Mein diesjähriger Sommerurlaub begann als Stummfilm. Still und starr ruhte der Weißensee vor herrlichster Bergkulisse und gab ein bisschen mit seiner Farbe an. So türkis kennt man sonst nur das Wasser rund um die Malediven. Es herrschten sogar fast ähnliche Temperaturen wie im Honeymoon-Paradies. Und dann diese Stille. Es war so leise, dass ich Angst hatte, die Seiten meiner Zeitschrift umzublättern, ohne mir einen Platzverweis der Tourismuszentrale Kärnten einzuhandeln. Nicht auszumalen, was ein klingelndes Handy in dieser Umgebung angerichtet hätte. Geldbußen in Höhe von drei iPhone 6 seien als Strafmaß durchaus angemessen, dachte sich mein Gehirn, das ebenfalls auf Ruhemodus geschaltet hatte. Wo waren all die Bananenboote? Die Jetskis? Die Kinder, die nach Pommes schrien? Die Mütter, die nach den Kindern schrien? Und die Papas, die nach Ruhe schrien? Gab es hier nicht. Kurzum: super.

Doch dann. Ein Unruheherd mitten auf dem See. Zwei Männer im Ruderboot stritten. Der eine schwenkte das Ruder bedrohlich über seinen Kopf, als sei er ein Hammerwerfer, der andere haute wütend auf die Wasseroberfläche. Das arme Türkis! Es dauerte ein bisschen, bis der Grund der Aufregung klar wurde: Es war das Boot an sich. Sie hatten keine Ahnung, wie sie es fortbewegen sollten. Bei den Schiffsinsassen handelte es sich um Touristen aus Südarabien, die als Bewohner eines Wüstenstaates bislang wenig Gelegenheit für das Erlernen einer Wassersportart gehabt hatten. Der Bootsvermieter versuchte am Rande des Sees, den Männern klarzumachen, dass nur einer rudern müsse, mit beiden Rudern in der Hand. Er turnte die Bewegung trocken vor, während neben ihm die acht Frauen der zwei Männer standen und an ihren Burkas zupften.

Ich freute mich über das Erleben dieser wie ich zunächst dachte außergewöhnlichen Szene und stellte später, sowohl am Wörthersee als auch am Eibsee fest, dass es sich hierbei um ein allgemeines Problem und somit um eine klare Marktlücke handelte. Überall Touristen aus dem arabischen Raum, die Boote mieten, ohne zu wissen, wie sie damit umgehen sollten. Es kam zu Kollisionen mit Schwänen, mit Tretbooten, mit der Wasserpolizei.

Die Geschäftsidee vor Ort kann also nur eine sein: Ruderkurse für unsere Gäste aus dem arabischen Raumfür sie anzubieten. Euphorisch und mit vielen Dollarzeichen im Auge wollte ich mein Gehirn gerade dazu bewegen, aus dem Ruhemodus zurückzukehren, um mir bei der Ausarbeitung eines Businessplans behilflich zu sein, da traf ich meinen Meister. Wie immer bei guten Ideen gibt es einen, der noch eine bessere hat. Neben einer Pommesbude entdeckte ich einen Mann, der „meinen“ Kunden Holz verkaufte. Stöcke, die es außerhalb von Wüsten wie Sand am Meer gibt. Aber es waren angeblich nicht irgendwelche Scheite, sondern die von einem Baum, in den der Blitz eingeschlagen hatte. Der Verkäufer nannte sie „Blitzgescheit“. Chapeau. Dieser Kerl befindet sich nicht auf dem Holzweg.