Mehrheit der Oberliga-Trainer lehnt Reduzierung der höchsten Hamburger Spielklasse ab. Doch beim Ausspracheabend schwiegen die Vereine

Hamburg. Bei der Verkündung der Revolution war es still an der Jenfelder Allee. Schließlich fragte Michael Hering, Präsident des Oberligisten Curslack-Neuengamme, ob die ab der Saison 2016/17 geplante Reduzierung der Oberliga Hamburg von 18 auf 16 Vereine in der Spielzeit 2015/16 eventuell zu fünf Absteigern führen kann. „Das kann passieren“, antwortete Joachim Dipner, Vorsitzender des Spielausschusses des Hamburger Fußball-Verbandes (HFV). Der Rest war Schweigen beim Ausspracheabend der Oberliga Hamburg. Nur elf Vereine schickten einen Vertreter – und hatten scheinbar keine weiteren Fragen mehr.

Noch vor einem Jahr kritisierten die Oberliga-Clubs beim Ausspracheabend an der Ellernreihe in Bramfeld heftig die Pläne des siebenköpfigen HFV-Spielausschusses. „Als Konsequenz daraus wurde das Thema vertagt. Ich glaube, der harte Winter im vergangenen Jahr hat den Clubs gezeigt: Eine Reduzierung der Oberliga Hamburg ist notwendig“, sagt Dipner. Vier Spieltage weniger ergäben mehr Raum für Nachhol- und Pokalpartien. Der Spielplan wäre leichter zu harmonisieren, da nach der Reform alle Ligen im HFV 16er-Staffeln wären. Vereinswünsche bei Ansetzungen, beispielsweise der eigenen ersten und zweiten Mannschaft, könnte der Spielausschuss leichter erfüllen. „Die Konsequenzen der Reform sind also überwiegend positiv“, findet Dipner.

Aber sehen die Oberliga-Vereine das auch so? Warum sind sie so seltsam ruhig? Und was für Folgen kann eine Reduzierung der Oberliga Hamburg mit sich bringen? Das Abendblatt wollte es genau wissen und hat alle 18 Oberliga-Trainer nach ihrer Meinung zur geplanten Reduzierung der höchsten Hamburger Spielklasse befragt. Das Ergebnis: Eine Mehrheit von elf Trainern lehnt die Pläne des Spielausschusses ab.

Torsten Henke (Curslack), Christian Woike (Condor), Thomas Bliemeister (HR), Ralf Palapies (Rugenbergen), Stefan Kohfahl (Oststeinbek), Thomas Titze (Buchholz), Matthias Stuhlmacher (Meiendorf), Frank Pieper (Barmbek), Olaf Poschmann (SCVM), Daniel Lopez (Blankenese) und Hardy Brüning (Bramfeld) sprachen sich dagegen aus. Nico Peters (SCALA) enthielt sich. Jan Schönteich (Dassendorf), Oliver Dittberner (Altona), Michael Fischer (Pinneberg), Frank Hüllmann (NTSV), Reza Khosravinejad (Elmshorn) und Florian Gossow (Schnelsen) sind dafür. Bis auf Frank Hüllmann („Der Spielausschuss will nur weniger zu tun haben“) begrüßen die Befürworter die Entzerrung des Spielplans, um Schnee und Eis künftig besser auszuweichen. Und bis auf Michael Fischer hoffen sie auf eine qualitativ stärkere Oberliga. „Weniger Kaderplätze erhöhen die Leistungsdichte“, sagt Dassendorfs Jan Schönteich.

Die Kritiker sehen die Sache anders. Nicht jeder Winter, wie diese Saison zu sehen, lege den Amateurfußball monatelang lahm. Zudem besäßen viele Clubs Kunstrasenplätze. „Dieser Trend muss weiter gefördert werden“, fordert Rugenbergens Ralf Palapies.

Die von ihren Trainerkollegen prognostizierte Qualitätserhöhung wiesen die Skeptiker zurück. „Zehn Teams wären qualitativ noch besser“, witzelt der Buchholzer Trainer Thomas Titze. Er fordert unter anderem eine eingleisige Landesliga. „Wer an das Argument der steigenden Qualität glaubt, ist ein Theoretiker und sollte Fußball von der Loge aus verfolgen“, findet HR-Trainer Thomas Bliemeister. Sein Meiendorfer Pendant Matthias Stuhlmacher erinnert daran, dass Qualität immer „von der Finanzkraft der Vereine“ abhinge. Oststeinbeks Stefan Kohfahl und Olaf Poschmann vom SC Vier- und Marschlande sorgen sich um die Entwicklungsmöglichkeiten junger Talente, wenn es zwei Oberligisten weniger gibt. „Ob sich ein Dustin Siegmund bei uns auch in der Landesliga so entwickeln würde, wage ich zu bezweifeln“, sagt Poschmann. Siegmund, 19, traf schon zwölfmal.

Insgesamt zeigten sich die Trainer diskussionsfreudig. Condors Christian Woike kann sich jedoch erklären, warum die Clubs es nicht sind. „Wir haben uns mit anderen Vereinen ausgetauscht. Es herrscht viel Resignation. Oft nimmt der Verband Anregungen nicht auf. Also verzichten viele Clubs auf Beiträge“, sagt Woike. Das Problem zeige die gemeinsam mit HR beantragte Verlegung des Pokalviertelfinalspiels am kommenden Mittwoch. „HR und wir waren uns einig. Doch unsere Vorschläge wurden weggelächelt“, klagt Woike.

Dipner mag die Kritik am Spielausschuss nicht so stehen lassen. „Die Vereine können sich gerne an uns wenden. Aber bitte konstruktiv und mit Alternativvorschlägen. Einfach nur Nein sagen reicht nicht.“ Beschlossen ist die Reform übrigens noch nicht. Das HFV-Präsidium muss sie absegnen. Zuvor wird den Vereinen im Februar 2015 ein Konzept vorgelegt. Bis dahin ist den Hamburger Amateurfußballfunktionären vor allem eines zuzurufen: Schweigen ist Silber, Reden ist Gold.

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