Die einst mächtige Handelsmetropole an der Mündung der Warnow, die nach 1945 in Schutt und Asche lag, hat sich in den letzten Jahren wieder fein gemacht. Sie bezaubert mit Tradition und Hafenkolorit.

Wie ist es dieser alten Bekannten ergangen, seitdem ich sie nach dem Studium verlassen habe? Nun, die Hansestadt hat sich herausgeputzt, und der frische Seewind weht noch immer an der Warnow. Auf der Kröpeliner Straße, die vom Kröpeliner Tor zum Neuen Markt führt, strahlen hübsche Giebelhäuser in pastelligen Farben. Und das Hauptgebäude der Universität, das zwischen 1867 und 1870 im Stil der italienischen Neorenaissance errichtet wurde, zeigt sich in neuer Pracht.

Wie studiert es sich denn heute hier? "Sehr gut. Die Uni ist klein, die Atmosphäre persönlich", sagt der Medizinstudent Claas. Die "Universitas Rostochiensis", an der heute etwa 14 000 Studenten immatrikuliert sind, wurde bereits im Jahr 1419 gegründet, als erste Universität Nordeuropas. In jener Zeit gehörte die See- und Hafenstadt Rostock zu den einflussreichsten und reichsten Hansestädten. Bedeutende Bauten wie die dreischiffige Marienkirche, die Stadttore und das gotische Rathaus, das erst später einen barocken Vorbau erhielt, zeugen von dieser Epoche. Die Petrikirche entstand im 14. Jahrhundert. 1543 wurde ihr 127 Meter hoher Turm durch einen Blitz zerstört, was die wenigen Katholiken, die nach der Reformation in Rostock geblieben waren, als Strafe Gottes auffassten. 1578 wurde der Turm wieder aufgebaut - und 1942 ein zweites Mal durch Bomben zu Fall gebracht. Seit 1994 gibt es ihn wieder. 117 Meter ragt er empor. Der "Neue" hat in 45 Meter Höhe eine Aussichtsplattform, die über 195 enge Stufen oder mit einem Aufzug zu erreichen ist. Sie bietet einen weiten Blick auf die Warnow und über die ganze Stadt. Dort unten ruht der Stadthafen in sich. Hin und wieder ist ein Spaziergänger auf der Promenade anzutreffen. An der Pier hat Matthias sein Schiff liegen, er bietet einen Törn nach Warnemünde an und verdient sich so seinen Lebensunterhalt. Er ist kein Einheimischer. Wie er hierhergekommen ist? "Eine lange Geschichte", sagt er, will sich dann aber gegenüber der Reporterin nicht weiter äußern. Wahrscheinlich haben ihn die Utopien der Altlinken irgendwann ans Ufer der Warnow gespült. Nach dem Zustand des Schiffes zu urteilen, war es ein beschwerlicher Weg.

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Das seit 1323 zu Rostock gehörige Warnemünde hat sich mit seinem herrlich breiten Strand, der 530 Meter langen Westmole und dem neuen Yachthafen "Hohe Düne" an der Ostmole zu einem hübschen Seebad entwickelt. Geduckte Fischerhäuser entlang dem Alten Strom lassen das einstige Fischerdorf noch erahnen. Hier laden viele Cafés, urige Kneipen und kleine Geschäfte zum Verweilen ein, während an der Promenade eine moderne Bäderarchitektur mit schönen weißen Villen und Hotels zu bewundern ist. Als Wahrzeichen gilt der 1898 in Betrieb genommene Leuchtturm, auf dem heute noch ein Leuchtfeuer brennt. Besucher können ihn besteigen und die Weite des Meeres auf sich wirken lassen.

Seglern bietet dieser Teil der Ostsee ein hervorragendes Revier. Jedes Jahr im Juli findet hier die Warnemünder Woche statt, eine mehrtägige internationale Regatta. Und in der zweiten Augustwoche, wenn die Hanse Sail Hunderte Traditionssegler und Millionen Besucher in die Stadt lockt, herrscht Ausnahmezustand auf dem Wasser und in der Hansestadt Rostock. Für heute nun heißt es Abschied nehmen von der alten Bekannten, die die Weichen für meine Zukunft stellte, als ihre eigene noch ungewiss war.

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