Immer mehr Low-Cost-Airlines sind auf der Langstrecke unterwegs. Tipps, welche Angebote es gibt und wie günstig sie wirklich sind

Für 9,99 Euro nach London, für 14,99 nach Pisa. An solche Preise hat man sich gewöhnt, seitdem es Billigflieger gibt. Jetzt setzen die Lowcoster zum nächsten ­großen Sprung an: Europa reicht nicht mehr, sie wollen die Welt erobern. Was kommt nach New York für 120 Euro? Wir haben den Markt durchleuchtet und nennen auch schon die neuen ­Strecken ab 2018. Denn eins ist klar: Wer billig fliegen will, der muss sehr früh buchen.

Wie teuer ist ein Flug nach Aus­tralien? Wer es ausreizen will, der kommt mit Eurowings im kommenden Winter für 219,90 Euro von Köln nach Phuket und für weitere 114 Euro mit Air Asia über Kuala Lumpur nach Sydney. Das sind zusammen 334 Euro einfach für eine Strecke, für die man sonst 1000 Euro und mehr zahlte. Möglich machen das neue Billig­flieger auf der Langstrecke, die gerade zurzeit in Massen auf den Markt ­kommen. Lufthansa-Tochter Eurowings ist nur das prominenteste Beispiel. Außer von Köln startet Eurowings von Zürich, Wien und Mailand nach Phuket sowie von einem Dutzend anderer Flughäfen in die weite Welt.

Mit Norwegian oder Wow Air nach Nordamerika, mit Air Arabia nach Afrika und weiter nach Fernost, mit Level nach Südamerika. Da tun sich zahlreiche neue Möglichkeiten auf. Aber gleichzeitig auch ­manches, was zu beachten ist: Die neuen Anbieter verlangen für jede Kleinigkeit extra Geld. Okay, Sitzplätze muss man nicht reservieren und ein Sandwich kann man auch selbst ­mitbringen, aber wer fliegt schon ohne Koffer um die Welt? Das kostet bei Eurowings schnell 50 Euro extra.

Weiterer Nachteil: Dafür, dass man bei selbst zusammengestückelten ­Flugrouten die jeweils nächste Maschine erreicht, ist man selbst verantwortlich. Verspätet sich also der erste Flieger und man erreicht den zweiten nicht mehr, dann ist das Ticket perdu.

Für viele Fernreise-Enthusiasten ist das offenbar kein Hindernis. Sie tüfteln auf Webseiten wie www.world-of-flights.de und www.kayak.de die günstigsten Routen aus. Und die lohnen sich mittlerweile in alle Himmelsrichtungen: Nach New York kann man aktuell ab Oslo mit Norwegian für 125 Euro ­fliegen. Für den Zubringer ab Berlin, Düsseldorf, Hamburg, Hannover, Köln oder München heißt es ab etwa 50 Euro drauflegen, aber auch 175 Euro sind noch ein Superpreis. Mit Koffer werden es allerdings 75 Euro mehr.

Norwegian Air ist nicht allein: Die isländische Wow Air und ab 2018 auch die dänische Primera Air fliegen ebenfalls zu Billigtarifen an die US-Ostküste. Die Dänen haben New York und Boston im Streckenplan, ab Paris, London und Birmingham zu Preisen ab 99 US-Dollar. Clevere Reisende kombinieren das ­Angebot mit einem Ryanair-Ticket (ab 14,99 nach Birmingham) oder mit einem „Bahn-Sparpreis Europa“ für 39 Euro nach Paris.

Früh buchen – die günstigen Flüge sind schnell weg

Findig muss man sein und dazu zeitlich flexibel, um die neuen Billigpreise ­nutzen zu können. Und immer früh dran, denn die günstigsten Flüge sind ratzfatz weg. Gerade erst hat Air France bekannt gegeben, dass ihre Billigflug-Tochter Joon ab April 2018 auf die Langstrecke geht. Über Ziele wird vorerst nur hinter vorgehaltener Hand geraunt. Die malische Hauptstadt Bamako könnte dabei sein, außerdem Rio de Janeiro und Buenos Aires, dazu Bangkok, Osaka und Tokio. Aber das alles ist ebenso ­wenig offiziell wie Preise ab 230 Euro nach Rio. Auch beim Konkurrenten Iberia tut sich was: Dessen Tochter Level fliegt bereits jetzt nach Buenos Aires und Punta Cana, Los Angeles und Oakland bei San Francisco. Bislang starten die Flieger allerdings nur ab Barcelona, man muss also einen Billigflug zum Beispiel mit Germanwings anstückeln.

Lufthansa schickt ihre Lowcost-Tochter Eurowings ab April 2018 außer ab Köln auch ab München auf die Langstrecke. Die neuen Ziele ab der bayerischen Landeshauptstadt heißen Windhuk, Bangkok, Fort Myers, Las Vegas, Mauritius, Varadero, Montego Bay, ­Puerto Plata, Cancun und Punta Cana. Die Preise beginnen bei 199 Euro für die einfache Strecke.

Wie wär’s mit einer Lowcost-Weltreise? Mutige Globetrotter basteln sich ihre Routen längst selbst zusammen. Der Start könnte zum Beispiel mit Norwegian Air von Berlin nach New York sein (für 229 Euro), weiter geht es nach Los Angeles mit Southwest Airlines (161 Euro). Von dort führt die Tour mit ­Hawaiian nach Honolulu (254 Euro), mit Jetstar nach Sydney (165 Euro), mit Scoot nach Singapur (123 Euro), schließlich mit Air Asia nach Sri Lanka (75 Euro) und über Sharjah (Air Arabia, 234 Euro) mit Pegasus zurück nach ­Berlin (144 Euro). Macht zusammen 1385 Euro – für eine Weltreise.

Derweil startet ganz leise die nächste Revolution in der Luftfahrt. Norwe­gian fliegt neuerdings außer mit klassischen Transatlantik-Großraumflugzeugen auch mit kleinen Boeing 737, die sonst nur für innereuropäische Strecken eingesetzt werden. Das Motto heißt ­offenbar „von Dorf zu Dorf“, denn Start ist in britischen und irischen Zweite­klasseflughäfen wie Belfast, Dublin, Edinburgh und Cork. Und die US-Ziele muss man auch erst auf der Karte ­googeln: Green (bei Boston), Steward (bei New York) und Bradley, das irgendwo im Niemandsland zwischen Connecticut und Massachusetts liegt.

Wer um Himmels willen will nach Bradley? Keine Ahnung. Aber wenn man für weniger als 100 Euro dahin fliegen kann, dann wird es demnächst jemand tun. Und von dort weiterreisen. Das Konzept hat schon einmal funktioniert: Vor 20 Jahren ist so eine unbekannte ­irische Fluggesellschaft ­namens Ryanair zu europäischen Zielen gestartet. Heute ist sie Europas Größte, und 15-Euro­Flüge quer über den Kontinent sind ganz normal.