Lieber Holger Bodendorf,

vor ein paar Jahren gab es auf Sylt noch sieben Köche mit mindestens einem Michelin-Stern – jetzt außer Ihnen nur noch einen. Manche Ihrer hochdekorierten Kollegen haben die Insel verlassen, andere nur ihr Konzept verändert, hin zu einer legeren Küche ohne die Zwänge der Spitzengastronomie.

Als ich Sie neulich fragte, ob Sie denn auch schon überlegen, das mit den Sternen zu lassen, kam von Ihnen aus vollem Herzen ein Nein. Denn Sie glauben weiterhin daran, dass es sich lohnt, auf Sylt kulinarische Extraklasse zu deutlich dreistelligen Menüpreisen anzubieten. Und kein Hotelchef wird Sie davon mit Blick auf Umsatz oder Kosten abbringen – denn Pächter und verantwortlich für alles im Landhaus Stricker sind Sie ja am Ende selbst. Und das schon seit gut acht Jahren.

Ich kenne Ihr Hotel noch länger, der erste Besuch muss um die 15 Jahre her sein. Damals waren Sie und Ihre damalige Frau Kerstin bereits als Küchenchef und Gast­geberin an Bord, allerdings noch ohne das letzte unternehmerische Risiko. Das ist nun anders, doch als Gast spürt man den Unterschied nicht – was gut ist. Noch immer ist die Atmosphäre herzlich, die Ansprache persönlich – und die Qualität exzellent.

Etwas aus der Zeit gefallen wirkt einzig der rosa-römische Wellnessbereich unter den 38 Zimmern und Suiten. Den wollen Sie im Winter komplett umbauen und dabei einen anderen Stil einführen: Dunkle Fliesen, großzügige Ruhezonen und ein neuer Außenbereich sind geplant. Das passt dann sicher gut zum Look der Bar, die ja schon ähnlich gestaltet ist.

Übrigens: Ich bin zwar kein Raucher mehr, finde Ihren Raucherbereich aber trotzdem gut, denn er schließt gleich an die Bar an und ist eigentlich nur eine per Riesenschirm überdachte Terrasse mit Strandkörben, Korbstühlen, Fellen und Heizstrahlern. Hier kann man sich auch mal als Nichtraucher mit Rauchern unterhalten, ohne gleich Atemnot zu bekommen.

Ausschlafen ist angesagt: Bis 14 Uhr (!) gibt es bei Ihnen nicht nur frische Brötchen, Eier, Lachs und Co., sondern auch ein paar kleine Lecke­reien wie eine Matjesfrikadelle oder die gebratene Gamba an Papaya-Chutney. Ich gebe zu, dass der Blick auf die Karte im „Bodendorfs’s“ schon Lust auf einen ausgedehnten Schlemmerabend macht: gefüllter Kaninchenrücken, bretonischer Kabeljau, geflämmter Langostino mit Kalbsbries und Shiitakepilzen, Loup de Mer an gebratenem Fenchel, Kalbsbäckchen mit Spargel, marinierten Champignons und Schalottenjus, Rohmilchkäseauswahl und zum Schluss ein Gâteau von Himbeeren mit Fleur-de-Sel-Creme – in fünf oder sieben Gängen. Mir passte aber der Besuch im „normalen“ Restaurant des Hauses besser, dem „Siebzehn84“, so benannt nach dem Baujahr der weißen Reetdach-Kate. Eine schmackhafte Hummersuppe und eine krosse Entenbrust an marinierten Zwetschgen kann man dort ja auch bestellen, während andere vielleicht ein Steak oder einen Landhaus-Stricker-Spezialburger verputzen.

Klar ist: Ich komme gerne wieder. Bis dahin sehe ich Sie ja vielleicht noch mal im Fernsehen, obwohl Sie sich dort rarer machen als andere bekannte TV-Köche.

Herzliche Grüße, Ihr Georg J. Schulz