Wer heutzutage öfter mit dem Flugzeug verreist, dem drängen sich mehrere Fragen auf. Eines der vielen, bis heute nicht beantworteten Rätsel lautet: Warum dauert das Ein- und Aussteigen in einem voll besetzten Jet gefühlt genauso lange wie der eigentliche Flug (Langstrecken-Verbindungen ausgenommen)?

    Dieses Ärgernis kommt wohl durch eine unglückliche Verkettung mehrerer Faktoren zustande. Faktor 1 ist die wachsende Liebe der meisten Passagiere zu überbordendem Handgepäck, die durch den Faktor 2 (teure Extra-Gebühren für Gepäckstücke) im Zusammenspiel mit dem Faktor 3 (Verknappung des Frachtraums zugunsten des lukrativeren Gütertransports seitens der Airlines) hervorgerufen wird. Nicht zu vergessen ist Faktor 4 – die zunehmenden Verluste beim Gepäcktransport.

    Da nützen auch die cleversten Boarding-Regeln nichts: Schon nach wenigen Metern stauen sich die Passagiere Nummer 41 bis Nummer XY, weil die Gepäckfächer durch die Passagiere 1 bis 40 bereits voll belegt sind. Besonders beliebt: Sorgfältig zusammengelegte Kleidungsstücke werden extra raumgreifend neben dem eigenen Handgepäckstück abgelegt, damit ja niemand anderes auf die Idee kommen könnte, dieses Gepäckfach mitzubenutzen. Die Folge hiervon sind Völkerwanderungen an Bord, wenn etwa Platz 3C seinen Handkoffer über dem Fach der Sitzreihe 12 verstauen muss, was den später hinzugestiegenen Passagier von 12B dazu verdonnert, auf das Fach über Sitzreihe 27 auszuweichen.

    Erstaunlich, dass die Wartezeit so gut wie nie dazu genutzt wird, sich schon mal elegant seines dicken Mantels zu entledigen, um dann so rasch wie möglich den Mitreisenden Platz auf dem Gang zu verschaffen. Soziale Vielflieger reisen deshalb neuerdings ohne eigenes Handgepäck über ihren Köpfen. Sie müssen allerdings auf gutes Karma hoffen – auf den Hauptgewinn beim Koffer-Roulette nach der Landung. Auf ihr Gepäckstück.