Hamburg. Die Rankings von Websites sind oft verwirrend. Ein Pilot erklärt, worauf es bei Lufthansa, Emirates und den Billigfliegern ankommt.

Fliegen ist die sicherste Transportart der Welt. Doch das mulmige Gefühl im Bauch beim Besteigen eines Flugzeuges beschleicht so manche Passagiere nicht erst seit der Germanwings-Katastrophe im vergangenen Jahr. Wie sicher sind die verschiedenen Fluggesellschaften? Auf der Suche nach Orientierung leisten Internet-Portale Hilfestellung. Doch die Antworten sind auch dort nicht eindeutig. Wem soll man glauben?

Die fünf sichersten Airlines weltweit kommen nach Untersuchungen von Hamburger Flugunfall-Experten aus dem asiatischen beziehungsweise arabischen Raum. Wie im Jahr zuvor führte auch 2015 die aus Hongkong stammende Airline Cathay Pacific die Sicherheitsliste der 60 größten Fluggesellschaften an. Danach folgen Emirates aus Dubai, Eva Air aus Taiwan, Qatar Airways aus Katar sowie die chinesische Hainan Airlines.

Das geht aus einem vorab veröffentlichten Beitrag des Hamburger Flugunfallbüros „Jet Airliner Crash Data Evaluation Centre“ (JACDEC) für das Luftfahrtmagazin „Aero International“ hervor. Erst auf Rang sechs folgt mit KLM eine europäische Fluggesellschaft.

Die Top Ten der sichersten Airlines weltweit

Unter den Top Ten kommen dann Air New Zealand (7), die aus den Vereinigten Arabischen Emiraten stammende Etihad Airways (8), Japan Airlines (9) und die portugiesische TAP (10).

Das sind die sichersten Airlines der Welt


1. Cathay Pacific, Hongkong, Volksrepublik China, Trend: unverändert


2. Emirates, Vereinigte Arabische Emirate, Trend: unverändert


3. EVA Air, Taiwan, Trend: unverändert


4. Qatar Airways, Katar, Trend: aufwärts


5. Hainan Airlines, China, Trend: aufwärts


6. KLM, Niederlande, Trend: aufwärts


7. Air New Zealand, Neuseeland, Trend: unverändert


8. Etihad Airways, Vereinigte Arabische Emirate, Trend: aufwärts


9. Japan Airlines, Japan, Trend: aufwärts


10. Tap, Portugal, Trend: aufwärts


11. Jetblue Airways, USA, Trend: abwärts


12. Lufthansa, Deutschland, Trend: unverändert


20. Air Berlin, Deutschland, Trend: aufwärts


Quelle: Das Hamburger Flugunfallbüro Jet Airliner Crash Data Evaluation Centre (JACDEC) 

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Die deutschen Gesellschaften Lufthansa (12) und Air Berlin (20) schaffen es immerhin noch in die Top 20. Die Lufthansa lag beim Indexwert hauchdünn vor der australischen Qantas. Die Australier waren kürzlich von einer Mitte 2013 gegründeten heimischen Rating-Agentur nach etwas anderen Kriterien zur sichersten Fluggesellschaft erklärt worden. Schlusslicht ist im JACDEC-Ranking Vietnam Airlines (60). Die Vietnamesen fliegen auch ab Deutschland nach Hanoi und Saigon (Ho-Chi-Minh-City)

Die Hamburger Unfalluntersucher messen bei ihrer Bewertung unter anderem Verkehrsleistung und Zwischenfälle und betrachten einen Zeitraum von 30 Jahren. Neben Flugzeug-Totalverlusten werden auch schwere Zwischenfälle erfasst. Dabei muss es sich nicht unbedingt um Unfälle im klassischen Sinn handeln, es kann auch um Beinahe-Kollisionen oder riskante Situationen gehen. Je länger ein Unfall zurückliegt, umso schwächer wirkt er sich auf den JACDEC-Sicherheitsindex aus. Verschiebungen in der Liste bedeuten also nicht, dass die betreffenden Unternehmen nicht mehr sicher sind.

Wenn der Flug billiger ist als das Taxi zum Flughafen

„Seit 25 Jahren sammeln wir entsprechende Daten, seit 2002 veröffentlichen wir unseren Index – er steht auf einem sehr breiten Fundament“, sagt der Mitbegründer des Hamburger Flugunfallbüros „Jet Airliner Crash Data Evaluation Centre“ (JACDEC), Jan-Arwed Richter. Die Pilotenvereinigung Cockpit sieht seine jährliche Sicherheitsliste als Klassiker, mahnt aber zur Vorsicht. „Man sollte solche Statistiken stets mit Vorsicht betrachten, sie bieten lediglich eine Orientierungshilfe“, sagt Cockpit-Sprecher Markus Wahl.

Der Pilot sieht Sicherheitsrankings eher als tendenzielle Indikatoren für die Flugsicherheit eines Jahres. Seine Bedenken zielen in eine ganz andere Richtung: „Wenn der Flug selbst billiger als die Fahrt zum Flughafen ist, würde ich mir die Frage stellen, ob das die Kosten deckt und wo diese Airline die Kosten einspart.“

Airline-Sicherheit: Worauf es ankommt

Mit Blick auf die Flugsicherheit am Himmel hält er eine „Geiz-ist-geil-Mentalität“ langfristig für bedenklich. Was er daher einem verunsicherten Passagier auf der Suche nach Antworten rät? „In Sachen Flugsicherheit geht es uns gerade in Europa eigentlich sehr gut“, meint er beruhigend. Anlass zur Sorge bestehe nicht.

In der Tat schneiden die europäischen und vor allem auch die beiden größten deutschen Fluggesellschaften bei der Sicherheit grundsätzlich gut ab – egal, in welchem Ranking. Gut ausgebildete Besatzungen, sorgfältig gewartete Flotten, eine penible behördliche Aufsicht.

Richter relativiert zudem selbst die Bedeutung der Listenplätze in seiner eigenen Liste: „Die Rangfolge wird oft überbetont - das ist für uns gar nicht die entscheidende Größe; entscheidendes Kriterium ist vielmehr das Abschneiden der Airline im Index.“ Und da sind die Unterschiede eh meist marginal.

Die JACDEC-Unfallforscher berechnen die Verkehrsleistung der Airline bei ihrer Wertung gegen die Anzahl der Zwischenfälle und Totalverluste der vergangenen 30 Jahre. Es geht also bei ihnen um einen langfristigen Blick auf die Sicherheit.

Fliegen ist statistisch gesehen die sicherste Art des Reisens, da sind sich alle Experten einig. Auch bei der australischen AirlineRatings.com sehen die Analysten keinen Grund zur Alarmstimmung. Ein mulmiges Gefühl beim Besteigen eines Verkehrsflugzeugs wäre damit also ungerechtfertigt.

Germanwings fehlt im Sicherheits-Ranking

Statistiker bestätigen das. Nach einer Studie der Allianz-Versicherungsgruppe betrug das Risiko eines tödlichen Flugzeugabsturzes 1959 für einen Passagier 1:25.000 Abflüge in den USA und Kanada. Heute liegt das Risiko eines Fluggastes, in den USA oder in der EU bei einem Absturz das Leben zu verlieren, bei 1:29 Millionen.

Die Lufthansa-Tochter Germanwings, die 2015 mit einem vorsätzlich in einen Berg der Alpen gelenkten Airbus A320 eine Sicherheitsdebatte in der Zivilluftfahrt auslöste, war wegen ihrer Verkehrsleistung nicht unter den 60 weltgrößten Airlines. Dadurch verzeichnete 2015 keine Gesellschaft aus der betrachteten Gruppe ein größeres Unglück – obwohl es auch Unfälle gab, bei denen Flugzeuge als „Totalverlust“ abgeschrieben werden mussten. Menschenleben waren in diesen Fällen nicht zu beklagen.

Entsprechende Unglücke hatten Turkish Airlines und Air Canada sowie die südkoreanische Asiana: Im April 2015 hatte einer ihrer A320-Jets rund 300 Meter vor dem japanischen Flughafen Hiroshima eine Antenne des Landesystems gestreift und mit dem Heck den Boden berührt. Die Passagiere kamen mit dem Schrecken davon – der Airbus dagegen wurde aufgrund seiner Beschädigungen verschrottet.