Der Nationalstürmer erklärt im Abendblatt vor dem Zwischenrunden-Spiel gegen Finnland die Gründe für den deutschen Höhenflug.

Bratislava/Hamburg. Auf die obligatorische Frage nach seinem Befinden hat Alexander Barta eine einleuchtende Gegenfrage parat. Wie es ihm nach der besten WM-Vorrunde einer deutschen Eishockey-Nationalmannschaft seit 81 Jahren anders gehen könne als "supergut", will der 28 Jahre alte Angreifer wissen. Vor der Zwischenrunde, die heute (16.15 Uhr, Sport1 live) in der slowakischen Hauptstadt Bratislava mit dem Spiel gegen Finnland beginnt, zeigt sich der langjährige Kapitän der Hamburg Freezers ehrgeizig wie eh und je.

Abendblatt: Herr Barta, erklären Sie uns bitte, wie es möglich war, innerhalb von 48 Stunden zwei Topteams wie Russland und die Slowakei zu besiegen.

Alexander Barta: Ehrlich gesagt wissen wir das auch nicht genau. Auch für uns kamen diese Erfolge unerwartet. Wir wussten, dass wir an einem guten Tag, an dem alles passt, gegen jeden Gegner eine Chance haben. Aber dass solche guten Tage gleich zweimal hintereinander passieren, das ist auch für uns eine Sensation gewesen. Wir sind sehr froh, dass wir nun mit sechs Punkten in die Zwischenrunde starten können.

Sie haben 2010 die Heim-WM erlebt und nach dem Sensationssieg gegen die USA im Eröffnungsspiel geschwärmt, nie solch emotionale Momente erlebt zu haben. Hält diese WM-Vorrunde dem Vergleich zum Vorjahr stand?

Barta: Ich finde schon, dass die Emotionen vergleichbar waren. Wenn man den Gastgeber und hohen Favoriten vor 10 000 euphorischen Fans besiegt und dann Arm in Arm die deutsche Nationalhymne hören darf, bekommt man schon Gänsehaut.

War die WM im eigenen Land, die Sie auf Rang vier abschlossen, eine Art Initialzündung für das Team?

Barta: Die Erfolge in diesem Jahr haben meines Erachtens gar nicht so viel mit der WM 2010 zu tun. Wir haben auch in den Vorjahren schon gut gespielt, aber leider die Ergebnisse nicht eingefahren.

Aber seit der WM 2010 scheint das Team wirklich an sich zu glauben.

Barta: Ja, das stimmt. Wir wissen jetzt, dass wir in der Weltspitze mithalten können, wenn wir am Limit spielen. Insofern war 2010 schon eine Initialzündung, weil endlich die Ergebnisse kamen, die wir brauchten, um an uns zu glauben. Wir sind jetzt so weit, dass wir uns nicht mehr mit dummen Fehlern um den Lohn unseres Aufwands bringen. Und wenn man dann mit einem 2:0 gegen Russland in ein Turnier startet, läuft es eigentlich ganz von allein.

Allerdings wecken die Erfolge auch Erwartungen. Wenn jetzt das Viertelfinale verpasst wird, werden alle enttäuscht sein, obwohl das Erreichen der Zwischenrunde als Ziel galt. Spüren Sie den Druck, etwas verlieren zu können?

Barta: Der Druck von außen nimmt sicher zu, das spüren wir. Aber wir können damit gut umgehen, denn wir haben nicht vergessen, dass wir vor zwei Jahren sportlich abgestiegen waren und nur dank der Gastgeberrolle 2010 die A-WM spielen durften. Jetzt sind auf einmal die Schulterklopfer wieder da und finden alles toll. Wenn wir das Viertelfinale verpassen, ist wieder alles schlecht. Aber damit können wir umgehen, und ehrlich gesagt wären wir auch selbst enttäuscht, wenn wir das Viertelfinale jetzt nicht packen. Ich bin überzeugt: Wenn wir so weiterspielen wie bisher, werden wir auch weiterkommen. Wie weit? Abwarten.

Welche Rolle spielt der Abschied von Bundestrainer Uwe Krupp, der im Sommer die Kölner Haie übernimmt? Legt sich das Team besonders ins Zeug, um ihm einen großen Abgang zu bereiten?

Barta: Ich weiß auch nicht, warum das so ist, aber Krupps Abschied ist bei uns überhaupt kein Thema. Wir haben uns intern weder mit seinem Abgang noch mit möglichen Nachfolgern beschäftigt. Wir sind derzeit ein Team, in dem alle mitziehen, nur das zählt.

Für Sie persönlich ist die Nationalmannschaft fast so etwas wie ein Sanatorium geworden, in dem Sie nach verkorkster Saison neue Lust am Eishockey schöpfen. Haben Sie den Abschied von den Freezers, der ja doch überraschend kam, schon verarbeitet?

Barta: Es stimmt, dass ich mich beim Nationalteam immer unheimlich wohlfühle und mir wünsche, dass die Zeit ewig dauern würde. Zwischen dem Saisonende in der DEL und der WM lagen für mich vier Wochen, in denen ich mich intensiv mit dem Abgang beschäftigen konnte, und das hat gereicht, um alles zu verarbeiten. Es ist ja auch nicht so, dass meine große Liebe in die Brüche gegangen ist. Letztlich ist Eishockey auch nur ein Geschäft, und auch wenn die Zeit in Hamburg toll war, ist es ja nicht nur schlecht, dass jetzt etwas Neues kommt.

Müssen Sie diese WM auch nutzen, um sich für neue Arbeitgeber zu empfehlen?

Barta: Zum Glück nicht. Ich kann zwar noch nichts Offizielles vermelden, weil ich noch keinen Vertrag unterschrieben habe. Aber ich weiß, was ich in der neuen Saison mache. Ich werde ins Ausland gehen und dort neue Erfahrungen sammeln. Das war immer mein Wunsch, und ich bin froh, ihn mir jetzt erfüllen zu können. Aber daran denke ich derzeit noch nicht, denn jetzt zählt nur die Weltmeisterschaft.