Pamplona. In der nordspanischen Region Navarra haben feine Lebensmittel wie Trüffel, Wein, Öl und Schinken kurze Wege. Erkundungen um Pamplona.

Für dieses Spektakel ist Pamplona weltberühmt: Männer und Kampfstiere hetzen bei dem Fest des heiligen Fermín durch die engen Gassen. Eine Woche im Juli. Dagegen ist die Hauptstadt Na­varras im übrigen Jahr entschieden ungefährlich und leutselig.

Abends füllen sich die Gassen mit angenehm Beschwipsten, die erste Essensgelüste mit einem Glas Wein und einem Pincho stillen, das im restlichen Spanien als Tapas verzehrt wird. Auf den Glastheken stapeln sich Häppchen, die über die Darreichungsform Holzspieß-durch-Käse-Schinken-Salat-Sandwich weit hinausgewachsen sind. Jedes Jahr wetteifert die Gastronomie um ­Medaillen für die verwegenste Kreation.

So errang beispielsweise die Bar ­Baserri Berri Gold für „Pincho bOOm Veja“, ein schwarzes Bömbchen, aus dem flüssiger Stickstoff quillt, unter dem sich ein getrüffeltes Lammklößchen verbirgt. Das Restaurant Iruña­zarra richtet drei knusprige Näpfchen mit Pilzen und grünem Gelee auf Kiefernzapfen an; Gruß aus dem Wald.

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    Restaurant-Chef baut Zutaten selber an

    Tatsächlich haben es die feinen Sachen nicht weit von der Scholle bis auf den Tisch. Die Region Navarra ist nur 160 mal 120 Kilometer groß. Damit gleicht eine kulinarische Erkundung einem Pincho-Spieß, der die Köstlichkeiten auf kurzer Distanz durchdringt und zusammenhält.

    In Tudela kultiviert Santiago „Santi“ Cordon, Chef des Restaurants ­Trinquete, sein Ländchen in der Biegung des Ebro. Artischocken, Gemüsekardonen, Zwiebeln, Bohnen und Borretsch, die dort organisch und un­gestüm neben­einander sprießen, verfeinert er in der Küche. „Ich pflanze im November und warte ab“, erzählt Santiago. „Es wächst alles von selbst“ – auch das Unkraut.

    Hier wird gern Traditionelles wie Eintopf gekocht

    Sein Nachbar Alfonso Perez (79) ist ein Gärtner alter Schule. „Santis System ist unmöglich“, sagt er grinsend, „aber von ihm habe ich mir abgeguckt, Lavendel und Ringelblumen für die Bienen zu pflanzen.“ Alfonso erntet Oliven, Mandeln, Feigen, Aprikosen, Mispeln, ­Spargel und Erbsen, beschäftigt drei Katzen gegen allerlei Getier und sammelt im Stall die Eier von elf braunen Hennen ein.

    Wer soll das alles essen? Nun, seine große Familie und manchmal auch die Gäste des Trinquete. Im Hof hat er einen offenen Herd gemauert. Der Sternekoch Ferran Adriá, ein Freund der ­Familie, habe hier schon mit ihnen gekocht. Nichts Molekulares, sondern ­den traditionellen spanischen Eintopf Menestra mit Artischocken, Mangold, Bohnen und Schinken. Ferran sei sehr am Gemüseanbau interessiert. „Möchtet ihr ein paar Salatherzen auf den Weg? Ganz frisch . . . Guten Appetit.“

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      Orangenscheiben mit dunkler Schokolade – und ein Schuss Olivenöl

      Vor der Finca der Olivenpresse ­Trujal Artajo bei Fontellas steht ein 500 Jahre alter Ölbaum mit einer prachtvollen Sturmfrisur als Krone. Der Veteran ziert auch die Flascheneti­ketten, aber im wirklichen Leben darf sich bei Francisco Urzais Sevilla kein Baum mehr so unbeherrscht ausbreiten. Damit seine Oliven sich nicht gegenseitig verschatten, zieht er sie wie Reben am Spalier: 250.000 junge Bäume, eine Landschaft aus breit gekämmten grausilbrigen Zeilen. Anders als beim Wein ist beim Öl Schnelligkeit Gebot.

      „Am besten sind Oliven gleich nach der Ernte“, sagt der Chef. „Um die Frische der ersten Stunde zu bewahren, verarbeiten wir sie gleich vor Ort“ – elf Sorten bio und virgen extra. Sie duften und schmecken nach Nüssen oder Tomatenblättern, Bananen oder Trüffeln. Francisco gießt Öl über Orangenscheiben mit dunkler, geraspelter Schoko­lade: Zitrus, Schoko, grünes Gras, so einfach und so köstlich.

      Traditionelles Schäferfrühstück in der Agrotienda

      Lebhaft wird es in Ujué nur, wenn Pilger Santa Maria besuchen. Wie ein Mantel breitet sich das halb verlassene Dorf um die mittelalterliche Festungskirche auf der Bergspitze, Mauer an Mauer ungefugter Stein. Rundum geht der Blick über Täler, in denen sich Felder in die Hügelkonturen schmiegen. Wie eine Tüte ausgestreuter Erdnüsse sprenkeln Schafe den Hang. Durch die große Stille dringt das ferne Läuten ihrer Glocken.

      In Ujué betreiben der Bäcker José Manuel Urrutia und seine Frau Juana eine Agrotienda: eine kleine Kuchen­fabrik, einen Laden für die Produkte der Region und ein Restaurant. Wir essen Migas de Pastor, ein traditionelles Schäferfrühstück aus fein geschnitzeltem Weißbrot, das José in der Pfanne mit Schmalz, Knoblauch, Tomaten und Schinken brät. Am Tresen steht ein wirklicher Schäfer im Overall und trinkt einen Schnaps. Eine Portion Migas vielleicht? Nein, danke. Brotkrümel habe er in seinem Leben genug gegessen. Er ­ziehe einen Hamburger vor.

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        Neun Jahre bis zur Trüffel-Ernte

        Chencho Zugasti hat am Fuß der Sierra de Lokiz auf abgewirtschafteten Getreidefeldern 4000 Ilex-Setzlinge in den steinigen Boden gepflanzt. Das Substrat zur Anzucht wurde mit einer Prise von in Wasser gelösten, zentri­fugierten schwarzen Trüffeln geimpft.

        Neun Jahre später erntet Chencho in der Saison von Dezember bis Februar wöchentlich 400 Kilogramm der „schwarzen Diamanten“. Bei Metauten hat er dem edlen Pilz sogar ein eigenes Museo de la Trufa eingerichtet und zwei Golden Retriever, die aus dem Tierheim stammen, zu Trüffelhunden erzogen. Allerdings fehlt es den beiden noch an Arbeitsethos, denn im Ilexwäldchen toben sie lieber herum. Es ist Chencho, der am Fuß der Bäumchen scharrt und die Erde prüfend unter die eigene Nase hält.

        Aus alten Reben wird aromatischer Wein gekeltert

        Im Museum bindet er sich eine Schürze um und brät für jeden Besucher ein Spiegelei, über das er großzügig ­seine gesammelte Beute spänt. Dazu gibt es Baguette und ein Glas Tempranillo. Draußen wandern Wolkenschatten über die helle Sierra. Drinnen bahnt sich ein leichtes Vormittagsräuschlein an. Zeit für den Hauptgang.

        Als sich der Gastronom José Ignacio Jauregui 2001 auf die Zucht und Verarbeitung des baskischen Landschweins besann, war diese alte Rasse fast aus­gestorben. Heute hält er insgesamt 400 der Tiere auf den Koppeln im Pyrenäen-Vorland. Da ihr Schweineleben ein ­ganzes Jahr währt und recht erfüllt ist – mit Herumgaloppieren, Suhlen und gesegnet mit köstlichen Eicheln, Kastanien, Haselnüssen, Würmern und Pilzen –, schmeckt das Pío Negro, wie José es in seinem Restaurant Maskarada in Lekunberri als Filet und luftgetrockneten Schinken serviert, so zart und würzig, dass selbst Vegetarier bereits kurzzeitig konvertiert sind.

        Aus alten Reben keltert Gonzalo Celayeta Escudero neuen Wein. Vor vier Jahren begann der junge Winzer aus Olite Weinberge in unwegsamen Lagen zu pachten, die in Gefahr waren zu verwildern. Auf einigen wachsen die Stöcke traditionell als knorrige Nester, die im Frühjahr zu Büschen austreiben. Mit dem Jeep wanken wir durchs Macchia-Gestrüpp in die Berge, wo drei Männer dabei sind, 30 Jahre alte Rebzeilen zu schneiden. Gonzalo hat Gläser und einen roten Garnacha mitgebracht.

        „Das ist das Besondere“, erklärt er beim Einschenken, „dieser Kräuterduft, Rosmarin, Thymian, Artemisia, Wacholder – das teilt sich alles dem Terroir mit. Und deshalb schmeckt unser Wein aus Navarra wie kein anderer.“

        Tipps & Informationen

        Anreise z. B. ab Berlin oder Hamburg mit Lufthansa über Frankfurt nach Pamplona oder mit Vueling beziehungsweise Iberia nonstop nach Bilbao. Von beiden Flughäfen geht es mit dem Mietwagen weiter ins Pyrenäen-Vorland.

        Übernachtung z. B. in Pamplona im Palacio Guendulain, Calle de Zapatería, DZ ab 173 Euro, Tel. 0034/948/22 55 22, www.palacioguendulain.com

        Essen und Trinken Bar Baserri Berri, Pamplona, www.baserriberri.com – Restaurant Iruña­zarra, Pamplona, www.irunazarra.com – Restaurant Trinquete, Tudela, www.trinquete.es – Trujal Artajo, Finca Los Llanos A-68, Fontellas, www.artajo.es – Agrotienda Urrutia, Ujué – Restaurant Maskarada, Lekunberri, www.maskaradadenda.com – Unsi, Weinproben, Rúa Alcalde Maillata s/n, Olite, www.unsiwines.com – Trüffelmuseum, Museo de la Trufa, Metauten, www.museodelatrufa.com

        (Die Reise erfolgte mit Unterstützung durch Turismo Navarra.)