Die Hamburger Krebsgesellschaft ist erste Anlaufstelle für Betroffene und Angehörige, wenn es um Aufklärung, Beratung und finanzielle Unterstützung für Krebskranke geht. Geschäftsführerin und Psychoonkologin Franziska Holz sprach mit der Funke Mediengruppe über den hohen Stellenwert von Aufklärung und Vorsorgeuntersuchungen.

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Frau Holz, bitte erklären Sie uns kurz, was Hamburger Krebsgesellschaft leistet...

Unsere Arbeit umfasst im Wesentlichen drei Säulen: Aufklärung & Information, Beratung & Begleitung und Forschungsförderung. Es beginnt aber alles mit der Aufklärung. Denn ob ich den Kampf gegen den Krebs gewinne, hängt in vielen Fällen davon ab, ob ich regelmäßige Vorsorge betreibe. Denn jeder zweite Mensch, sprich: 50 Prozent der Bevölkerung, wird im Laufe seines Lebens eine Krebs-Diagnose erhalten. Daher wollen, nein, müssen wir mehr Bewusstsein schaffen für den Wert von Früherkennung und Prävention. Denn immer noch werden die meisten Krebserkrankungen viel zu spät entdeckt, weil die kostenfreien Vorsorgeangebote nicht oder nur eingeschränkt in Anspruch genommen werden.

Hier besteht also noch viel Aufklärungsbedarf. Wie gehen Sie hier vor?

Unsere primäre Aufgabe sehen wir darin, der Bevölkerung die Bedeutung eines ‚gesunden Lebensstils‘ und der Vorsorgeuntersuchungen klarzumachen.

Wie genau geschieht das?

Wir unterstützen nationale Kampagnen und entwickeln eigene Kommunikationskonzepte. So gibt es das ganze Jahr über themenbezogene Veranstaltungen: im März, dem Darmkrebsmonat, informieren wir über gesunde Ernährung und zur Darmkrebsvorsorge, im Mai ist das Schwerpunktthema Krebs & Arbeit. Pünktlich zum Sommeranfang klären wir über die Bedeutung des Sonnenschutzes für alle Altersgruppen auf und im Herbst gibt es noch die beiden geschlechterspezifischen Aktionsprogramme wie den Brustkrebsmonat im Oktober oder die internationale Kampagne MOVEMBER, die seit vielen Jahren im November zum Thema Männergesundheit informiert. Das Thema liegt mir besonders am Herzen, weil Männer bis zu 20 Prozent häufiger an Krebs erkranken als Frauen und auch öfter an der Krankheit sterben.

Franziska Holz, Geschäftsführerin und Psychoonkologin.
Franziska Holz, Geschäftsführerin und Psychoonkologin. © Krebsgesellschaft

Kürzlich haben Sie mit anderen Krebsberatungsstellen den Preis „Innovation für Patient Care Award“ gewonnen. Was genau steckt dahinter?

Ja, auf diese Auszeichnung für das Projekt „Gut gegen Kopfkino“ sind wir besonders stolz. Diese Initiative haben wir mit weiteren vierzehn Krebsberatungsstellen und der Universität Mainz auf wissenschaftlicher Basis entwickelt. Sie trägt den etwas komplizierten Namen

Wege ebnen für Männer– Geschlechtsspezifische Zuweisung und Konzepte für die ambulante Krebsberatung (WAG-ES!)“. Unser Ziel war es, Männer mit Hilfe verschiedener kommunikativer Maßnahmen zu motivieren, häufiger als bisher psychosoziale Unterstützung in Krebsberatungsstellen in Anspruch zu nehmen.

Welche Maßnahmen sind das genau?

Neben der neuen Website (www.gutgegenkopfkino.de) zählen dazu Flyer, ein kurzer Teaser und ein Film, der unsere Angebote gegen das „Kopfkino“ vorstellt. Außerdem haben wir Rezeptblöcke entworfen, mit denen Ärztinnen und Ärzte die Inanspruchnahme von Krebsberatung einfacher und nachdrücklicher empfehlen können.

Seit Januar 2024 können betroffene Männer dazu an jedem letzten Donnerstag im Monat am Online-Männertreff teilnehmen, der monatlich unter einem neuen Motto, wie etwa „Schweigen ist Silber, Reden ist Gold“ (Donnerstag, 25.01.24, 19-20 Uhr, d. Red.) oder „Doc, wir müssen reden“ (Mai 2024, d. Red.) stattfindet. Dieses neue bundesweite Angebot einer Online-Männergruppe wird professionell moderiert von Alexander Greiner. Er ist Krebsbetroffener und freier Journalist.

Alle Termine und Themen finden Sie auf www.gutgegenkopfkino.de.

Wie kam es zu dieser Initiative?

Durch kühle Analyse der Zahlen und die Befragung von erkrankten Männern. Denn in Deutschland erkranken über 275.000 Männer jährlich neu an Krebs, fast die Hälfte hat psychosozialen Unterstützungsbedarf. Gleichzeitig nimmt nur ein Drittel der Erkrankten eine Krebsberatung durch uns oder eine andere Beratungsstelle in Anspruch. Vor diesem Hintergrund war es wichtig, die bisherigen Beratungsangebote zu modifizieren und noch stärker an den Bedürfnissen von Männern auszurichten.

Und wie kam es zum Slogan „Gut gegen Kopfkino“?

Der Kommentar eines Krebspatienten hat uns dazu inspiriert. Er meinte, die Krebsberatung wäre eben einfach "gut gegen das eigene Kopfkino", würde also dank sachlicher Aufklärung die schlimmsten Phantasien abschalten und Ängste abbauen.

Warum sträuben sich vor allem Männer vor Vorsorgeuntersuchungen?

Das liegt sicher an falschen Vorstellungen, über das bei den Vorsorgen passiert, aber sicher auch an dem noch vorhandenen Selbstbild vieler Männer, die mit der Vorsorge ein übertriebenes Gesundheitsbewusstsein verbinden, das sie vor allem „Weicheiern“ zuschreiben. Das ist fahrlässig, denn Männer sind auch nur Menschen und der Krebs macht keinen Unterschied zwischen Männern und Frauen. Und da Frauen die Vorsorge ernster nehmen, leben sie länger als die Männer.

Gibt es dazu konkrete Zahlen?

Brandaktuell ist eine Studie der AOK (Einstellungen zum Thema Krebsvorsorge, November 2023, d. Red.). Das Ergebnis der Befragung war erschütternd: Nur 45 Prozent aller Männer zeigten darin die Bereitschaft zu einer Vorsorgeuntersuchung gegenüber 65 der Frauen. Wir wissen: Obwohl 95 Prozent aller Deutschen Vorsorgeuntersuchungen für wichtig halten, scheuen vor allem Männer vor den entsprechenden Check-Ups. So geht beispielsweise nur jeder zehnte Mann regelmäßig zur Krebsvorsorge.

Welche männerspezifischen Krebsarten sind besonders im Fokus der Aufklärung?

Zunächst der Prostatakrebs, an dem jeder vierte Mann im Laufe seines Lebens erkrankt. Er ist die mit Abstand häufigste Krebsart bei Männern. Er entsteht vor allem durch die steigende Lebenserwartung und eine genetische Disposition, sprich: das gehäufte Vorkommen in der Verwandtschaft. Beeinflusst wird Prostatakrebs ebenfalls durch den Lebensstil. Rauchen oder erhöhter Alkoholkonsum, Ernährung oder ein hoher Stresslevel können diese Krebsart begünstigen. Je eher aber auch diese Krebsart erkannt wird, desto besser ist sie heilbar. An zweiter Stelle unserer Aufklärungskampagnen steht der Hodenkrebs. Daran erkranken zwar nur etwa 4200 Männer pro Jahr, dafür sind vor allem sehr junge Männer betroffen. Das durchschnittliche Erkrankungsalter liegt bei 38 Jahren und bei Betroffenen zwischen 20 und 45 Jahren ist Hodenkrebs der am häufigsten diagnostizierte bösartige Tumor.

Wie sehen die Früherkennungs-Untersuchungen bei beiden Krebsarten aus?

Bei Früherkennungsuntersuchungen der Prostata – sie wird bei Männern ab 45 Jahren durchgeführt – tastet ein Urologe die Vorsteherdrüse einmal jährlich ab. Zeigen sich Auffälligkeiten, folgen weitere Untersuchungen. Oft wird hier der „prostata-spezifische Antigentest“ (kurz: PSA-Test) vom Arzt veranlasst, der allerdings (noch) nicht Bestandteil des gesetzlichen Früherkennungsprogramms ist.

Und bei Hodenkrebs?

Hier gibt es keine gesetzliche Früherkennung. Männer müssen selbst regelmäßig Hand anlegen. Wir raten dazu, ab einem Alter von 14 Jahren die Hoden mindestens einmal im Monat abzutasten. Wie das funktioniert, sowie weitere Informationen zum Thema Hodenkrebs finden Männer im Netz unter GIB HODENKREBS KEINE CHANCE (checkdichselbst.de) oder de.loveyournuts.org.

Zum Schluss noch eine Frage zu Ihnen. Sie sind Psychoonkologin: Was genau versteht man darunter – und wie hilft dieser Beruf bei Ihrer Arbeit?

Als Psychoonkologin beschäftige ich mich mit den wissenschaftlich belegten psychologischen und sozialen Faktoren der Krebserkrankung über alle Phasen hinweg – von der Entstehung, Früherkennung, Diagnostik, Behandlung, Rehabilitation, und Nachsorge. Meine Aufgabe besteht darin, Menschen mit Krebs auf Basis dieser Erkenntnisse so zu unterstützen und zu beraten, dass sie mit den Folgen der Erkrankung im Alltag möglichst gut umgehen können. Hierbei betrachte ich Körper und Seele als Einheit. Denn die Wechselwirkung von seelischer Verfassung auf die körperliche Gesundheit oder den Behandlungserfolg sind unbestritten. Ich berate in diesem Kontext nicht nur die von der

Krankheit betroffenen Menschen, sondern beziehe auch die Angehörigen und das soziale Umfeld mit ein. Diese ganzheitliche Betrachtung ist meiner Meinung nach für den Behandlungserfolg von entscheidender Bedeutung.

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