Das Schöne am Tempomat ist, dass man ziemlich wenig tun muss: einmal Geschwindigkeit einstellen und Fuß vom Pedal – ideal für endlose Fahrten auf Autobahnen in Frankreich zum Beispiel, wo das Limit bei 130 Stundenkilometern liegt und schon kleine Überschreitungen teuer sind. Das Plus dabei: Niemals zu beschleunigen, wirkt so herrlich unaggressiv – und ist es auch. Fährt einer mit Tempomat und ist schneller als man selber, nähert er sich gleichmäßig im Rückspiegel. Überholt er schließlich, geschieht auch das in entspannter Gleichmäßigkeit. Überholt man selber mit Tempomat, fühlen sich seltsamerweise nur Belgier trotzdem herausgefordert.

Das ist das Ergebnis einer Tempomat-Autobahnfahrt exakt im Limit quer durch Frankreich, die mit dieser seltsamen Erkenntnis beginnt: Fahrzeuge mit dem großen „B“ am Heck rollen dort normalerweise mit 126 km/h über die Autobahnen – immer ein bisschen unter dem Limit. Und sehen sie einen anderen herannahen, beschleunigen sie ein wenig. Schert er aus und ist irgendwann endlich auf derselben Höhe, beschleunigen sie noch mal, und das Cockpit-Personal verkrampft dabei auf dem Sitz: sturer Blick geradeaus, das Lenkrad mit beiden Händen fest umklammert – und . Plötzlich gilt das eben noch unterschrittene Tempolimit nicht mehr. Lässt der andere sich dann zurückfallen und sortiert sich wieder hinter dem Belgier ein, bremst der erst auf 126, dann auf 124, dann auf 120 ab – nur um das Prozedere beim nächsten Überholversuch zu wiederholen. Warum das geschieht? Ein großes Rätsel. Beim ersten Mal denkt man noch: Zufall. Beim fünften Mal denkt man: wie seltsam. Beim zehnten Malbinnen 900 Kilometern auf der Autobahn: Was für eine Regelmäßigkeit!Und anders als bei Franzosen, bei Deutschen, Holländern, Italienern, anders als bei allen, die sonst dort unterwegs sind!

Das Fabrikat des Autos scheint dabei egal, die Farbe auch – des belgischen Wagens ebenso wie des fast Überholenden. Auch das Wetter ist wurscht, die Tageszeit gleichgültig. Ob Mann oder Frau am Lenkrad, ob alt oder jung: spielt für das Verhaltensmuster alles keine Rolle.

Wie man an den Belgiern vorbeikommt, ohne gegen das Tempolimit zu verstoßen? Eigentlich gar nicht. Am besten hilft, auf den nächsten Rastplatz zu fahren, sich die Beine zu vertreten,etwas zu essen, all den anderen auf der Piste gehörig Vorprung zu gewähren – und mit den netten Leuten aus dem Nachbarauto, die gerade Päuschen machen, ins Plaudern zu geraten unddie Ergebnisse des ungeplanten Feldversuchs zu teilen. Der Mann aus dem dunkelgrünen Renault sagt, ihm sei das noch nicht aufgefallen, aber er überhole auch nicht gern – erst recht in Frankreich, wo die Strafzettel so teuer seien. Und dann lacht er: „Aber vielleicht ist es auch nur, weil ich Belgier bin.“ Was das beweist? Vor allem dies: Es gibt Einige Dinge sollte man erst besprechen, wenn man aufs Nationalitätenkennzeichen geschaut hat.