Fotografieren auf Reisen ist, seitdem Fotoapparate Einzug in deutsche Haushalte gemacht haben, ein beliebtes Hobby. Man konnte zeigen, wo man war, und hatte dazu noch schöne papierne Erinnerungen von der Familie.

    Jahrzehnte später reisen wir immer noch – und wie! Wir knipsen mit unseren Smartphones an einem Tag zuweilen 100-mal so viele Fotos wie unsere Eltern während ihres gesamten zweiwöchigen Urlaubs in Rimini. Und wir filmen alles, was wir im Urlaub tun. Noch toller ist, dass wir unsere Schnappschüsse und Kurzfilme über die sozialen Netzwerke wie Instagram oder Youtube in Echtzeit in die ganze Welt hinaus verbreiten können, und je mehr Likes und Aufrufe für ein gepostetes Motiv oder ein Video vergeben werden, desto mehr schwillt die Brust.

    Doch weil Menschen sich bekanntlich gegenseitig übertrumpfen wollen, ist zunehmend adrenalinreiche Selbstdarstellung gefragt. Also „Vati kentert mit Tretboot“ statt „Vati mit Eistüte im Tretboot“, „Kopfstand auf dem Preikestolen“ (Norwegen) oder „Balancieren auf einer Eisenbahnbrücke in den Rocky Mountains“ (USA). In 90 Meter Höhe, in Flip-Flops und ohne Seil.

    Das Netz quillt geradezu über von lebensgefährlichen Stunts. Doch sollten wir uns angesichts der zahlreichen Meldungen über tödlich geendete Urlaubs-Selfies in den vergangenen Wochen nicht darüber Gedanken machen, ob wir unsere amateurhaften Stuntqualitäten auf unseren Trips zu immer abenteuerlicheren Zielen vielleicht überschätzen? Ob es wirklich sinnvoll ist, die Wahnsinnsideen durchtrainierter Profi-Reiseblogger nachzuahmen? Um dann im Extremfall dasselbe traurige Schicksal der drei jungen Youtuber des „High on Life“-Reiseportals zu teilen, die gerade erst an den Shannon Falls bei Vancouver (Kanada) bei einer waghalsigen Kletterpartie abrutschten und starben. Coole Spaß-Selfies? Ja klar. Aber dafür dumme und lebensgefährliche Aktionen? Nein!