Hamburg. Der von enttäuschten HSV-Fans gegründete Club ist zweimal aufgestiegen, fühlt sich aber von der Politik im Stich gelassen.

Als Reaktion auf die Ausgliederung des HSV in eine AG am 25. Mai 2014 gründen von diesem Schritt enttäuschte HSV-Fans ihren HFC Falke. Der basisnahe und idealistische Club zum Anfassen spielt nach zwei Aufstiegen in der Bezirksliga Nord. Nun ist der Verein ist sauer auf die Sportplatzpolitik in Hamburg – und Präsidentin Tamara Dwenger nimmt im Interview kein Blatt vor den Mund.

Hamburger Abendblatt: Frau Dwenger, was stört Sie an der Trainingssituation beim HFC Falke?

Tamara Dwenger: Unsere beiden Mannschaften trainieren seit der vergangenen Saison auf dem Grandplatz am Steinwiesenweg. Das Flutlicht ist funzelig, leuchtet die gegenüberliegende Halle an. Je dunkler es draußen ist, desto gefährlicher wird das Training. Im letzten Winter wurden uns seitens des Bezirksamtes kurzfristig Zeiten für eine Mannschaft auf der Anlage Vogt-Kölln-Straße zur Verfügung gestellt. Ob das diesen Winter wieder klappt, wissen wir nicht. Also trainiert unsere erste Mannschaft nun jeden Montag auf dem Kunstrasen des SV Tangstedt – und fährt pro Einheit dorthin insgesamt 300 Kilometer mehr.

Klingt nicht schön, aber es herrscht eben Sportplatznot in Hamburg!

Dwenger: Diese Situation wäre sicherlich teilweise lösbar. Wir haben vom Bezirksamt Eimsbüttel erfahren, dass das Flutlicht am Steinwiesenweg dem SV Eidelstedt gehört. Also schrieben wir deren Vorsitzenden an, um eine Lösung zu finden. Selbstverständlich waren wir bereit, uns finanziell an einer Verbesserung des Flutlichts zu beteiligen. Es gab keine Rückmeldung. Und das Bezirksamt Eimsbüttel setzte sich nicht für uns ein.

Dem gehört das Flutlicht ja auch nicht.

Dwenger: Das Kriterium finde ich fragwürdig. Die Nutzung von Sportplätzen sollte sich nicht danach richten, wer schon seit 100 Jahren da spielt oder wem das Flutlicht gehört. Es sollte nach Bedarf gehen. Der Grandplatz am Steinwiesenweg wird kaum genutzt. Da könnte richtig etwas entwickelt werden. Doch wenn ein Verein – in diesem Fall der SV Eidelstedt – ein Nutzungsrecht an einem Platz hat und einem anderen Verein Entwicklungsmöglichkeiten einräumt, hat er Sorgen um die eigene Entwicklung. Das kann ich sogar verstehen. Aber das kann und darf nicht das Kriterium sein. Außerdem geht es hier eben nicht nur um eine Flutlichtproblematik.

Worum geht es denn noch?

Dwenger: Es geht um das gesamte System. Um Möglichkeiten der Entwicklung, verbindliche Aussagen und vieles mehr. Von 2015-2017 haben wir am Sportplatzring trainiert. Nicht etwa, weil uns das Bezirksamt Eimsbüttel diese Option bot. Sondern weil uns der damalige Vorsitzende von West-Eimsbüttel dort Trainingszeiten zur Verfügung stellte. Jetzt wurde ein Container auf dem Steinwiesenweg für uns, damit wir nicht in einer feuchten Garage unsere Sachen lagern müssen, abgelehnt, weil er nicht ins Gesamtbild passe. Bei aller Liebe: Wir reden hier nicht von der Elbchaussee, sondern vom Steinwiesenweg mit der Autobahn hintendran. Unserem Verein fehlt die Perspektive. Damit sind wir aber nicht alleine – und mit diesem Interview möchte ich andere Vereine ermutigen, den Mund aufzumachen und auch öffentlich für ihre Interessen einzutreten.

Können Sie denn Beispiele von anderen Vereinen nennen?

Dwenger: Nehmen wir den Fall Inter Hamburg. Die haben nach zehn Jahren eine Landesligatruppe abmelden müssen, weil ihnen in Altona die Entwicklungsmöglichkeiten fehlten. Sie trainierten auf einem halben Grandplatz, spielten an der Max-Brauer-Allee auf Rasen beim SC Teutonia 10 – ohne Perspektive auf mehr. Es ist ein Armutszeugnis, dass man es nicht geschafft hat, für Inter was auf die Beine zu stellen. Wir haben uns letzten Winter bei einem anderen Verein, der nicht genannt werden möchte, quasi heimlich zu Trainingszwecken zusätzlich eingemietet. Kommentar von denen: „Ihr könnt hier trainieren, aber erzählt das um Gottes willen nicht dem Bezirksamt.“ Das kann es ja wohl nicht sein, dass ein Verein Nachteile fürchten muss, wenn er einem anderen Club ungenutzte Trainingszeiten gibt.

Warum beschweren sich andere benachteiligte Vereine nicht?

Dwenger: Weil sie Angst haben. Am Rande von Amateurfußballspielen kriege ich viel mit. Wenn ich sage `Dann äußert euch doch`, kriege ich zur Antwort, das sei gefährlich. Man bekäme ein Pöblerimage, würde das zuständige Bezirksamt gegen sich aufbringen und nicht mehr in erforderlichem Maße berücksichtigt. Ich bin aber so erzogen worden, dass ich den Mund aufmache, wenn mir etwas nicht passt. Und wir beim HFC Falke haben nun vier Jahre die Füße still gehalten. Im Präsidium sind wir uns einig: Jetzt ist Schluss damit.

Und wenn die anderen Clubs recht haben? Dann könnte dieses Interview unangenehme Konsequenzen für Ihren Verein haben.

Dwenger: Was soll denn passieren? Soll uns auch noch das Nutzungsrecht für den Steinwiesenweg gekündigt werden? Oder man gibt uns aus Prinzip keine Zeiten mehr auf der Anlage Vogt-Kölln-Straße? Dann trainieren wir eben auf einem Parkplatz. Ich glaube, die Bilder von solchen Trainingseinheiten würden die Öffentlichkeit durchaus interessieren.

Wie funktioniert das System, dass Sie anprangern, aus Ihrer Sicht eigentlich? Wie verschafften sich Vereine Vorteile?

Dwenger: Die Vereine nutzen ihr Vitamin B zur Politik. Bis zu einem gewissen Grad finde ich das okay. Ein Beispiel: Wenn ein Politiker erfährt, dass auf einem Platz bestimmte Trainingszeiten frei werden und er informiert einen Vereinsvorsitzenden darüber, der sich darum bewirbt, habe ich damit kein Problem. Wenn die Zeiten aber automatisch an den Verein des Politikers gehen, dann schon. Das ist nämlich Gemauschel. In unserem Land wird sehr viel Lobbyarbeit geleistet und es wäre blind zu sagen: Im Amateurfußball ist das anders. Das führt zu einer unangenehmen Konsequenz für neugegründete Vereine: Wenn du nämlich neu dabei bist und somit kein alteingesessener Club mit guten Verbindungen, hast du oft schlicht Pech gehabt. Solche Strukturen sehen wir beim HFC Falke ja historisch bedingt sehr kritisch. Wir kommen eben aus der Kurve – über 350 unserer 450 Mitglieder sind allein aus ideellen Gründen dabei – und waren häufiger gegen etwas. Klar ist es was ganz anderes, Verantwortung zu tragen als in der Kurve rumzuschimpfen. Nur möchten wir deshalb trotzdem keine Hinterzimmerpolitik betreiben.

Wie könnte das System denn besser werden?

Dwenger: Durch Transparenz und Offenheit. Im ersten Schritt braucht es eine klare Bedarfsanalyse. Die Mannschaften sollen bis zu einer gewissen Frist ihre Bedarfe angeben. Mannschaften, die am Spielbetrieb teilnehmen, sollen Vorrang haben gegenüber welchen, die nicht am Spielbetrieb teilnehmen. Dass auf manchen Plätzen nur bis 21 Uhr trainiert werden darf, muss in einer Großstadt wie Hamburg dringend hinterfragt werden. Bis 22 Uhr sollte Training drin sein, das würde die Situation entspannen. Ganz wichtig: Der Belegungsplan für die Sportstätten muss dringend stets aktualisiert werden. Teilweise ist selbst ein Jahr später nicht eingetragen, wenn Zeiten besetzt sind. Fragt man die Zeiten an, sind sie vergeben.

Andersherum sind dafür gerne mal Teams eingetragen, die die Zeiten längst verfallen lassen.

Dwenger: Auch das müsste kontrolliert werden, damit die Vergabe effektiv läuft. Scheinbar fehlt die Manpower für die Kontrolle. Ich kenne übrigens das Beispiel einer Abteilung, die Hallenzeiten angefragt hat und vom Bezirksamt absolut nachvollziehbar die Antwort bekam: „Wieso? Ihr habt doch Hallenzeiten.“ Es stellte sich heraus, dass die Abteilung ihre zugeteilten Zeiten seit 20 Jahren nicht nutzte.

Und was wünschen Sie sich für Ihren HFC Falke?

Dwenger: Ich will endlich eine klare Aussage des Bezirksamtes Eimsbüttel. Wenn das Flutlicht nicht verbessert oder keine andere Trainingsmöglichkeit für uns gefunden wird, finden wir das zwar nicht gut – aber mit einer klaren Aussage können wir arbeiten. Dann ziehen wir vielleicht vom Hamburger Westen in den Osten, Süden oder Norden oder fragen bei anderen Clubs an. Das würden wir selbstverständlich vorher mit unseren Mitgliedern besprechen. Wir haben eine Jugendabteilung in Planung, wir haben Anfragen von Frauen, die bei uns Fußball spielen wollen. Wir haben aber keine Trainingszeiten für sie. Das kann so nicht weitergehen. Uns reicht ja für den Anfang schon ein alter, vergammelter Grandplatz, wenn eben wir uns da entwickeln können. Wir tun dadurch ja auch etwas für die Gesellschaft. Hauptsache, es gibt eine Perspektive.

Und wenn die Mühlen der Politik weiter langsam oder so gar nicht mahlen?

Dwenger: Keine Sorge, das Thema verpufft nicht. Wir werden keine Ruhe geben, bis man uns eine klare Aussage gibt. Ich nehme übrigens auch gerne einen Termin beim Bürgermeister.