Mein Haus. Mein Auto. Mein Pferd. Das ist old-school. Heute muss es „meine Wetter-App“ heißen. Denn mit nichts anderem kann man bei den Daheimgebliebenen nachhaltigere Neidgefühle erzeugen als mit Screenshots, die darüber Aufschluss geben, dass die Fernreisenden bei 36 Grad und wolkenlosem Himmel schwitzen. Wetter gut, Urlaub gut. Aber das erzählen Sie mal denjenigen, die zum Beispiel jetzt an den deutschen Nord- und Ostseeküsten ihre Ferien verbringen und das Wasser schubweise von allen Seiten bekommen. Dazu Wind aus Nordnordwest der Stärke sechs, was das Baden bei 18 Grad Wassertemperatur zum Überlebenstraining aufwertet. Für diese Leidgeprüften kommt der Urlaubsgruß als Wetter-App-Screenshot einem Tiefschlag gleich.

Früher wurden wenigstens noch Postkarten geschrieben. Diese vierfarbigen Abwesenheitsnotizen aus bedrucktem festen Papier für Auserwählte, wobei es darauf ankam, den richtigen Zeitpunkt zum Abschicken zu erwischen. Einerseits wollte man schon ein bisschen was erzählen, andererseits sollte die Karte die Heimat vor dem Absender erreichen (aus Italien klappte das nie). Später wurde es Mode, SMS und MMS aus der Ferne zu senden, was häufig zu exorbitanten Handy-Rechnungen führte. Mit den Smartphones erlebten dann die Selfies ihren Hype. Das Lieblingsmotiv (tagsüber) waren Unterschenkel und Füße im Sand oder auf dem Liegestuhl, dahinter: Meer; abends Krustentiere und beschlagene Weingläser bei Kerzenschein im Restaurant, dahinter: auch Meer. Doch jetzt werden offenbar bloß noch schnöde „Wetter-Apps“ verschickt. Wäre es daher nicht schön, mal wieder eine Postkarte zu erhalten, mit „schönen Grüßen“ aus Woher-auch-immer? Die man sich an den Kühlschrank pinnen kann und die dem Empfänger signalisiert, dass er dem Absender ­tatsächlich was bedeutet. Und was den Neidfaktor betrifft: Auf Urlaubspost­karten scheint ebenfalls immer die ­Sonne.