Die ostfriesische Stadt lohnt nicht allein zur Übernachtung vor der Überfahrt auf die ostfriesischen Inseln. Man sollte länger bleiben

Regen? Ist hier in Norden nichts Ungewöhnliches. Darüber klagen tut auch kaum keiner. Warum auch? Hier ist man schließlich in Ostfriesland und jeder hat den sogenannten Ostfriesennerz oder etwas Ähnliches im Schrank. Die Wetterkapriolen nehmen die 25.000 Einheimischen und die jährlich rund 900.000 Touristen gelassen hin. Die Nordseeluft tut immer gut. Gleich, ob man im Herbst mit hochgeschlagenem Kragen durch den Hafen von Norddeich spaziert, wo die Fähren zu den vorgelagerten Inseln Juist und Norderney ablegen, um danach leicht durchgefroren im Café Utkiek mit grandioser Aussicht über das Meer einen heißen Pharisäer zu trinken. Oder ob man im Sommer etwas weiter westlich am sandigen Teil des Strandes im Strandkorb liegt und den badenden, spielenden Kindern zusieht.

Viele regionale Betriebe sind in Deutschland sehr bekannt

Viele Besucher übernachten in Norden vor der Überfahrt auf eine der Inseln. Doch wer ein paar Tage länger in Norden bleibt, findet Erholung, vielleicht gerade weil es so viel Friedlichkeit ­ausstrahlt und ein wenig behäbig und gelassen wirkt wie viele seiner Ein­wohner. Mancher Gast mag sich hier ein wenig wie am Ende der Welt fühlen. Geografisch ist die Stadt an der Nordsee die nordwestlichste des deutschen Festlands. Mehr Ecklage geht kaum. Aber die Stadt kann mit ihrem ­beliebten Nordseeheilbad Norddeich mit der Seehundstation, in der junge Seehunde und Kegelrobben aufgepäppelt werden (www.seehundstation-norddeich.de, Tel. 04931/973330), und der 27 Kilometer langen Deichlinie punkten.

763 Jahre ist Norden alt – und damit eine der ältesten Städte Ostfrieslands. Ein wahres Schmuckstück historischer Baukunst ist der Marktplatz mit seinen stattlichen Bürgerhäusern, dem Rathaus sowie der Ludgeri-Kirche mit einer Arp-Schnitger-Orgel aus dem 17. Jahrhundert. Die Bauten verschaffen dem Ortsbild eine besondere Atmosphäre, die die Tristesse der durch Leerstand geprägten Fußgängerzone vergessen lässt.

Dabei ist es hier letztlich gar nicht wirklich trist: In Norden haben sich ­Betriebe angesiedelt, die deutschlandweit bekannt geworden sind: zum ­Beispiel die Schnapsbrennerei Doornkaat, die von 1806 bis 1997 den legendären Korn in der charakteristischen grünen Vierkant-Flasche hergestellt hat. Einige ehemalige Fabrikgebäude sind mit neuem Leben erfüllt durch Zimmer des Hotels Alter Reichshof. Weit über Ostfriesland hinaus bekannt ist auch Tee­fabrikant ­Onno Behrends, der einer der größten Arbeitgeber der Region ist. Überhaupt spielt Tee bei den Ostfriesen zwischen Marsch und Moor eine riesige Rolle und der Genuss wird täglich kultiviert und zelebriert. Da ist es nur selbstverständlich, dass es ein Teemusum im Ort gibt (www.teemuseum.de, Tel. 04931/12100).

Und die platte Landschaft? Sie kann durchaus sehr angenehm sein. Die jungen und auch älteren Urlauber genießen gerade die ebenen Radwege, für die man nur bei Gegenwind einen Elektromotor braucht. Hat man aber einen am Zweirad, kann man damit locker die rund 20 Kilometer Richtung Westen bis nach Greetsiel fahren, einem der hübschesten kleinen Hafenorte in der Gegend. Oder gen Osten, nach Dornum, wo das barocke Wasserschloss, die Beningaburg und die St. Bartholomäuskirche von der einstigen Herrlichkeit des Ortes zeugen, als ostfriesische Häuptlinge hier ihren Sitz hatten. Nur fünf Kilo­meter landeinwärts von ­Norden entfernt liegt Schloss Lütetsburg mit ­seinem reizvollen ­Land­schaftspark, in dem unter anderem die Rhododendren im Mai und Juni ­üppig blühen (www.­schlosspark-luetetsburg.com, Tel. 04931/4254).

Es braucht ein wenig Zeit, um als Tourist in der spröden Stadt anzukommen, um in sie einzutauchen und Sympathie für sie zu entwickeln. Wer sich darauf einlässt, wird Entspannung und Ruhe finden. Gefährlich sind hier nur die Lokalkrimis von Autor Klaus-Peter Wolf, die in der Region spielen. Und die können durchaus süchtig machen.

Anreise Mit dem Pkw über die A 1 und A 28 in gut 3 Stunden von Hamburg nach Norden. Mit der Bahn mit Umsteigen in Bremen.
Unterkunft z. B. Romantik Hotel Alter
Reichshof, www.reichshof-norden.de, Tel. 04931/175-0; Familienhotel Deichkrone, www. hotel-deichkrone.de, Tel. 04931/9282828.
Info
und weitere Übernachtungsmöglichkeiten unter www.norddeich.de.