Liebe Madame Duckstein,

Sie werden mir diese kleine Unterstellung bestimmt verzeihen: Ich glaube, Sie genießen diese Auf­tritte und haben Freude an dem ­kleinen bisschen Inszenierung, das Ihre allabendlichen Spaziergänge im Restaurant und mehr noch auf der Terrasse Ihres ­Altstadthotels umweht.

Wenn Sie im weiten, langen Kleid einschweben, einen Moment lang alle ­Blicke auf sich ziehen, dann hierhin nicken, dort an den Tisch treten und ein paar Worte wechseln, da die Honneurs machen, drei Sätze über gegrillte Doraden sprechen, Bon Appétit wünschen – und weiterschweben.

Sie machen das so, als liebten Sie es. Als wäre die Fläche zwischen den einzelnen Tischen für die nächste halbe Stunde Ihr Laufsteg, das Restaurant Ihre Bühne. Und ein bisschen auch so, als wären Sie ein glamouröser Star.

Es passt hierher, passt in das Hotel, in dem Romy Schneider immer wieder zu Gast war. Zu dem Haus, in dem Jack Nicholson absteigt, wenn er an der Côte d’Azur ist. Und zu dem Haus, dessen Bar ­Brigitte Bardot vor einem halben Jahrhundert während der Dreharbeiten von „... und ewig lockt das Weib“ als Umkleideraum benutzt hat. So etwas passt zu St.Tropez und zu Ihrem kleinen, feinen und durchaus auch eleganten Hôtel de La Ponche.

Es fühlt sich seltsam familiär an, fast als machte man Urlaub im Privathaus einer Familie, die man irgendwann mal kennengelernt und danach sehr lange nicht mehr wiedergesehen hatte und ­deren Eigenheiten einem deshalb wieder auffallen – bis man sie als alltäglich einsortiert und schließlich gar nicht mehr bemerkt.

Was mir bei Ihnen am besten gefallen hat? Es ist der kleine Balkon meines Zimmers zur Seitenstraße hin – kaum größer als das winzige Tischchen mit seinen zwei Stühlen, die dort stehen und die gesamte Bodenfläche ausfüllen. Warum? Die Antwort kann nur ein Ausländer geben: weil es sich dort so herrlich französisch anfühlt. Beim Frühstück mit Croissants, Honig, Käse. Und zu jeder anderen Zeit auch. Weil ich von dort aus das Mittelmeer sehen kann und zugleich den Alltag in den Höfen nebenan, die Menschen unten in der Gasse.

Weil ich die Möwen sehe, höre und zum Frühstück hier draußen auch das Meersalz auf den Lippen schmecke. Und vielleicht auch noch, weil kein Sonnenschirm mit auf den Balkon passt und es keine Markise gibt. Es fühlt sich so herrlich uninszeniert an, und wahrscheinlich ist es genau das auch. Dafür liebe ich Ihr Hotel.

Es ist echt an einem Ort, wo es so viel Unechtes gibt. Und es liegt den angenehmen kleinen Hauch abseits vom Rummel, sodass man halbwegs seine Ruhe hat und, ­sobald sich die Stimmung ändern sollte, dann doch nach nur ein paar Schritten wieder mittendrin ist.

Tun Sie mir bitte einen Gefallen: Lassen Sie einfach alles, wie es ist, und verkaufen Sie bloß niemals an eine der großen Hotelketten. Es ist schön, dass es Hotels wie Ihres gibt, die nicht stromlinienförmig sind. Und bitte machen Sie weiter abends Ihre Runde durchs Restaurant.

Herzliche Grüße, Ihr Helge Sobik