Der Formel-1-Weltmeister gewinnt auch das Rennen in der Türkei. Erster Doppelsieg für Red Bull

Istanbul. Welch ein Unterschied ein Jahr ausmacht. Beim Türkei-Grand-Prix 2010 schossen sich die beiden Red-Bull-Piloten Sebastian Vettel und Mark Webber im heftigsten Scharmützel ihres Stallkrieges selbst von der Piste. Zwölf Monate später herrschte Frieden im Bullen-Stall. Weltmeister Vettel kreuzte 8,8 Sekunden vor seinem Teampartner Webber die Ziellinie, es war der erste Doppelsieg der Saison für Red Bull und bereits der dritte Erfolg für den Titelverteidiger. Nach dem Sieg machte sich Vettel einmal mehr zum Liebling aller (Schwieger-)Mütter, als er sie mit Blick auf den Muttertag aufforderte, "mit uns anzustoßen".

Für die Konkurrenz muss die Überlegenheit des Red Bull RB7 beängstigend sein. Altmeister Niki Lauda sagte bei RTL, angesichts der Leistungen könne man "vor Ehrfurcht erstarren". Tatsächlich stand der Sieg Vettels nie infrage. Dass es den Mechanikern gelang, das Siegerauto nach Vettels kapitalem Trainingscrash vom Freitag mit Ersatzteilen neu aufzubauen, als wäre nie etwas passiert, ist ein zusätzlicher Ausweis der Dominanz.

"Heute hat wirklich alles gepasst, von vorn bis hinten", sagte der Seriensieger hinterher. Mit einem guten Start hatte er die Poleposition vom Sonnabend in die Führung umgewandelt und konnte von da an das Rennen kontrollieren. Die unbedrängte Fahrt erlaubte es Vettel, immer als letzter Fahrer der Spitzengruppe zum Reifenwechsel zu fahren - insgesamt viermal. "Es war ein perfektes Rennen für Sebastian", sagte Red-Bull-Teamchef Christian Horner. "Die Strategie hat gepasst, er war nie wirklich in Gefahr." Der vierte neue Reifensatz war eigentlich eine Sicherheitsmaßnahme.

Die vielen Boxenstopps und zahlreiche Überholvorgänge machten den Großen Preis der Türkei zu einem spannenden Formel-1-Rennen, bei dem selbst erfahrene Beobachter gelegentlich die Übersicht verloren. Zum Glück hatten sie eine Konstante: Vorn war immer Sebastian Vettel. Auf dem zweiten Platz wechselten sich Nico Rosberg, Jenson Button, Fernando Alonso und schließlich Mark Webber ab, der sich seinen angestammten Platz hinter dem Weltmeister erst in den letzten Runden sicherte.

Wer soll Sebastian Vettel noch stoppen? Alles läuft darauf hinaus, dass der jüngste Formel-1-Weltmeister der Geschichte seinen Titelgewinn souverän wiederholen wird. Während er optimal punktet, nehmen sich die Gegner die Plätze gegenseitig weg. Mit 93 WM-Punkten und 34 Zählern Vorsprung auf seinen nächsten Verfolger Lewis Hamilton könnte sich Vettel sogar eine Nullrunde leisten und wäre immer noch Tabellenführer. Dennoch stapelt der 23-Jährige nach seinem meisterhaften Saisonstart mit drei Siegen und einem zweiten Platz tief: "So ein guter Saisonstart hilft natürlich. Aber es ist noch ein langer Weg. Im Vorjahr haben wir gesehen, wie schnell sich die Dinge ändern können. Es wird nicht einfach."

Mercedes träumte erneut vergebens von einem Platz auf dem Siegerpodest. Nico Rosberg hatte nach Platz drei in der Qualifikation mehr erwartet als den fünften Rang. "Diesmal war ich zu optimistisch", sagte der Wiesbadener. "Im Rennen sind wir doch noch weiter von der Spitze entfernt." Altstar Michael Schumacher landete nach einem diskreten Rennen auf dem zwölften Platz. Er hatte alle Chancen bereits in der dritten Runde eingebüßt, als er sich mit dem Russen Witali Petrow im Renault nicht über die Vorfahrt einigen konnte. Die Berührung kostete Schumachers Silberpfeil eine neue Nase. "Den Crash muss ich auf meine Kappe nehmen", sagte der siebenmalige Champion. "Damit war das Rennen eigentlich erledigt." Mercedes-Sportchef Norbert Haug verteidigte seinen hoch bezahlten Angestellten: "Da ist der Vollblut-Racer mit Michael durchgegangen."

Nick Heidfeld sammelte als Siebter im Renault weitere Punkte und meinte hernach: "Heute wäre mehr drin gewesen." Optimal lief es in Istanbul eigentlich nur für Sebastian Vettel.