Mehr Fahrten, mehr Sitzplätze: Doch komfortable Schlaf- und Liegewagen haben nur die Mitbewerber

    Nachts reisen, morgens am Ziel sein: Obwohl die Bahn die klassischen Schlafwagen („City Night Line“) Ende 2016 aufgegeben hat, reisen immer noch viele nachts quer durch Deutschland und ­darüber hinaus. Weil die Bahn nach eigenen Angaben mit der Auslastung der Nacht-IC und -ICE zufrieden ist, weitet sie mit Beginn des Winterfahrplans (9. Dezember) das Angebot aus.

    Eine Sprecherin der DB-Konzernzentrale in Berlin bestätigte unserer Redaktion, dass im nächsten Jahr 100 ­zusätzliche Fahrten mit dem Nacht-ICE auf der beliebten Strecke von München über Stuttgart, Frankfurt und Leipzig nach Berlin vorgesehen sind. Künftig kann man auch in der Nacht von Freitag auf Sonnabend unterwegs sein (bisher nur Sonntag auf Montag). Zwischen ­Ostern und den Herbstferien gibt es ein tägliches Angebot (bisher nur Juni bis September).

    Außerdem wechselt die Bahn die Züge: Statt ICE T ist der ICE 1 unterwegs, das schafft 300 Sitzplätze zusätzlich. „Die Nachfrageentwicklung ist positiv“, heißt es, „deshalb weiten wir das Angebot auf den Hauptachsen punktuell weiter aus.“ Es gelten die bahnüblichen Preise.

    Investiert wird vorrangig in den Tagesverkehr der Bahn

    Beliebte Strecken sind beispielsweise München–Hamburg oder München–Dortmund/Essen (ICE 618). Doch selbst dort, wo viele Nachtpassagiere unterwegs sind, will die Bahn nicht in bequeme Liegesessel investieren. Man habe trotz Sanierungsbemühungen jahrelang nur Verluste im Nachtzug­geschäft gemacht. Da sich nötige Investitionen nicht aus diesem „Nischengeschäft“ heraus erwirtschaften ließen, konzentriere sich die DB auf den Tagesverkehr. Und für die 2015 vorgestellte Fernverkehrsoffensive benötige man immerhin rund zwölf Milliarden Euro. Zum Vergleich: 2016 machten die 1,3 Millionen Nachtzugreisenden nur ein Prozent der Bahnnutzer aus.

    Die Passagiere der Nachtzüge müssen also weiterhin mit mehr oder weniger gekrümmten Rücken in den üblichen Sitzen kauern. Inzwischen hat die Bahn jedoch Handlungsbedarf erkannt und plant in Auswertung einer Marktforschungsstudie „ergänzende Serviceelemente“. Details zu den Veränderungen sind nicht bekannt.

    Mancher Passagier ist vom grellen Licht und Durchsagen genervt. Wie weit das Licht zukünftig gedimmt werden kann, hängt laut Bahn von „technischen Restriktionen und Sicherheitsaspekten“ ab. Der Fahrgastverband Pro Bahn verweist in diesem Zusammenhang auf den ICE 4, wo sich die Beleuchtung anpassen lasse. „Wir begrüßen grundsätzlich die Ausweitung des Angebots“, so Pro-Bahn-Sprecher Karl-Peter Naumann, „klassische Nachtzüge werden dadurch aber nicht ersetzt.“

    Außer dem Komfort spielt die Frage der Sicherheit eine Rolle für potenzielle Nutzer. So ist der Nacht-ICE von Köln über Düsseldorf ins Ruhrgebiet laut zugreiseblog.de für Diebstähle berüchtigt, da die Kriminellen durch kurze Halteabstände schnell ein- und aussteigen können. Eine Bahnsprecherin sagt dazu: „Wir sensibilisieren unsere Fahrgäste für mögliche Risiken durch entsprechende Ansagen. In einigen Zügen sind Sicherheitskräfte der DB im Einsatz.“ Dabei gehe es vor allem um die Beobachtung von auffälligem Verhalten – sowohl während der Fahrt als auch beim Halt auf Unterwegsbahnhöfen. Um das Gepäck in deutschen Nachtzügen besser zu sichern, schlägt der Fahrgastverband Pro Bahn vor, Abteile einzurichten, in denen Passagiere ihr Gepäck bei DB-Mitarbeitern aufgeben könnten.

    Die Bahn ist in Sachen Nachtgeschäft unter Zugzwang. Zwar will man das defizitäre Geschäft nicht weiter ­vorantreiben, andererseits zeigen Mitbewerber, was geht. So hat Flixtrain in diesem Jahr einen Nachtzug Hamburg/Hannover–Freiburg/Lörrach an den Start gebracht (jeweils freitags und sonntags, im Sommer öfter). Tickets kosten ab 29,99 Euro – im Liegewagen.

    Das Nachtgeschäft ins Ausland überlässt die Deutsche Bahn Partnern wie dem russischen Unternehmen RZD nach Russland und Frankreich, HZPP nach Kroatien oder MAV-Start nach Österreich und Ungarn. Umfangreich ist vor allem das „Nightjet“-Angebot der Österreichischen Bundesbahn (ÖBB). Von Hamburg über Hannover, Freiburg und Basel nach Zürich oder von Hamburg über Hannover, Passau, Linz nach Wien ab je 29 Euro – das sind nur zwei von zahlreichen Strecken in Europa.

    Die Nachbarn aus Wien investieren gerade kräftig in neue, komfortable Schlaf- und Liegewagen – mit schickem Design und kostenlosem Wlan.