Auch in der Hochsaison können Urlauber dem Massentourismus am oberitalienischen Gewässer entfliehen

    Ob Landschaft, Kultur, Küche oder Wein: Am Gardasee ist alles üppig und in Spitzenqualität vorhanden. Kein Wunder, dass von Ostern bis zum späten Herbst Urlauber aus der ganzen Welt anreisen und sich nach einem sonnenreichen Tag durch die Gassen von Malcesine oder Sirmione schieben. Doch auch in der Hochsaison lässt sich das besondere Naturereignis erleben oder ein ruhiger Platz am Strand finden, sogar am besonders lebhaften Ostufer – vorausgesetzt, man hält die Augen offen und verhält sich antizyklisch zum touristischen Tagesablauf.

    In Lazise beginnt das Idyll im Hinterland

    Zum Beispiel in Lazise. Scaligerburg, Stadtmauer und Hafen prägen den lebhaften Ort, der vor allem bei Campern beliebt ist. Das Idyll beginnt einen ­Kilometer im Hinterland, hinter dem immer vollen Discounter: Angenehme fünf ­Kilometer lang geht es durch Oliven­haine und Weinberge vorbei an Bauernhöfen, linker Hand den See immer wieder im Blick, rechts erstreckt sich das Monte-Baldo-Massiv. Wie durch Watte dringen die Restgeräusche des touristischen Treibens nach oben. Der Weg Richtung Norden endet an einer Plattform mit schöner Aussicht über See und Gebirge. Durch Wohn­gebiete und über den Friedhof geht es nun bergab zurück ins Gewimmel der Stadt. (Start: Lazise, Via della Scala/Ecke ­Località Mondragon di Sotto.)

    Lazise ist übrigens bestens geeignet, um die touristischen Hotspots des Ostufers abzuklappern. Das kann auch im Hochsommer gelingen, etwa wenn man das Frühstück ausfallen lässt, das Auto frühmorgens vor acht Uhr an der Stadtmauer parkt (dann ist es noch erlaubt) und in eines der vielen Cafès hüpft. Schnell einen Espresso im Stehen an der Bar für einen Euro. Dann geht es über die noch leere Gardesana etwa 35 Kilometer lang über Bardolino, Garda und Torri del Benaco bis zur Seilbahn in Malcesine. Wer später fährt, riskiert, dass der Ausflug am Stau und an der langen Schlange vor der Seilbahn scheitert.

    Oben ist es schön frisch, die Aussicht auf See und Alpen nimmt jedem Urlauber den Atem. Am Ende des breiten Bergkamms beginnt ein aufregender Wanderweg: der Sentiero del ventrar. Hier, wo alpines auf mediterranes Klima trifft, ist die Vegetation mit Giftschlangen, seltenen Pflanzen und Vögeln besonders üppig. Nun geht es durch Schluchten, vorbei an kargen Felsen, den blauen See und den Himmel im Blick. Immer wieder tun sich Abgründe auf, die mit Stahlseilen gesichert werden. Dabei ist der schmale Weg ist nicht schwer zu laufen, vorausgesetzt, der Wanderer ist schwindelfrei und einigermaßen trainiert. (360gardalife.com/de/sport/306/sentiero-del-ventrar)

    Wasserfälle und kühle Grotten im Valpolicella

    Auf dem Rückweg nach Lazise lockt der Miniort Punta San Vigilio. Nirgendwo kann man so schön in der Nachmittagssonne sitzen wie in der kleinen Hafenbar. Das lässt sich der Besitzer allerdings auch gut bezahlen. Direkt daneben liegt das schönste Strandbad des Ostufers, der Parco Baia delle Sirene: Ein weites Gelände mit Wiesen, Olivenhainen und einem herrlichen Kieselstrand, der den Schwimmer herausfordert, denn hier geht es kristallklar metertief hinunter. Nach 15 Uhr ermäßigt sich der Eintritt von 13 Euro auf fünf Euro. Richtig voll ist es nie, am Abend wird es einsam. (www.gardasee.de/ausflugsziele/baiadellesirenespiaggia)

    Der nächste Ausflug führt ins Valpolicella-Hinterland. Ein Naturschauspiel bietet der Wasserfallpark in Molina. Schon die Anfahrt macht Spaß: Es geht durch ein dicht bewaldetes Tal, bis die Serpentinen nach Molina be­ginnen. Das Auto bleibt am Ortseingang, dann folgt eine kleine Wanderung zum ­Eingang. In dem 80.000 Quadratmeter großen Park ist es herrlich kühl und schattig, die Luft wird von den Wasser­fällen befeuchtet, es locken Grotten und Höhlen. (www.parcodelle­cascate.it/deu_parco.php)

    Eine Auszeit ist auch im Parco Giardino Sigurtà möglich. 60 Hektar groß ist der Landschaftspark bei Valeggio sul Mincio, einem malerischen Ort 20 Kilometer südlich von Lazise. Die Anlage ist Bäumen, Sträuchern und Blumen gewidmet. Die Geschichte des Parks reicht ins 15. Jahrhundert zurück – kein Wunder, dass der älteste Baum eine 400-jährige Eiche ist. Den ganzen Sommer über blühen 30.000 Rosen, hinzu kommen 18 Wasserflächen, ein Schlösschen, ein Irrgarten und Aussichtspunkte auf den Gardasee und Valeggio. Am Eingang können Fahrräder gemietet werden.

    Ein Tipp zum Essen und Trinken: Ein paar Kilometer im Hinterland, etwa im Valpolicella, finden sich Restaurants und Trattorien mit wirklichen Könnern am Herd sowie historische Weingüter. Zu empfehlen ist etwa das Risotto all’Amarone, die Forelle vom Holzkohlegrill, die hausgemachten Orecchiette und der Schinken auf der Vorspeisenplatte, der auf der Zunge zergeht. (www.gardasee.de/valpolicella)