deutscher Meister ablösen. Und auch ihren Champions-League-Triumph des Vorjahres können die Kieler nicht wiederholen, bei der Finalrunde in Köln greifen Ende des Monats wiederum der HSV, die Rhein-Neckar Löwen, Barcelona und Ciudad Real nach den Sternen.

Der Pokalsieg kann den Verlust der Hauptgewinne kaum aufwiegen, und wenn die vielen Fans den THW gestern noch einmal als "Nummer eins im Land" feierten, so bildet das derzeit nur die Hierarchie in Schleswig-Holstein ab. Deutschland und Europa sind kein Kieler Hoheitsgebiet mehr. Nicht einmal die Champions-League-Teilnahme in der kommenden Saison ist gesichert. Trainer Alfred Gislason hat den Kampf um einen Startplatz zur "Überlebensfrage" erklärt: "Wir haben keinen Mäzen wie der HSV mit Andreas Rudolph, der die fehlenden Einnahmen ausgleichen würde."

Immerhin bleibt dem THW die erste titellose Saison seit 2003 erspart. Für den Isländer Gislason ist die neu gestaltete Trophäe mehr als nur ein Trostpreis nach einer Serie von Rückschlägen: "Es war eine unglaublich schwierige Saison, umso mehr freue ich mich für die Mannschaft, in der fast jeder seine Leistung gebracht hat." Hervorzuheben ist der Halbrechte Christian Zeitz, der zum besten Spieler des Finalturniers gewählt wurde. Auch Spielmacher Aron Palmarsson wäre ein würdiger Titelträger gewesen, wobei Gislason ganz froh war, dass sein 20-jähriger Landsmann ohne Sonderpreis blieb: "Nicht dass ihm der Erfolg zu Kopf steigt."

Der Wahnsinn blieb sieben Flensburger Anhängern vorbehalten, die am Sonnabend den früheren Kieler Manager Uwe Schwenker tätlich angriffen. Gegen sie wurden Hausverbote ausgesprochen. Trotzdem würdigte Bundesliga-Geschäftsführer Frank Bohmann hinterher die "weitweit einzigartige Fankultur" des Finalturniers, um das auch die Betreiber der Mannheimer SAP-Arena buhlen.

Bis zur 20. Auflage im nächsten Jahr ist die Pokalendrunde noch an Hamburg gebunden. Nach Bohmanns Wunsch soll noch in diesem Sommer ein neuer, langfristiger Vertrag abgeschlossen werden: "Entscheidend sind die Wirtschaftlichkeit, ein erstklassiger Standort und die sportliche Gerechtigkeit." Im vergangenen Jahr hatte es Klagen über einen vermeintlichen Heimvorteil des HSV gegeben.

Dass der Kartenverkauf im Vergleich zu früheren Jahren schleppend verlief, sei allerdings keine Frage des Standorts: "Wegen der sehr großen zeitlichen Nähe zum Final Four der Champions League in Köln konnten sich viele Fans wohl nicht entscheiden", sagte Bohmann. Er hofft nun darauf, dass der Europaverband EHF 2012 mit seinem Turnier weiterzieht - womöglich um dann selbst den DHB-Pokal in der Kölner Lanxess-Arena ausspielen zu können. Zumindest aber will man terminlich auf Distanz gehen. 2012 ist das Final Four für 14./15. April geplant.