Amateurfußball: Schnelsen weiter im Abstiegskampf, Mandel ist Ex-Sorgenkind, Henke will nicht sitzen, Billstedter Fans gehen jetzt gerne spazieren

Knallharter Psychologe. An einer besonders aufmerksamen Betreuung durch seinen Trainer Christian Woike durfte sich in den letzten beiden Monaten Condors Stürmer Moritz Mandel erfreuen. „Wir haben viel im mentalen Bereich mit ihm gearbeitet und es hat sich ausgezahlt“, sagte Woike nach dem 3:1-Erfolg im Oberligaspiel in Rugenbergen. Mandel erzielte alle drei Tore. Somit traf er in den letzten vier Partien fünfmal und bereitete einen Treffer vor. „Als beleidigte Diva hilft uns niemand“, hatte sich Woike noch am fünften Spieltag nach einem Platzverweis des Angreifers geärgert, der wegen seines Reservistendaseins frustriert wirkte.

Erst am 13. Spieltag griff Mandel wieder ins Geschehen ein. Auf die Nachfrage, ob er intern behutsamer mit ihm umgegangen sei, antwortete Woike verschmitzt. „Wir wissen, was wir an Moritz haben und er weiß, was er an uns hat. Ich kann aber intern auch recht deutlich sein. Und manchmal merkt ein Spieler, dass der Trainer ab und zu recht hat...“

Stehen bis zur Rente. Eine nette Geste von Niendorfs Co-Trainer Ali Farhadi wies Curslacks Trainer Torsten Henke vor dem Oberligaspiel seiner Mannschaft beim NTSV freundlich zurück. Farhadi brachte Henke einen Plastikstuhl in seine Coachingzone, da auf der Reservebank kein Platz mehr frei war. „Sehe ich denn schon so alt aus?“, fragte der Trainer überrascht und lehnte den Stuhl ab. Nach dem 2:0-Erfolg der Curslacker, dem sechsten Sieg ohne Gegentor in Serie, klärte Henke die anwesende Presse lachend über seine Prinzipien auf: „Ein Stuhl geht nicht. So lange ich Trainer bin, werde ich stehen. Stellt euch vor, jemand würde Schnelsens Trainer Bert Ehm sagen, er solle sich hinsetzen. Würde der auch nie tun.“

Jubel, Krämpfe, Zittern, Sieg. Ein packendes Stadtteilderby erlebten 85 Fans in der Landesliga Hansa bei der Partie zwischen dem MSV Hamburg und Billstedt. 3:3 stand es nach bewegten 90 Minuten, als Schiedsrichter Martin Ghafury (Barmbek) eine Minute Nachspielzeit anzeigte. Stürmer Dennis Kreutzer markierte kurz darauf das umjubelte 4:3 für die Billstedter.

Nach dem großen Torjubel musste Billstedt jedoch taktisch umstellen. „Louis Bajerski plagte sich mit Krämpfen. Wir hatten schon dreimal ausgewechselt. Also ließen wir ihn vorne rumlaufen und zogen Kreutzer zurück auf die Sechs“, sagte Manager Andreas Heeschen. Da Ghafury den Torjubel ebenfalls nachspielen ließ, hätte sich das fast gerächt. Der Ex-Billstedter und Doppeltorschütze Matthias Juckel vergab zwei Riesenchancen zum 4:4.

„Es ist immer traurig, ein Derby zu verlieren. Und es war so unnötig heute. Aber Gerechtigkeit gibt es im Fußball nicht“, trauerte MSV-Trainer Kenny Lorenzen. Heeschen dachte da schon weiter. „Für mich zählen vor allem die drei Punkte, aber ich kenne viele Leute, die den Derbysieg sehr genießen und sich jetzt auf ihren Spaziergängen in Billstedt gerne sehen lassen werden.“

Taktik aufgegangen. Der SC Victoria ist durch ein 1:0 im Regionalligaspiel über Eintracht Norderstedt wieder im Rennen um den Klassenerhalt. Davidy Eybächer erzielte das Tor des Tages (25.).

Die Taktik der Victorianer, die Favoritenrolle vor dem Spiel dem Aufsteiger aus Norderstedt zuzuschreiben, ging offenbar auf. Die Gäste zeigten eine ihrer schwächsten Saisonleistungen. „Wir haben immer Hoffnung gehabt, obwohl wir vor Wochen schon totgesagt wurden“, kommentierte Victorias Trainer Lutz Göttling den Sieg. Norderstedts Trainer Thomas Seeliger war dagegen nicht nur mit seiner Mannschaft unzufrieden und bezeichnete die Partie als „sehr schlechtes Regionalligaspiel“.

Eine hervorragende Aufholjagd nicht ganz zu Ende führte dagegen der HSV II. Nach einem Pausenrückstand von 0:4 verloren die Schützlinge von Rodolfo Cardoso in Cloppenburg 3:4.

Klappt natürlich. SCALAs Stadionsprecher beendete die Partie mit den Worten, dass der erwartete Heimsieg leider ausgeblieben sein. Im Oberligaspiel gegen Schnelsen hieß es nach schwachem Spiel 1:1. Der Blick auf die Tabelle bleibt also ungewohnt für Germanias Trainer Bert Ehm. Ehm trainierte jahrelang nur Teams mit Ambitionen nach oben, steht nun im Abstiegskampf. „Ich passe mich da an und lebe damit“, sagte Hamburgs erfolgreichster Coach, auch mit Blick auf die dünne Personaldecke. „Wir mussten heute einen Spieler aus der dritten Mannschaft, einen A-Jugendlichen und einen Verletzen auf die Bank setzen“, sagte Ehm – und blieb trotzdem positiv: „Natürlich halten wir die Klasse. Davon bin ich fest überzeugt.“

Was wohl jetzt kommt? 0:8 gegen Oststeinbek, 5:0 in Bramfeld, 1:3 gegen SCALA, nun 2:0 in Altona. „Wir sind die Wundertüte der Oberliga“, gab SCVM-Trainer Olaf Poschmann nach dem Überraschungssieg an der Adolf-Jäger-Kampfbahn zu. Aschenbrenner (61.) und Oldag (70.) trafen. Nächste Gelegenheit für den SCVM zu einem unerwarteten Ergebnis ist das Heimspiel gegen den Niendorfer TSV