Berlin (dpa/tmn). Für die Fahrgastrechte auf der Schiene tritt in Kürze eine neue EU-Verordnung in Kraft. Verbraucherschützer fürchten, dass Kunden dadurch schlechter gestellt werden. Die Bahn beschwichtigt.

Bei Verspätungen und Zugausfällen in Folge „gewöhnlicher Unwetter“ können Fahrgäste der Deutschen Bahn auch nach Inkrafttreten neuer EU-Regeln ab 7. Juni auf Entschädigungen pochen. Etwa, wenn eine Sommergewitterfront für Probleme auf der Schiene sorgt. Das hat Stefanie Berk, Marketing-Vorständin bei der DB Fernverkehr AG, klargestellt.

Hintergrund: In der neuen EU-Bahngastrechte-Verordnung werden - anders als bisher - außergewöhnliche Umstände aufgezählt, bei denen Bahnunternehmen Entschädigungsansprüche von Reisenden ablehnen können - dazu zählt etwa, wenn „extreme Witterungsbedingungen“ oder „große Naturkatastrophen“ die Verspätungen und Ausfälle verursacht haben.

„Gewöhnliche Unwetter sind explizit ausgenommen“, sagte Berk mit Blick auf die Novelle und nannte als Beispiel eine Gewitterfront im Sommer. Ein Beispiel für ein außergewöhnliches Naturereignis im Sinne der EU-Regeln wäre indes die Jahrhundertflut im Ahrtal im Sommer 2021 gewesen. Wobei man in solchen Fällen auch künftig kulante Regelungen treffen und dem Kunden entgegenkommen wolle.

Fälle, wo die Deutsche Bahn künftig nicht mehr entschädigen wird, seien Kabeldiebstähle, Notfälle im Zug oder Personen im Gleis, die ebenfalls in der neuen EU-Verordnung genannt werden. Solche Szenarien machen laut Berk aber nur einen verschwindend geringen Anteil der Fahrgastrechte-Fälle aus, die bei der Deutschen Bahn landen.

Entschädigungen stehen oft weiter zu - andere Rechte sowieso

Die meisten Fälle, in denen Entschädigungen wegen Verspätungen oder Zugausfällen beantragt werden, seien demnach auf Probleme in der Infrastruktur zurückzuführen, vor allem auf Baustellen. Hier können Kundinnen und Kunden auch künftig ihre Rechte auf Entschädigungen geltend machen. Gleiches gilt für Probleme infolge von Bahnpersonal-Streiks.

In solchen und anderen Fällen, die nicht von außergewöhnlichen Umständen verursacht wurden, steht Fahrgästen bei Verspätungen ab 60 bis 119 Minuten eine Entschädigungszahlung in Höhe von 25 Prozent des Fahrkartenpreises zu. Ist der Zug zwei Stunden oder mehr zu spät, sind es 50 Prozent.

Wichtig zu wissen: Weitere Fahrgastrechte bleiben von der Frage, ob außergewöhnliche Umstände vorliegen, unberührt.

Zum Beispiel, dass das Bahnunternehmen bei einer erwartbaren Ankunftsverspätung von einer Stunde oder mehr versuchen muss, die Weiterreise auf anderem Weg zu organisieren, oder dass man sich den Preis dann komplett erstatten lassen kann.

Wie wirkt sich die neue Verordnung nun aus?

Verbraucherschützer sehen Teile der neu gefassten Verordnung kritisch. Eine Befürchtung: Bahnunternehmen würden die Formulierung „extremes Wetter“ nun häufiger nutzen, um Forderungen der Kunden mit Verweis auf außergewöhnliche Umstände abzulehnen.

Bei der Deutschen Bahn schätzt man das anders sein. „So wie wir die neue Novelle umsetzen werden, werden sich die Neuerungen für die allermeisten Kundinnen und Kunden nicht auswirken“, sagte Berk.

Kulanz bei Fristversäumnis angekündigt

Sie kündigte auch an, dass die Deutsche Bahn die Frist für das Einreichen der Anträge weiterhin großzügig halten wird. Die neuen EU-Regeln sehen vor, dass man drei Monate nach dem Vorfall spätestens die Beschwerde einreichen muss. „Wir werden auch danach noch Anträge annehmen“, sagte Berk. Im Zweifel gelte hier die bisher bei der Deutschen Bahn angewendete Frist von einem Jahr weiterhin.

In der Praxis ist das ohnehin selten ein Thema, wenn man Berk folgt: „Schon heute werden 97 Prozent aller Anträge binnen 90 Tagen eingereicht.“

Bei der Deutschen Bahn lässt sich die Beschwerde für Tickets, die über ein Kundenkonto gekauft wurden, online auf „Bahn.de“ oder in der „DB-Navigator“-App anstoßen.

Oder: Man füllt ein Fahrgastrechte-Formular aus und schickt es per Post an das Servicecenter Fahrgastrechte in 60647 Frankfurt/Main. Teils gibt es Entschädigungen auch direkt beim DB-Reisezentrum.