Vielleicht haben Sie sich ja schon einmal gefragt, warum wir Deutschen im Ausland zwar gern als zahlende Gäste gesehen werden – mehr aber auch nicht. Nun begab es sich am vorletzten Tag des vergangenen Jahres im „Alten Zechhaus“ zu Gumpoldskirchen am Rande des Wienerwalds, dass ein Stuttgarter Reisebus sich durch einen Stau auf der Autobahn um eineinhalb Stunden verspätete, sodass der gebuchte Akkordeonspieler bereits zum nächsten „Heurigen“ weitergezogen war. Zur Erklärung: Die Einkehr in einen „Heurigen“ in einem der vielen Weindörfer, die sich um Wien herum verteilen, gehört zu den Höhepunkten einer Gruppenreise in die österreichische Hauptstadt. „Heurige“ sind rustikale Schänken, die von den ansässigen Weinbauern selbst betrieben werden. Serviert werden neben den Weinen des Hauses deftige Schmankerl aus österreichischer Küche. Doch was darüber hinaus zu einem gruppendynamischen „Heurigen“-Besuch gehört, und zwar unbedingt, ist zünftige Schrammelmusik, weil spätestens nach dem Hauptgang beim trinkfreudigen deutschen Publikum die genetisch bedingte Schunkellust einsetzt. Doch an diesem Abend ließen 37 schwäbische Senioren trotz des formidablen Backhendls und des süffigen Rotgipflers (einer uralten Rebsorte, die nur noch in dieser Gegend angebaut wird), bloß ihre Köpfe hängen … Bis, ja bis ein bis dahin unscheinbarer Herr aus ihrer Mitte den lederbehosten Kellner listig fragte, ob „denn nicht zufällig ein Akkordeon vorhanden sei“. Der Kellner nickte, was ein Fehler war, und so ertönte nur wenig später „La Paloma“ durchs „Alte Zechhaus“, gefolgt von „Ein Schiff wird kommen“, „Marmor, Stein und Eisen bricht“ und „Rosamunde“. Die 37 Schwaben kannten dummerweise jede Strophe – und spätestens bei „Du schöner Westerwald“ und „Lili Marleen“ hüpften dann die Topfen­knödel vor Scham aus der Vanillesoße. Was die eingangs gestellte Frage nach unserem Beliebtheitsgrad ausreichend beantworten sollte.