Türkei schwierig, Griechenland zu voll? Die geteilte Insel kann in Sachen Kultur und vor allem bei Essen und Stränden mithalten

    340 Sonnentage, 28 Grad Wassertemperatur im August, dazu mediterranes Flair: Erstaunlich, dass Zypern bei der Urlaubsplanung hierzulande nur eine Nebenrolle spielt. Gerade mal 200.000 Deutsche kamen im vergangenen Jahr auf die nach Sizilien und Sardinien mit 9251 Quadratkilometern drittgrößte Mittelmeer-Insel. Wem derzeit die Türkei aus politischen Gründen fernliegt und das boomende Griechenland zu voll ist, sollte einen Blick auf das Ziel im öst­lichen Mittelmeer wagen.

    1960 erlangte Zypern seine Unabhängigkeit vom Vereinigten Königreich. Seit 1974 ist die Insel geteilt, nachdem die Türkei das Land besetzt hatte. Die türkischen Invasoren leben im Norden, im größeren südlichen Teil die griechischen Zyprioten. Seit 2004 gehört der Süden, die Republik Zypern, zur Europäischen Union. Seit 2008 gibt es dort auch den Euro, was das Reisen komfortabel macht.

    Studentenstadt Limassol lockt mit einer bunten Szene

    Ankunft in Fikardou: In dem Dörfchen haben sich schon vor 1500 Jahren Menschen vor ihren Feinden versteckt. Heute liegt es verlassen in den Bergen. Die Häuser aus dem 18. Jahrhundert wurden restauriert und zum Nationaldenkmal erklärt. Ein Spaziergang zwischen den rot bedachten, niedrigen Steingebäuden gibt den Besuchern eine Ahnung vom harten Leben in malerischer Umgebung, in der Ferne glänzt die weiße Gischt des blitzblauen Meeres. Auf der Rückfahrt erleben wir Zyperns grüne Seite. Im Landesinneren liegen dichte Wälder, das Troodos-Gebirge ist ideal zum Wandern. Im Winter ist hier sogar Skilaufen möglich. Es gibt sechs Skilifte und zahlreiche kleine Hotels.

    Nach einer kurvenreichen Fahrt erreicht die Gruppe wieder die Küste – mit Stränden, die einen Vergleich zu Griechenland und Türkei nicht scheuen müssen. Die mehr als 600 Kilometer lange Küstenlinie bietet ausgedehnte Sand- und Kieselstrände, aber auch kleine, ­einsame Buchten. Laut EU-Kommission finden Urlauber rund um Zypern das sauberste Wasser. Offiziell wurde der Insel der Titel „Sauberste Badegewässer Europas“ verliehen. 99 Prozent der Badestellen haben eine exzellente Qualität. Kein Wunder, dass schon die Liebesgöttin Aphrodite der Sage nach bei Paphos im Südosten dem saphirblauen Meer entstiegen sein soll.

    Als einer der schönsten Strand­abschnitte gilt die Pissouri Bay zwischen Limassol und Paphos. Feiner Sand und ruhiges Meer – hier fühlen sich Eltern mit kleinen Kindern wohl. Es gibt Wassersportmöglichkeiten und ein Beachvolleyballfeld. Für Taucher bietet sich der Santa Barbara Beach bei Agios Tychonas nahe Limassol an, wo sich Sand und Felsen abwechseln. Das ehemalige Fischerdorf Agia Napa im Osten der Insel gilt als der bekannteste Badeort ­Zyperns mit einer großen Auswahl an Hotels, Bars und Restaurants. Viele Jahre lang beherrschten junge Leute die Szene, doch mehr und mehr kommen Familien. Die Preise für Unterkünfte gelten als moderat, in der Nebensaison gibt es Nachlässe bis zu 40 Prozent.

    In der Studentenstadt Limassol an der Südküste treffen Geschichte und Neuzeit aufeinander. Sie ist seit der Steinzeit besiedelt und eng mit dem Dritten Kreuzzug verbunden. Richard Löwenherz, König von England, reiste von hier 1191 ins Heilige Land. Heute ist ­Limassol modern geprägt, mit Bars und einer bunten Szene für junge Leute. Sie finden hier auch günstige Unterkünfte. Besonders sehenswert ist der Skulp­turenpark entlang der Küstenstraße, bei dem zypriotische und ausländische ­Bildhauer ihre Werke zeigen.

    Und wie präsentiert sich nun Nikosia, die mittlerweile einzige geteilte Hauptstadt Europas? Wir fahren mit dem Bus entlang der imposanten venezianischen Stadtmauer. Zu Fuß geht es dann weiter über die berühmte Ledra­straße mit ihren Modegeschäften durch die Altstadt bis zum Grenzübergang zum türkisch besetzten Teil. Der Übergang ist rund um die Uhr geöffnet. Der deutsche Personalausweis genügt als Dokument.

    Die Teilung der Insel, für die Zyprioten ein emotionales Thema, wirkt sich auf die Urlauber so gut wie nicht aus. Wer auf der Autobahn von Agia Napa nach Larnaka einen Blick nach rechts wirft, sieht das Dorf Pyla: Dort leben 500 türkische und 1200 griechische Zyprioten friedlich miteinander. Es gibt eine griechisch-orthodoxe Kirche und eine Moschee. Jede Gemeinschaft hat ihre Schule und ihren Friedhof. Bisher gab es keine Probleme, sogar Feste wurden gemeinsam gefeiert. Ein Hauch von Annäherung zwischen Nord und Süd?