Wedel schaut nach 2:1 bei Oststeinbek wieder auf die Tabelle

Hamburg. Auf der Pressekonferenz nach der Partie in Oststeinbek kamen Wedels Verantwortliche kräftig ins Schwitzen. Nicht - wie fast wöchentlich in der völlig verkorksten Hinrunde - nach den Gründen für Pleiten, Pech und Pannen fragten die Journalisten, sondern nach dem neuesten Aufwärtstrend und ob nun das Rechnen wieder begönne rund ums Elbestadion. Doch die Macher beim Wedeler TSV wussten nicht mal, wie viele Begegnungen sie bis zum Saisonende noch austragen dürfen. "Da haben wir uns ja ganz schön blamiert", schmunzelte Liga-Obmann Walter Zessin hinterher. "Aber das muss bitte entschuldigt werden. Wir wollten eigentlich gar nicht mehr auf die Tabelle schauen."

Verständlich, denn die im alten Jahr gesammelten kümmerlichen acht Punkte gaben genauso wenig Anlass zur Hoffnung wie der undisziplinierte Kader. Trainer Frank Pagenkopf bekam das Team nie in den Griff. Neuzugang Tamer Dönmez, von dem man sich Ende des Jahres ebenso trennte wie von Pagenkopf vor zwei Monaten, stritt sich mit Berkan Algan um die Spielmacherrolle. Akteure schwänzten das Training (Algan: "Nach dem Motto: Mein Hamster ist krank.") - und zu allem Überfluss machte Wedel, bis Oliver Berndt im Sommer das Zepter schwingt, Algan zum Interimscoach und Spielertrainer.

Ausgerechnet jenen Algan, dem nach einer bewegten Karriere (u. a. FC St. Pauli II, Altona 93, SC Concordia, Haka Valkeakoski, Bursaspor, 1. FC Köln) in Sachen Disziplin der Ruf des Fußball-Lebemanns anhaftet. Die Wetten, dass nun alles aus dem Ruder läuft, standen nicht schlecht. Doch stattdessen dreht Wedel auf, seit er das Kommando hat. Elf Punkte in fünf Spielen, den großen FC St. Pauli II in der Vorwoche (1:1) an den Rand einer Niederlage gedrängt - der Fachmann staunt, der Laie wundert sich. "Viele sagen, er ist ein schwieriger Typ. Ich sehe das nicht so. Die Spieler schauen zu ihm auf und das Erste, was Berkan hier gemacht hat, war Training alter Schule. Er legt viel Wert auf Fitness, bolzte mit den Jungs Kondition. Ich bin sonst gegen Spielertrainer, aber von seiner Arbeit bin ich beeindruckt", erklärt Zessin.

Algan selbst gibt sich gereift - und macht in Sachen Klassenerhalt keine Kampfansagen. "Ich rechne nicht damit. Der Abstand ist sehr groß. Es geht mir um eine gute Rückrunde. Ich will den Jungs den Druck nehmen. Sie sollen ihr Können zeigen."

Seine Motivationskünste helfen dabei immer besser. Systematisch redet der 34-Jährige seine Spieler stark. Dabei hat es ihm nicht nur der 19-Jährige Stürmer-Shootingstar Marc Kemo Kranich angetan, der auch in Oststeinbek wieder zwei Treffer zum Sieg beisteuert: "Er hat alle Fähigkeiten, die ein Stürmer braucht. Schnell, super Schuss, Instinkt, starker Wille. Aber auch Spieler wie Mike Appiah oder Sascha Kuzmanov können ins Visier von Profivereinen geraten." Profivereine? "Ja, viele Spieler bei uns können mindestens bis in die zweite Liga kommen", sagt Algan. So ganz kann er eben doch nicht aus seiner Haut.