Rund um den Urlaub auf dem Wasser wächst alles: die Schiffe, die Zahl der Passagiere, die Inklusiv-Leistungen. Auch der Umweltschutz macht Fortschritte

Deutschland ist mit 1,77 Millionen Passagieren vor zwei Jahren zur Kreuzfahrernation Nummer zwei aufgestiegen. Nur Amerikaner verbringen ihren Urlaub noch häufiger auf See. 2016 soll es weiter steil bergauf gehen: mit zehn neuen Schiffen und der Rückkehr des ehemaligen ZDF-Traumschiffs „MS Deutschland“, einem Trend zu ­All-inclusive und günstigerem Internet an Bord. Und auch beim Umweltschutz gibt es Fortschritte.

Mehr Leistungen inbegriffen

„All-inclusive“ ist bislang das Markenzeichen von TUI Cruises. Vor allem Getränke und Trinkgelder sind hier schon im Preis inbegriffen. Norwegian Cruise Line greift jetzt mit einem ganz ähnlichen Konzept an und setzt damit auch alle anderen unter Druck. Denn viele Deutsche rechnen gerne mit einem festen Budget und lieben „All-inclusive“. Aida will nicht umschwenken, andere Anbieter kontern aber schon seit einiger Zeit mit nahezu dauerhaft laufenden Sonderaktionen, bei denen Trinkgelder oder auch Getränkepauschal­pakete im Reisepreis enthalten sind.

Günstiges Internet an Bord

Auf die starke Nachfrage ihrer Passagiere reagieren Reedereien auch bei der WLAN-Verbindung ins Internet. Vergleichsweise günstige Social-Media-Flatrates zur unbegrenzten Nutzung von Facebook, Instagram und Co. für beispielsweise 4 Euro oder 5 Dollar pro Tag (Aida, Costa, Carnival) oder Tagesflatrates für 15 bis 30 Dollar (Royal Caribbean, Norwegian Cruise Line) lösen zunehmend die bislang übliche Minutenabrechnung mit Preisen von bis zu 80 Cent pro Minute ab.

Problemregionen Türkei und Nordafrika

Zu Problemkindern könnten Kreuzfahrten im östlichen Mittelmeer werden. Die Terroranschläge in der Türkei haben bereits einige Reedereien dazu bewegt, türkische Häfen durch griechische zu ersetzen. Nordafrikanische Häfen im Mittelmeer werden ohnehin kaum noch angelaufen. Wer eine Kreuzfahrt in dieser Region plant, ­sollte flexibel sein und mit Routenänderungen rechnen, wenn sich die Krise im Nahen Osten ausweitet.

Umweltschutz

Nach deutlich schärferen Grenzwerten beim Schwefeloxidausstoß von Schiffen für besonders sensible Gebiete seit Anfang 2015 folgen in diesem Jahr kleinere Schritte im Umweltschutz. In Hamburg werden mehr Kreuzfahrtschiffe vor allem bei Aida mit umweltfreundlicher Energie von einem schwimmenden Minikraftwerk versorgt, das Strom aus Flüssigerdgas ­erzeugt. Global gelten für Kreuzfahrtschiffneubauten ab 2016 deutlich strengere Vorschriften für den maximalen Stickoxidausstoß in Schutzzonen, beispielsweise in Nord- und Ostsee und an der nordamerikanischen Küste. Dazu entdecken immer mehr Reedereien die Langsamkeit des ­Reisens wieder, planen längere Aufenthalte in attraktiven Häfen ein und ­fahren kürzere Routen, um Treibstoff zu sparen.

Zehn neue Schiffe

Sieben große und drei kleinere Kreuzfahrtschiffe stechen 2016 zum ersten Mal in See. Zusammen bieten sie Platz für rund 30.000 Passagiere. Entsprechend prognostiziert der internationale Kreuzfahrtverband CLIA für 2016, dass 24 Millionen Menschen eine Hochseekreuzfahrt antreten werden – fast zwei Millionen mehr als 2015. ­Allein Hamburg erwartet für dieses Jahr 661.000 Passagierbewegungen. Das wären mehr als 20 Prozent mehr als 2015. 400.000 Passagiere sollen es in Kiel werden, rund 50.000 mehr als im Vorjahr. Mit etwa gleich viel Passagieren rechnet auch Rostock-Warnemünde, was zumindest einer leichten Steigerung entspricht. Bei den Kreuzfahrtschiffneubauten dominieren die ganz großen. Und selbst bei Reedereien mit eher kleinen Schiffen sind die neuen Schiffe größer als die der bestehenden Flotten. Groß im Trend liegen Expeditionskreuzfahrten in die Arktis und sogar bis hinauf zum Nordpol, nach Grönland, Spitzbergen, Sibirien und Kamtschatka, durch die Nordwest- und Nordostpassage und auf neuen Routen durch die Antarktis. Vor allem Luxusreedereien wie beispielsweise Silversea und Crystal Cruises, aber auch Poseidon Expeditions und andere Expeditionsspezialisten weiten ihr Angebot aus.

„AidaPrima“ mit einem Jahr Verspätung

Am meisten gespannt sind Kreuzfahrtfans auf Aidas neues Aushängeschild „AidaPrima“. Wegen großer Probleme mit der im Kreuzfahrtschiffsbau unerfahrenen Werft in Japan startet sie voraussichtlich am 30. April in Hamburg – rund ein Jahr später als geplant. Ihr auffälligstes Merkmal ist der senkrechte Bug, den man zuletzt bei historischen Ocean Linern gesehen hat. Ein Teil des Pooldecks liegt unter einem Foliendach, das warme Temperaturen und Sonnenbräune zu jeder Jahreszeit ermöglicht. Außerdem gibt’s Wasserrutschen und einen Klettergarten. Als erster Kapitän geht Detlef Harms (60) an Bord. Der gebürtige Rostocker fährt seit 1972 zur See. 2007 wurde er zum Kapitän von Aida Cruises berufen.

Mein Schiff 5: Lagune statt Innenpool

Das zweite neue deutsche Schiff, die „Mein Schiff 5“ von TUI Cruises, kommt im Juli absolut pünktlich. Sie ähnelt ihren Schwestern „Mein Schiff 3“ und 4, aber es gibt auch einige Veränderungen: Der bisherige Innenpool wird zu einer Art Lagune unter freiem Himmel. Hinter der Glasfront am Heck liegt künftig ein asiatisches Spezialitätenrestaurant statt der Cafébar, und an der neuen Bosporus Snackbar gibt es – wohl erstmals auf einem Kreuzfahrtschiff – Döner zu essen.

Das weltgrößte Kreuzfahrtschiff

Die „Harmony of the Seas“ – größtes Kreuzfahrtschiff der Welt – nimmt ihren Dienst im Mai auf. Mehr als 6400 Passagiere finden bei Maximalbelegung dort Platz, ähnlich wie bei ihren Schwestern „Oasis“ und „Allure of the Seas“. Eng wird es an Bord des riesigen Schiffs trotzdem nicht. Die große, neue Attraktion ist eine Rutsche mit zwei parallel laufenden Röhren, die sich am Heck des Schiffs über 30 Höhenmeter von Deck 16 auf Deck 6 hinabstürzt.

Koningsdam:Flaggschiff für Holland America Line

Ein neues Flaggschiff bekommt mit der „Koningsdam“ im Mai Holland America Line. Zu den Besonderheiten des 2650-Passagiere-Schiffs gehören Familienkabinen für bis zu fünf Personen, Singlekabinen für Alleinreisende, ein klassisches Promenadendeck mit Teakholzboden, Livemusik im B. B. King’s Blues Club und für die Küche ein eigener Kräutergarten.

Fahrrad-Gondeln am Pooldeck

3954 Passagiere fasst die „Carnival Vista“ und wird damit das größte Schiff bei Carnival Cruise Line sein. Neben einem Wasserpark mit riesigen Rutschen lockt sie mit dem Sky Ride: an Schienen hängende, seitlich offene Kapseln, mit denen Passagiere per Pedalantrieb oberhalb des Pooldecks ihre Runden drehen können. Die „Carnival Vista“ verbringt ihre erste Sommersaison im Mittelmeer.

Auch Luxusschiffe werden größer: Seabourn, Regent Seven Seas

Die Luxusreedereien Seabourn und Regent Seven Seas folgen – in kleinerem Maßstab – dem Trend zu größeren Schiffen: Das All-inclusive-Schiff „Seven Seas Explorer“ erhebt mit 700 Passagieren den Anspruch, das luxuriöseste Kreuzfahrtschiff der Welt zu werden. Die „Seabourn Encore“ für 600 Passagiere hält da allerdings gegen und verwöhnt ebenfalls mit viel Luxus und beispielsweise mit einer eigenen Wassersportplattform.

Unterwegs auf den Weltmeeren

Direkt in den chinesischen Boommarkt fährt Royal Caribbeans „Ovation of the Seas“ (4200 Passagiere) und die „Genting Dream“, mit 3400 Passagieren das erste Schiff einer neuen, asiatischen Premiummarke. Von deutschem Publikum gar nichts wissen will Viking Cruises. Die „Viking Sea“ für 930 Passagiere wird nur in englischsprachigen Märkten angeboten.

Rückkehr:MS „Deutschland“ ist wieder da

Das vielleicht am meisten herbei­gesehnte Schiff hierzulande ist eine ­alte Bekannte: Die „MS Deutschland“ kehrt nach vielen Turbulenzen und ­Insolvenz der Vorgängerreederei zumindest für die Sommermonate ­zurück. Im türkisgrünen Design von Phoenix Reisen wird das frühere ZDF-Traumschiff von Bremerhaven aus Routen nach Norwegen, Spitzbergen, Grönland, Großbritannien und in die Ostsee fahren.