Kinder wollen im Urlaub beschäftigt werden, und damit ist nicht die plötzliche Bildungsoffensive der Erwachsenen gemeint, die sich in Besuchen von Museen, Tempeln und Kirchen niederschlägt. Um das Familiengefühl aufleben zu lassen, sind nach Ansicht von Psychologen daher vor allem Kreuzfahrten geeignet. Die Reedereien haben darauf reagiert, allen voran die Norwegian Cruise Lines, die von der Meyer Werft in Papenburg jetzt die 333 Meter lange „Norwegian Bliss“ bauen ließen, ein „Family-Bootcamp“ auf hoher See. Eltern sollten unbedingt versuchen, gleich in den ersten zwei Tagen Kraft zu tanken. Denn so lange dauert es in der Regel, bis ihre herumstreunende Brut die vielen Möglichkeiten zur Zerstreuung selbst entdeckt hat.

Alle Vergnügungen sind so konzipiert, dass die Kinder ihren Eltern eindrucksvoll demonstrieren können, wo der Hammer hängt: So sind die Kurven auf dem Kart-Rennkurs so eng, dass nur Leichtgewichte die enormen Fliehkräfte beherrschen können. Das Ergebnis: Der dicke Vati wird garantiert immer als Letzter die Ziellinie überfahren. Auch wäre da die Hochgeschwindigkeitswasserrutsche zu nennen, in der die Familienmitglieder wie menschliche Torpedos durch ein verwirrendes Röhrensystem katapultiert werden, bis sie in einem winzigen Zielbecken von einem enormen Wasserstrahl auf null abgebremst werden. Der panikartige Reflex der Erwachsenen, sich beim Anblick der weißen Kachelwand, gegen die sie gleich prallen werden, mit allen Gliedmaßen breitbeinig gegen die glatten Röhrenwände zu stemmen, ist jedoch extrem schmerzhaft. Höhepunkt der Familientherapie ist das „Spacedeck“; eine Fantasie-Raumstation, in der sich Eltern und Kinder mit Lasergewehren gegenseitig geräuschvoll über den Haufen schießen dürfen. Das, so sagen die Psychologen, stärke das Selbstbewusstsein der Kinder und baue vorhandenes Aggressionspotenzial nachhaltig ab – bis zum nächsten Familienurlaub.