Italiener sind laut, Engländer zumeist besoffen, Chinesen rülpsen ungeniert und Russen gelingt es, ein komplettes kaltes Buffet auf einem Teller aufzutürmen. Aber welchen Ruf genießen wir Deutschen denn so als Urlauber? Die überraschende Antwort: Wir sind raus aus der Klischeehölle und so beliebt wie noch nie. Wir grenzen uns vom Massentouristen ab, denn wir haben dazugelernt. Also spenden wir keinen Applaus mehr, wenn das Fahrwerk unserer Chartermaschine den Runway touchiert. Wir tragen weder Sonnenhüte noch Gesundheitssandalen (und Socken schon gar nicht), sondern modische Flip-Flops oder Sneakers. Wir sind nicht mehr an unserer hummerroten Haut zu erkennen, weil wir inzwischen kapiert haben, dass Lichtschutzfaktor 50 vor Sonnenbrand schützt. Wir haben im allmorgendlichen Wettstreit um die besten Liegestühle am Pool die Handtücher gestreckt, da wir zu unserer eigenen Überraschung entdeckt haben, dass es Traumbuchten gibt und man im Meer sogar baden kann. In den Restaurants und Strandbars bestellen wir konsequent landestypische Speisen und Getränke, beim Trinkgeld lassen wir es richtig krachen.

Und deshalb müssen wir Deutschen uns zukünftig nicht mehr verschämt als Schweizer, Holländer oder Skandinavier tarnen, wenn wir im Ausland unterwegs sind, im Gegenteil: Gehen Sie aufrechten Hauptes ins Touristenbüro. Verstecken Sie sich nicht mehr in Toreinfahrten, um heimlich den Stadtplan zu entfalten. Schlendern Sie lässig an den Sehenswürdigkeiten wie Kathedralen, Tempelanlagen oder Museen vorbei und bewundern Sie stattdessen die Architektur in den Wohngebieten der Einheimischen ausgiebig. Plappern Sie drauf los, auch wenn Ihnen Fremdsprachen schon immer spanisch vorgekommen sind. Decken Sie sich auch ruhig mit den kitschigsten Souvenirs ein, um die Volkswirtschaft Ihres Urlaubslandes zu stärken.

Sie werden sehen: In spätestens zwei bis drei Jahren werden die anderen Nationen Ihr vorbildliches Verhalten kopieren. Und wenn so der Individualtourismus zur Massenbewegung geworden ist, kriegen Sie ihren Lieblingsliegestuhl am Hotelpool wieder – und den müssen Sie dann nicht mal reservieren.