SC V/W Billstedt spielt sich an die Spitze der Landesliga Hansa

Hamburg. Kim Liebermann und Kevin Dülsen weinten, Juro Julardzija verkroch sich verbittert an der Seitenlinie. Der Abend des 9. Juni war ein ganz bitterer für den SC V/W Billstedt. Die gesamte Saison schien der Aufstieg in die Oberliga Hamburg gebucht, doch auf der Zielgeraden scheiterte das Team. Erst an einem 2:2 gegen Schlusslicht Neuland am letzten Spieltag, dann im Entscheidungsspiel gegen Rugenbergen mit 3:4 im Elfmeterschießen. Doch Billstedts Trainer Alexander Schäfke und Co-Trainer Andreas Heeschen versanken nicht in Trauer. Heeschen kündigte "einen neuen Anlauf in der nächsten Saison an" und Schäfke konnte Julardzijas Trauer - er hatte den entscheidenden Strafstoß vergeben - bald nicht mehr mitansehen: "Juro, komm in die Kabine. Uli Hoeneß hat seinen Elfer damals in die Wolken geschossen."

Nun, über zwei Monate später, ist Billstedt wieder Erster in der Landesliga Hansa. "Es gab kein Trauma bei uns", stellt Schäfke klar und Heeschen sekundiert: "Natürlich fließen im Sport auch mal Tränen.Aber es geht immer weiter. Wir haben das Thema nicht mehr groß besprochen. Nun gibt es neue Ziele."

So haben sie am Öjendorfer Weg viel Altbewährtes behalten und einiges neu auf den Weg gebracht, um den Aufstieg in diesem Jahr nachzuholen. Die Mannschaft präsentiert sich weiterhin als spielstarke Einheit mit hoher Laufbereitschaft, taktisch ungemein flexibel. Fast keinen Spieler gibt es im Kader, der nicht mindestens zwei Positionen spielen kann. Allzweckwaffe Marian Zwiewka beispielsweise war bis auf die Positionen Mittelstürmer und Torwart schon überall auf dem Feld zu finden. Dazu stellen die Rot-Violetten eine sehr junge Mannschaft. Nach Talenten wie Christian Bollweg oder Liebermann lecken sich nicht wenige Oberliga-Klubs die Finger. Ferner legt das Trainergespann weiter Wert darauf "Fußball zu spielen. Ich will technisch starkes Spiel sehen, kein Gebolze", so Schäfke.

Vorsichtiger sind die beiden Trainer, die jeweils wegen Verletzungen beide Anfang 20 ihre Trainerkarriere starteten, in ihrem sechsten gemeinsamen Jahr aber auch geworden. Das sehr offensive 4-3-3 wich einem 4-2-3-1, mehr Konzentration auf die Defensive sorgte in den ersten vier Spielen für eine bombensichere Abwehr. Billstedt kassierte nur ein Gegentor. "Auch mental stellen wir die Spieler darauf ein, nicht beim 2:1 verbissen aufs 3:1 zu gehen. Manchmal muss man ein Spiel nach Hause schaukeln können", so Schäfke.

Bei ihren Maßnahmen können sich Schäfke und Heeschen auf Präsident Claus-Peter Mell verlassen. Dieser stärkte Ihnen sogar nach dem Oberliga-Abstieg vorvergangene Saison den Rücken, verlängerte ihre Verträge - und sieht sich bestätigt: "Wir konnten jetzt den Kern des Teams halten, obwohl es einige Angebote gab. Das zeigt, welch tolle Gemeinschaft hier mit ihrer akribischen Arbeit geschaffen wurde. Und ich glaube, in diesem Jahr belohnen wir uns."