Mit jedem Atemzug sticht die eisige Luft wie eine Nadel in meine Lunge. Meine Beine pumpen, doch ich schaffe es kaum, die Füße aus dem fast kniehohen Schnee zu ziehen. Und es geht steil bergauf. „Wir müssen diese Bergflanke hinauf“, hatte der Inuit-Schlittenführer gesagt. „Aber du kannst sitzen bleiben. Die Hunde schaffen das schon.“ Ich wollte zeigen, wie zäh ich bin, nun klammere ich mich verzweifelt an die Rückenlehne des Schlittens und renne – bloß nicht loslassen! Schließlich hechte ich erleichtert zurück auf den Schlitten.

Sechs Stunden lang geht es, gezogen von zehn Hunden, durch die Schnee- und Eiswüste der größten Insel der Welt. Urlaub auf Grönland, das ist schon speziell. Anfang April herrscht hier noch Winter. Ein Schneegestöber nimmt jegliche Sicht. Die Hunde sind fächerförmig vor den Schlitten gespannt – so können die Vorderen nicht das ganze Gespann ins Verderben reißen, falls sie in eine Eisspalte fallen.

Die Vorstellung, in dicke Decken eingemummelt gemütlich kutschiert zu werden, war naiv. Die leichten Holzgestelle sind mit einem dünnen Robbenfell bezogen, darauf sitzt man, Kälte und Schnee ausgeliefert. Und hier, 250 Kilometer nördlich des Polarkreises, kann es minus 30 Grad werden. Ich komme am Abend halb erfroren, aber glücklich, ins Hotel in Ilulissat zurück. Die mit knapp 4500 Seelen drittgrößte Stadt Grönlands liegt an der Westküste, am Kangia-Eisfjord. Erreichbar mit Air Greenland von Kopenhagen aus via Kangerlussuaq. Der 1000 Meter tiefe Kangia-Fjord stößt pro Jahr 35 Kubikkilometer an Eisbergen aus, manche mehrere Kilometer lang und 700 Meter hoch. Der Eisberg, der 1912 die „Titanic“ versenkte, stammte von hier. Die unwirkliche Landschaft um den Fjord ist unfassbar beeindruckend.

Meine Frau, mein Sohn und ich machen mit einem Führer eine Wanderung auf Schneeschuhen entlang des Fjords. Nur nicht direkt am Wasser entlang – ein kippender Eisberg könnte einen Tsunami auslösen und uns in den Tod reißen. Am nächsten Tag eine Fahrt mit einem alten Fischkutter zwischen den gewaltigen Eisbergen hindurch. Grönland ist karg, kalt – und grandios.