Sie sind kleiner, aber nicht billiger – immer mehr große Städte mit Platzmangel setzen auf Microhotels mit vielen Hightech-Kabinen statt großer Zimmer

Wenn es um die Miniaturisierung von Gegenständen geht, dann hat uns Japan viel beigebracht. Danke, Nippon, für den Walkman! Und auch vielen Dank für die Idee des Kapselhotels. Diese Gattung Unterkunft fasziniert uns seit ihrer Erfindung Anfang der ­80er-Jahre. Auch in Europas Metro­polen werden seit zwei Dekaden die Hotelzimmer immer kleiner. Furore machten in den Nullerjahren die Billighotels, die sich viel aus Japan ab­geguckt hatten.

Die Zielgruppe ist die Generation Y, die vernetzt und gesellig ist

Inzwischen hat sich das Konzept Minizimmer weiter entwickelt. Es wird nun in der coolen Designversion überall da angeboten, wo die Immobilienpreise in den Himmel schießen. Die Rechnung ist ganz einfach: Viele kleine Zimmer in einem Gebäude in Amsterdams oder New Yorks Innenstadt zu saisongerechten Preisen bringen mehr als größere Gemächer zu sehr hohen Raten. Herausgekommen ist dabei die Idee des Microhotels, das wie alles zurzeit nur auf eine Zielgruppe schielt: die Millennials, auch Generation Y genannt. „Diese Generation wird sehr bald das Ruder übernehmen“, so Tina Edmundson, verantwortlich für Marriotts Lifestyle-Hotelmarken, in einem Interview mit der „New York Times“. „Die Zeiten, als nur privilegierte Hotelgäste Zugang zu großartigem Design hatten, sind vorbei.“

Millennials wollen also offensichtlich nicht in plüschigen Hotels mit ­Pagen absteigen. Sie sind vernetzt und gesellig. Viel Zeit im Gästezimmer verbringen sie eh nicht. Stattdessen ­suchen sie nach dem authentischen Flair der Umgebung, wollen eintauchen in das Leben ihres Reiseziels. Viele von ihnen haben kein Problem, über die Plattformen Uber Fahrdienste und bei Airbnb Apartments von privat zu mieten. Gegen den Charme privater Wohnungen von ortskundigen Vermietern stemmt sich das Hotelgewerbe mit durchdesignten Microhotels.

Zwar sind die Zimmer aus Renditegründen geschrumpft. Bei Marriott ist ein Standardzimmer um die 28 Qua­dratmeter groß, die Microhotelmarke Moxy kommt jedoch mit 17 Quadratmetern aus. Es geht auch noch kleiner: Die New Yorker Pod-Hotels packen bei einem Einzelzimmer alles auf sechs Quadratmeter, andere Ketten bringen auf sieben Quadratmeter zwei Personen unter. Doch diese Minizimmer dürfen auf keinen Fall billig aussehen und müssen Extras bieten. Wer mehr als 100 Euro pro Person für ein Kabuff ausgibt, erwartet nicht den Charme einer Jugendherberge. Stattdessen bekommt er eine Hightechkabine. Gratis-WLAN gehört bei allen zum Standard, kostenlose Minibar oder Snacks sowie Filme bieten vor allem die teureren Microhotels an. Integrierte Flachbildschirme, iPod-Docks sowie alle gängigen Anschlüsse für Computer sind selbstverständlich. Einen Safe für Laptops gibt es außerdem bei Yotels.

Das New Yorker Haus dieser britischen Kette dreht außerdem die Tatsache, dass in den Zimmern kaum ein Koffer Platz hat, zu ihrem Vorteil und fasziniert die Gäste mit einem Roboterarm, der ihnen das Gepäck in den bis zur Decke reichenden Schließfächern verstaut. Wer dagegen in einem Moxy-Zimmer eincheckt, muss nachts nicht nach dem Licht zum Bad suchen – dank Bewegungsmelder geht es automatisch an, wenn er aus dem Bett steigt. Und in den Zimmern der niederländischen ­CitizenM-Gruppe wird die Technik von einem Tablet aus kontrolliert – Licht, TV, Musik sowie Vorhänge.

Je kleiner ein Raum ist, desto durchdachter muss die Einrichtung sein. Doppelbetten in Microhotels lassen sich deswegen oft elektrisch zu Sofas umbauen, die Tische sind ausklappbar und die Duschkabinen sehen aus wie schicke Plexiglasschränke im Raum. Komfort spielt eine große Rolle. Die populären Regenduschen und Betten mit komfortablen Matratzen und edler Bettwäsche fehlen in keinem Microhotel. Die niederländischen CitizenM-Hotels machen aus ihren winzigen Zimmern sogar eine Tugend, indem sie mit zwei Meter breiten Betten werben, die von Wand zu Wand reichen. Von der Tür direkt ins Bett fallen – wer hätte je gedacht, dass sich das cool verkaufen ließe?

Während die Gästezimmer der Microhotels also immer mehr zu sty­lischen Hightechkabinen mutieren, fließen die öffentlichen Räume, also Lobby, Rezeption und Café, Bar bzw. Restaurant, ineinander. Grenzen gibt es nicht mehr, genauso wenig wie das gute alte Check-in mit richtigem (teurem) Personal. Insider sprechen nicht mehr von Lobby oder Restaurant, sondern Neudeutsch vom „Living Room“, wo die Gäste – die so begehrten Millennials – an großen Tischen snacken, in Sofazonen kommunizieren und Mails ­lesen und in anderen Bereichen automatisch einchecken oder spielen.

Wie sehr nicht nur junge Ketten wie Yotel, CitizenM oder Pod mit dem Trend Microhotel den Ton angeben, ist an den Hotelriesen abzulesen. Marriott sprang auf den Zug auf, als es bereits Ende 2014 sein erstes Moxy Hotel in Mailand einweihte.
Geplant ist, innerhalb der nächsten zehn Jahre die Welt mit 150 Häusern zu überziehen. 2016 zieht Hilton mit der neuen Mircohotelmarke Tru nach. Auch hier werden ­ehrgeizige Ziele verfolgt, die Rede ist von 189 Tru-Häusern, die in naher ­Zukunft eröffnen sollen. Microhotels werden also bald kein Trend mehr sein, sondern Mainstream.

Internetadressen: CitizenM Hotels: www. citizenm. com; Moxy Hotels: www.moxy-hotels. marriott.com/de; Pod Hotels: www.thepodhotel.com; Tru Hotels: www.trubyhilton.com; Yotel: www.yotel.com