Wer die Dominikanische Republik besucht und nur am Hotelstrand bleibt, verpasst die besten Seiten der grünen Karibikinsel.

Ganz einfache kleine Häuser, manche eher Hütten, dazwischen kleine Anbauflächen mit Auberginen, Orangen und verschiedenen Gemüsearten. Das Landleben in der Dominikanischen Republik erscheint auf den ersten Blick eher ärmlich, trotzdem begegnet einem die Bevölkerung in dem karibischen Inselstaat gut gelaunt und freundlich. Die Menschen genießen das Leben und scheinen doch alle auf der Suche nach einer Extraportion Glück zu sein. Denn auch in weit abgelegenen Siedlungen finden sich kleine Lotto-Annahmestellen. Landesweit werden täglich an die neun Millionen US-Dollar verspielt, zählt man alle möglichen Glücksspielarten zusammen.

Beginnt der Urlaub in der Dominikanischen Republik mit der Ankunft in der Hauptstadt Santo Domingo, so sollte man sich auch ein bis zwei Tage Zeit nehmen für diese Stadt, die seit 1990 Unesco-Weltkulturerbe ist. Beeindruckendes Zeugnis aus der Blütezeit der Insel ist das Wohnhaus von Diego Kolumbus, Sohn Christoph Kolumbus’. Er war von 1508 an Vizekönig in der neuen Welt und folgte auf den Statthalter ­Nicolás de Ovando, dessen Kolonialstilvilla heute ein Hotel ist. Es liegt an der Calle Las Damas, der ersten befestigten Straße und damals Flaniermeile der feinen Damen der Gesellschaft.

Ältere Männer sitzen vor einfachenCafés und genießen ihre Zigarren

Heute wird im gesamten Stadtgebiet flaniert, Jugendliche hören Musik, Künstler verkaufen Malereien und ältere Männer genießen ihre Zigarren vor Cafés. Schließlich ist die Zigarrenindustrie neben dem Tourismus ein sehr wichtiger Wirtschaftsfaktor des Landes. An die 30 Millionen Zigarren werden hier pro Jahr von etwa 300 Firmen produziert. Die Arbeit in einer Tabakfabrik ist anstrengend, aber wegen der guten Bezahlung beliebt – die singenden Arbeiter und Arbeiterinnen, die beim Drehen selbst eine qualmen, machen einen zufriedenen Eindruck.

Zwischen „schön“ und „schwierig“ liegt dagegen das Urteil der Besucher für den Monumentalbau Faro a Colón, wo angeblich die sterblichen Überreste von Christoph Kolumbus aufbewahrt werden. Das 240 lange, 40 Meter breite und 50 Meter hohe Gebäude in Form eines liegenden Kreuzes befindet sich im modernen Teil der Stadt. Aus Kostengründen bei Dunkelheit nur noch selten angestrahlt, zeigt das graue Beton-Ungetüm die wirtschaftlich bescheidene Lage ganz deutlich.

„All inclusive“ ist das touristische Zauberwort dieses Landes, das sich mit Haiti die Karibikinsel Hispaniola teilt. Jährlich an die vier Millionen Urlauber besuchen die riesigen Hotelkomplexe. Der Schwerpunkt dieser ausschweifenden Anlagen befindet sich an der Ost- und Südküste des Landes. Hier werden je nach Reisebudget alle Annehmlichkeiten geboten – bis hin zur Plastikblume auf dem Zimmer, damit kein summendes Tierchen die Nachtruhe der Gäste stört.

Doch viel mehr als Sonne und Strand erlebt der Gast, wenn er sich ­abseits der Touristenströme einquartiert, wie zum Beispiel im kleinen Hotel Altos de Caño Hondo am Nationalpark Los Haitises. Schon auf dem Wasserweg von der im Norden liegenden Halbinsel Samaná zur anderen Seite der großen Bucht tanzen um das kleine Schiff Delfine, als würden sie alle neuen Besucher in ihrem Reich begrüßen. Kaum sind sie abgedreht, zeigen ­Pelikane und Fregattvögel den Besuchern ihre Heimat. Dann bahnt sich das Schiff einen Weg durch einen Man­grovenwald, die kleine Wasserstraße ist kaum zu sehen, und doch öffnet sich hinter jeder Biegung wieder ein neuer Seitenarm.

254 Vogelarten gibt es auf der Insel – das bedeutet Sattsehen und -hören

Hier im Norden hat sich der Architekt Tony de Leon einen Traum erschaffen und das kleine Hotel im Einklang mit der Natur geschaffen. Naturhölzer für Mobiliar, Geländer und Bal­kone, Leuchten und Dekorationen aus Muscheln, Samen und andere Naturprodukte findet man in der Einrichtung. Im Bad vermeiden große Blätterabdrücke im farbigen Estrich die Rutschgefahr – alles in allem ein individueller, verschachtelter Bau, der sich wie ein Schwalbennest an den Berg drückt.

Abends beim Essen im offenen Speisesaal schweift der Blick über den Mangrovenwald. Alle Vögel, scheint es, sind neugierig und haben sich etwas zu erzählen – auch hier bedeutet „all inclusive“ eben weit mehr. In diesem kleinen Teil der Welt soll es an die 254 Vogelarten geben. Grund dafür mag der strenge Schutz der Wälder sein, denn im Gegensatz zum Nachbarstaat Haiti wird in der Domini­kanischen Republik viel Wert auf eine intakte Umwelt gelegt – mit Erfolg. Vielleicht dient auch dazu teilweise die Überwachung, denn ob im Inneren des Landes oder am Strand, überall werden Touristen bei ihren Ausflügen von Polizisten oder Soldaten begleitet, die aber trotz Uniform auf ihren kleinen Pferdchen eher einen harmlosen Eindruck machen.

Interessant ist auch ein Ausflug zu einem der kleinen Bauernhöfe. Hier bekommen Besucher einen Einblick in den Anbau mancher Früchte, können sich am Öffnen einer Kokosnuss versuchen oder mit viel Einsatz im Mörser ­Samen und Körner zerkleinern. Sofern es möglich ist, versorgt sich die Landbevölkerung mit Produkten wie Gemüse, Bananen, Zucker, Kaffee, Kakao, Tabak oder Kokos. Dazu werden Ziegen, Kühe und Schweine gehalten.

Viele Hotels bieten organisierte Ausflüge ins Landesinnere, sei es zu den Wasserfällen Baiguate und Jimenoa, die nur über Hängebrücken zu erreichen sind, auf den 333 Meter hohen Berg Redonda mit Blick über die grüne Küste oder eine Bootsfahrt über die Lagune ­Limon. Spätestens da versteht der Gast, warum Christoph Kolumbus hier das Gefühl überkam, er habe das Paradies entdeckt.