Trainer Bert Ehm kündigt nach 1:5-Pleite Konsequenzen an

Hamburg. Nur zwei Wochen ist es her, da begeisterte der SC Victoria die Hamburger Amateurszene. Das 4:5 in der Oberliga Hamburg gegen den FC St. Pauli II war ein Schlagabtausch feinster Güte - und trotz der bitteren Niederlage in letzter Sekunde erntete Bert Ehms Mannschaft donnernden Applaus von den Rängen an der Hoheluft. In der Endphase des Spiels gegen Norderstedt gab es nun sogar Sprechchöre für das Team. Doch die "Oh, wie ist das schön"-Gesänge waren ironischer Natur. 1:5 gegen Norderstedt. Tabellenplatz acht nach drei Niederlagen in Folge. Keine ernsthafte Aussicht mehr auf die Titelverteidigung. Hamburgs Abo-Meister, der zuletzt vier Titel in Serie holte, ist in eine veritable Krise geschlittert.

Diese wird jetzt Folgen haben. Trainer Bert Ehm kündigte unmittelbar nach dem Flutlicht-Debakel personelle Konsequenzen an - und blieb auch am Sonntag noch bei dieser Haltung, als er sich in Wedel seinen nächsten Gegner Germania Schnelsen anschaute: "Wir mussten eine knappe halbe Stunde in Unterzahl spielen, und wir hätten mehrfach den Ausgleich erzielen können. Aber nach dem 1:3 jede Gegenwehr völlig aufzugeben, das geht gar nicht. Jeder muss sich fragen, ob er der Meinung ist, hier alles für den Verein zu geben", erklärte der von seinen Kickern enttäuschte Trainer.

Diese Frage will Ehm am heutigen Montag beim Training seinen Schützlingen direkt stellen. Von deren Antworten soll auch abhängig sein, welche Konsequenzen die Spieler zu spüren bekommen. Kandidaten für entsprechende Maßnahmen gibt es viele, wenngleich der 64-Jährige bei seiner Analyse noch keine Namen nennt: "Vorne sind wir zu ungefährlich. Viel Ballkontrolle, zu wenig Tore. Wenn überhaupt einer trifft, ist es Stephan Rahn. Hinten kassierten wir in den letzten drei Spielen 13 Gegentore. Das sagt alles." Allerdings bezieht sich Ehm selber in die Fehlerkette mit ein: "Ich wählte gegen Norderstedt wohl nicht die richtige Taktik. Vorne draufzugehen brachte uns nichts. Wir wurden klassisch ausgekontert. Gegen Wedel in der Vorwoche spielte Norderstedt erschütternd schwach, bei uns zeigten sie ihr volles Potenzial."

So enttäuscht wie Ehm ist Horst Kracht, Vickys Sportlicher Berater, nicht. "Es liegt nicht am Charakter des Teams. Die Jungs halten zusammen. Wir dominierten die Oberliga vier Jahre lang. Es ist normal, dass mal eine Krise kommt", sieht Kracht einen natürlichen Prozess am Werk. "Da hilft nur viel Training." Allerdings kann sich auch Kracht einen gut gemeinten Hinweis an die Mannschaft nicht verkneifen: "Ich denke, dass der Ehrgeiz bei allen noch vorhanden ist. Wer möchte schließlich am 26. Oktober beim DFB-Pokalspiel gegen den VfL Wolfsburg am Millerntor auf der Bank sitzen?" Außerdem sei klar gewesen, "dass der FC St. Pauli II um Längen Meister wird. Somit bleibt uns der Amateurpokal als zu verteidigender Titel". Aber bitte mit Charakter - oder wie es Ehm unmissverständlich ausdrückt: "So eine Selbstaufgabe wie gegen Norderstedt wird es unter meiner Leitung nicht mehr geben."