Aufsteiger gewinnt mit 3:1 in Barmbek die Oberliga-Meisterschaft. Trainer Schönteich träumte schon im Oktober von der Feier auf einem Doppeldecker

Dassendorf. Im Oktober hatte Dassendorfs Trainer Jan Schönteich einen Traum. „Wir haben mit der Mannschaft eine Ausfahrt im Doppeldeckerbus gemacht. Seitdem wollten viele von uns das unbedingt noch einmal machen. Ich dachte mir, es wäre schön, wenn wir das bei besserem Wetter wiederholen. Mit der Meisterschale in der Hand“, sagte Schönteich am Sonnabend glückselig nach dem 3:1-Sieg bei Barmbek-Uhlenhorst. Zwei Stunden später wurde sein Traum Wirklichkeit.

Um 19 Uhr holte ein offener Doppeldeckerbus den neuen Meister der Oberliga Hamburg in Barmbek ab. Eine der Bundesliga-Salatschüssel nachempfundene Meisterschale schwenkend, fuhren die Dassendorfer bei strahlendem Sonnenschein los. Ein Empfang bei Dassendorfs Bürgermeisterin Martina Falkenberg, der Kiez, der Hafen und das Café Seeterrassen wurden Stationen einer unvergesslichen Nacht in Dassendorf und Hamburg. „Die Nummer eins der Stadt sind wir“, tönte es aus den Kehlen der frisch gebackenen Champions. Das entbehrte nicht einer gewissen Ironie. Schließlich ist die TuS Dassendorf nach dem FC Elmshorn nicht nur der zweite Aufsteiger, sondern auch der zweite nicht in Hamburg spielende Club in Folge, der sich die Krone der Oberliga aufsetzt.

Wie meistens bei solchen Fußballmärchen sind sie erstens nicht nur das. Genau wie Elmshorn stellte sich die TuS einen sehr starken Kader zusammen. Bereits vor Saisonbeginn war klar: Dieser Aufsteiger wird mit dem Abstiegskampf gar nichts zu tun haben. Zweitens traf auch bei Dassendorfs fantastischer Saison die alte Weisheit zu, der Erfolg habe viele Gesichter.

Im Blickpunkt des öffentlichen Interesses standen zwar an vorderster Front die Ex-Profis Eric Agyemang im Sturm (u.a. Bielefeld, 27 Tore, 7 Vorlagen) sowie Flügelflitzer und Standardspezialist Dennis Tornieporth (u.a. St. Pauli, 8 Tore, 18 Vorlagen), doch das Team hatte mehr zu bieten. Der hochaufgeschossene Christian Gruhne im Tor, von Rahlstedt gekommen, erwies sich mit ruhigem und effektivem Torwartspiel als Glücksgriff. Alexander Bogunovic und Adam Hamdan bildeten ein zweikampfstarkes, kompromissloses, abgezocktes Innenverteidigerpärchen. Dennis Sudbrak war im Mittelfeld Denker und Lenker des Aufbauspiels bis zu seiner schweren Verletzung in der Rückrunde. Viele weitere Spieler brachten spezielle Qualitäten ein, die Dassendorf zu einem unangenehmen Gegner machten. Der offensive Vollgasfußball des FC Elmshorn, der vergangene Saison die Oberliga dominierte, war nicht Dassendorfs Stil. Die Mannschaft trat meist ruhig und abgeklärt auf, ließ kaum Torchancen zu, zeigte in der Offensive geniale Aktionen gepaart mit Effektivität und gewann ihre Partien.

Als Väter des Erfolges dürfen sich vor allem zwei Männer feiern lassen: Hauptsponsor Michael Funk und Trainer Jan Schönteich. Der erfolgreiche Unternehmer Funk (DFO Immobilien) ist der TuS seit der Jugend verbunden. Seit mehr als 20 Jahren sponsert er den Club. Doch medial hielt er sich auch in dieser Saison im Hintergrund und traf früh Vorkehrungen, um seinem Verein eine Blamage wie dem FC Elmshorn zu ersparen. Jener hatte nach dem verlorenen Pokalfinale im Mai 2013 spektakulär die Richtung gewechselt und seine Teilnahme an der Aufstiegsrunde zur Regionalliga Nord abgesagt. Funk betonte vom ersten Tag an, „dass wir auf keinen Fall melden werden, weil wir das nicht bezahlen können“.

Den entscheidenden Griff, um sein Lebenswerk zu krönen, tat Funk, der sich wie mehrere Spieler nach dem Abpfiff die Haare in den Vereinsfarben Blau und Weiß färben ließ, aber mit der Verpflichtung von Jan Schönteich im Jahre 2012. Der taktisch versierte Trainer leistete zuvor beim FC Voran Ohe und beim SC Vier- und Marschlande bereits beeindruckende Arbeit. In seiner alten Heimat Dassendorf, wo er als Spieler schon erfolgreich war, lief Schönteich zu Höchstform auf. Zwischen September 2012 und April 2014 blieb die TuS ungeschlagen – und Schönteich erwies sich wie von jeher als ehrgeiziger Fußballfachmann und als Typ mit Ecken und Kanten.

Der abergläubische Trainer und Bayern-Fan hatte für Spieltage spezielle Glückskleidung parat. Passte ihm etwas nicht, wurde er mitunter sehr deutlich, wie vor dem Heimspiel gegen SCALA, als er im Stadionheft die übertriebene Erwartungshaltung des Umfeldes kritisierte. „Es war eine großartige Saison. Sie hat alle unsere Erwartungen übertroffen“, blickte Schönteich zurück. Sein Ehrgeiz für neue Taten wird bald wieder da sein. „Doch nun ist der Druck erst mal weg“, sagte Schönteich und stieg strahlend in seinen Traumbus.