Rub al-Khali, 200 Kilometer von Abu Dhabi entfernt, ist Kulisse für Jakku, den neuen Planeten im siebten Teil der „Star Wars“-Saga.

Sie haben alle Spuren beseitigt, das gewaltige Wrack des am Rande eines ausgetrockneten Salzsees bruchgelandeten Raumschiffs mit seinen silbrig-grauen Häuten demontiert und die Hütten in der Nachbarschaft abgetragen. Sie haben futuristische Sandgleiter mit Anti-Gravitations-Antrieb wieder verschwinden lassen – erst in großen Zelten verstaut, dann in Lastwagen davongeschafft –, alle Kampfspuren beseitigt und die ­Roboter R2-D2, C-3PO und die kuge­lige rot-weiße Neuentwicklung BB-8 wieder mitgenommen. Sie haben die neuen Uniformen der imperialen Stormtrooper sauber verpackt und ­verladen und den geheimnisumwitterten Sandplaneten Jakku in den Outer Rim Territories des Alderan-Sternensystems wieder verlassen. So still, wie sie gekommen waren. So heimlich, dass kaum einer etwas davon mitbekommen hat. Weder hier unten in der Wüste Abu Dhabis, ganz in der Nähe der Grenze zu Saudi-Arabien, noch anderswo im Universum.

Ein paar Wochen lang haben die über 200 Meter hohen rotbraunenDünen der Rub al-Khali und die staubtrockenen grauen Salzseen den geheimnisumwitterten Sandplaneten Jakku gedoubelt, als dort, gut 200 Kilometer von Abu Dhabi-Stadt entfernt, viele Szenen für den neuen Star Wars-Kinofilm „Das Erwachen der Macht“ gedreht wurden. Geblieben sind die Fahrspuren auf der Kruste des Salzsees, die auch vorher schon da waren sowie . Geblieben sind die Reste der über zwei Kilometer langen Straße ins Nirgendwo, die für die schweren Fahrzeuge der Kulissenbauer in nur zehn Tagen ins Nichts planiert wurde. und die sich jetzt der Sand zurückholen wird. Schon bald wird der Wind den Sand wieder darüber geschoben haben, als wäre die Piste der Filmleute nie da gewesen.

Die Wüste hofft auf Touristen; denn Fans lieben es, ihren Stars nachzureisen

Für Abu Dhabi ist es ein Volltreffer, dass die Leute aus Hollywood nicht weit vom luxuriösen Wüstenhotel Qasr al-Sarab gedreht haben. Weil es die Bilder dieser rotbraunen Dünen in alle Welt tragen wird, auf Zehntausende ­Kinoleinwände rund um den Globus. Und weil es keine bessere Tourismuswerbung gibt als ein Filmprojekt von diesem Kaliber.

Weltweit sind es Studien zufolge 100 Millionen Reisen im Jahr, die durchs Kino motiviert sind. Menschen lieben es, ihren Stars nachzureisen: Ob an die realen Drehorte oder an die Spielstätten der Handlung.So machte der Klassiker Ob bei einem Klassiker wie „Der Dritte Mann“ neugierig auf Wien, Touristen zog es durch „Pretty Woman“ nach Beverly Hills – oder zu Die Hoffnung ist, dass die einer Premiere wie bei „Star Wars“. Warum also sollte dieWüste auf der Arabischen Halbinsel nach der „Star Wars“-Premiere verstärkt das Ziel von Touristen und den vielen Fans der Filmreihe wird. Am 14. Dezember feiert diese insgesamt siebte Folge der Sternenkrieger-Saga Uraufführung in den USA, am 17. Dezember kommt sie in die Kinos im deutschsprachigen Raum. Der Hype im Internet und darüber hinaus ist längst völlig entfesselt. Mehr als 100 Millionen Mal wurde der neueste Trailer auf der Video-Plattform YouTube angeklickt– allein binnen der ersten 24 Stunden, die er dort abrufbar war.

Bislang wurden die Kultfilme rund um Darth Vader, Luke Skywalker und Yoda in Tunesien gedreht. Dieses Mal haben sich die Filmemacher um „Star Wars“-Erfinder George Lucas, Regisseur J.J. Abrams und Produzent Disney aus mehreren Gründen für Abu Dhabi entschieden: Weil die, obwohl bislang in Tunesien gedreht wurde,weil die Kulisse anders aussehen sollte als auf dem bisherigen Sandplaneten Tatooine.

Weil Jakku ein neuer Planet im Star Wars-­Uni­versum ist. Weil diese Wüste mit ihren sandbraunen Dünen so ­unfassbar schön ist, so Ehrfurcht einflößend. Weil bis weit hinter den Horizont nichts als Sand kommt. Weil die Infrastruktur dennoch bestens ist, es das Hotel ­mitten im sandigen Nichts ebenso gibt wie die Straße dorthin. Weil ­Abu Dhabi ­sicher ist. Und nicht zuletzt auch, weil die Filmförderungsbehörde des Emirats jedem 30 Prozent der ­Produktionskosten erstattet, der hier dreht.

Wie war das so mit den Stars? Mit Daisy Ridley als Sandplaneten-Kriegerin Rey, mit John Boyega als Stormtrooper Finn, womöglich sogar mit Mark Hamill als Luke Skywalker, Carrie Fisher als Prinzessin Leia und Harrison Ford als Han Solo? Haben sie nach den Drehs im Pool mit Dünenblick geplanscht? Was waren ihre Lieblingsplätze im Open-Air-Restaurant unter diesem unfassbaren Sternenhimmel, wenn abends alle Raumschiffe geparkt, die Kostüme in der Garderobe abgegeben und die Kameras ausgeschaltet waren? Im Qasr al-Sarab ist die Antwort auf all die Fragen bloß ein sehr freundliches Lächeln – egal, an wen man sich wendet. Dabei ist es längst offenes Geheimnis, dass die Hollywood-Crew über Wochen hier einquartiert war. - so wie kurz zuvor und kurz darauf die Teams gleich dreier indischer Bollywood-Erfolgsproduktionen, die noch vor „Star Wars“ in die Kinos kamen. Größte Diskretion aber ist Trumpf. Für alles Außerirdische gilt bis auf Weiteres ein Schweigegelübde rund um den Drehort.

Gerade dreht Brad Pitt in Abu Dhabi einen Action-Streifen

Aller Komfort der modernen Welt im Look eines Wüsten-Forts: Im Qasr al-Sarab hat die Filmcrew während der Dreharbeiten gewohnt
Aller Komfort der modernen Welt im Look eines Wüsten-Forts: Im Qasr al-Sarab hat die Filmcrew während der Dreharbeiten gewohnt © picture alliance / DUMONT Bildar | Martin Sasse

Wenn Paul Baker zum Sandplaneten Jakku durchgestartet ist, brauchte er keinen X-Wing-Fighter, keinen Millenium Falcon, auch kein anderes Raumschiff. Ihm reichte für die Reise ans Ende des bekannten Universums sein in die Jahre gekommener weißer Peugeot. Etwas mehr als zwei Stunden war er jedes Mal von seinem Büro in Abu-Dhabi-Stadt bis an den Drehort unterwegs. Heute lacht er darüber. „Über ,Star Wars’“, da ist Baker sich sicher, „spricht man auch in einer Generation noch. Und über die Drehorte! Wissen Sie“, sagt er, „das hier ist das Land der arabischen Geschichtenerzähler. Seit Jahrhunderten haben sie ihre Märchen am Lagerfeuer weitergegeben. Das wollen wir am Leben halten, auf diesen Traditionen aufbauen – und wir wissen, dass das Lagerfeuer von heute der Kinosaal ist.“

Baker hat jahrelang in Hollywood gelebt und für die großen Studios gearbeitet. Jetzt leitet er das Filmförderungsbüro in Abu Dhabi. Er hat „Krieg der Sterne“ an Land gezogen – wie zuvor schon „Das Bourne-Vermächtnis“ mit Jeremy Renner. Dafür doubelte ein in die Jahre gekommener Innenstadtstraßenzug die pakistanische Hafenstadt Karachi. Und für „Fast & Furious 7“ mit Vin Diesel und Paul Walker waren es die futuristischen Wolkenkratzer der Etihad Towers, aus deren Fensterfront die Helden mit einem Sportwagen in luftiger Höhe am Turm des Jumeirah-Hotels vorbei über Dutzende Meter flogen und in ein Geschoss des gegenüberliegenden Towers krachten, um dort noch ein bisschen umherzubrausen – und alles wohl behalten zu überstehen. Jetzt dreht gerade Brad Pitt in Abu Dhabi – für einen Actionfilm unter dem Arbeitstitel „War Machine“.

Was aus den eingelagerten Kulissen vom Sandplaneten Jakku werden soll? Inoffiziell werden sie eines Tages in der Nähe von Abu-Dhabi-Stadt wieder aufgestellt – als Touristenattraktion. Offiziell gibt es dazu nur ein tiefes Atemgeräusch, ein rasselndes Fauchen wie aus Darth Vaders Helm. Was das heißen soll? „Kein Kommentar. Noch nicht.“ Und dann gibt es ein tonloses Augenzwinkern.