Kleine Fluchten Nicht weit vom Kühlungsborner Ostseestrand ist die kleine Ferienanlage „Weißt Du noch“ ein Rückzugsort voller Romantik

Die Sonne lenkt ihre Strahlen auf die Terrasse der „Kräuterstube“, wo Licht und Schatten über die Polster­berge einer Sitzecke tanzen. Aus einem Beet weht der Duft von Salbei, Minze und Rosmarin herüber. Bienen umschwärmen die Blüten des Lavendels. Irgendwo zwitschert ein Vogel. Und hin und wieder schleicht sich in die Stille des Gartens das „Hu-hu“ des historischen Dampfzugs Molli, der am Bahnhof Kühlungsborn-West seine immergleiche Reise über Heiligendamm nach Bad Doberan antritt.

Die Terrasse liegt wie ein drittes Zimmer vor der Kräuterstube, einer Ferienwohnung, wie sie typisch ist für die kleine Ferienanlage „Weißt Du noch“. Mit liebevoller Hand wurde da ein Zuhause auf Zeit für den Gast geschaffen, ein richtiger Wohlfühlort. Jedes Detail wurde mit Bedacht gewählt und an der richtigen Stelle platziert. Ein Boden, der an Schiffsdielen erinnert, Decken mit rustikalen Holzbalken und Fenster mit bestickten Gardinchen, durch die das Licht auf Blümchentapeten fällt, schaffen hier den Rahmen für eine Einrichtung, die längst vergangene Zeiten beschwört.

Wie das Nähtischchen der Urgroßmutter im Schlafzimmer, die auf alt getrimmte Küche in Kräutergrün, der antiquierte Plattenspieler, dessen Nadel über Vinyl schrappt und Klavierklänge im Raum verteilt, oder der Kaminofen, der darauf wartet, an einem kühlen Abend befeuert zu werden, um die Gäste zu wärmen, die sich zum Fernsehen in die Kissen des Sofas kuscheln. Dazwischen Kerzen, Blumen, eine Dose mit selbst gebackenen Plätzchen und weitere Kleinigkeiten, die einem sagen: Schön, dass du da bist!

So wie die beiden anderen Gartencottages, das Igelnest und der Apfeltraum, steht auch die Kräuterstube am Ende einer Geschichte, die im Jahr 2009 begann. Damals erwarben Nicole Kaufke und Peter Weide die kleine ­Jugendstilvilla in der Kühlungsborner Friedrich-Borgwardt-Straße, die einmal zum Herzstück ihrer Ferienanlage werden sollte. Für die beiden war es so etwas wie Liebe auf den ersten Blick, und mit viel Elan machten sie sich an die Sanierung der Immobilie, zu der noch eine frühere Schmiede und ein Stück Garten samt Schuppen gehörten.

Als drei Jahre später das Nachbargrundstück zum Verkauf stand, hat das Eigentümerpaar kurzerhand um ein weiteres Ferienhaus, drei Datschen und etwas Grün erweitert. Wieder wurde renoviert und aus zwei Gärten einer gemacht, in dem schon bald Rosen und Hortensien, Jasmin und Flieder zwischen Baum und Strauch gediehen.

Seit Juni 2013, als der letzte Pinselstrich getan war und Nicole Kaufkes Mutter 27.000 Meter Garn für die Herstellung von Vorhängen und Kissen vernäht hatte, zählt das „Weißt Du noch“ zehn unterschiedlich große Apartments, die Jugendliebe, Gute Stube oder Strandlust heißen und sich auf die einzelnen Gebäude verteilen. „Jede Wohnung, jedes Gartenhaus ist individuell“, erzählt die Gastgeberin. Und ­jeder Name sage etwas über den Charakter der entsprechenden Unterkunft. „Ein Teil der Möbel besteht aus Familienerbstücken.“ Anderes hat ein Tischler gefertigt, vervollkommnet durch Bilder, Lampen und Dekostücke, die nicht von der Stange kommen. Nostalgisch, romantisch, einfach nur schön.

Mit der Hochseeyacht „Vielmeer Blue“ bringt der Skipper Gäste auf die Ostsee

Und obwohl sich jeder Gast in diesen Räumen ungemein wohlfühlt, ruft irgendwann die Ostsee, die nicht weit entfernt den weißen Strandsand berührt. In gerader Linie führt die Friedrich-Borgwardt-Straße, abgelöst von einem Parkweg, zum Baltic-Platz, wo die Leute gern auf einer der Bänke ­sitzen – vor sich die bröckelnde Pracht der Villa Baltic, im Rücken wogende Dünengräser und schließlich das tiefblaue Meer. Die Weite des autofreien Platzes erweist sich als guter Startpunkt für einen Spaziergang auf der insgesamt 3390 Meter langen Strandpromenade. Nur durch einen schmalen Waldstreifen vom mondänen Boulevard der Ostseeallee und deren herrlichen Bäderarchitektur-Villen getrennt, verbindet sie Kühlungsborn-West und -Ost, zwischen denen sich der Stadtwald mit 133 Hektar Fläche ausdehnt.

Unser Ziel ist der Bootshafen östlich der Seebrücke. Im Schutz einer Mole schaukeln dort die Segelschiffe im Wasser. Unter ihnen Peter Weides Hochseeyacht „Vielmeer Blue“, auf der der erfahrene Skipper gern Gäste zu einem Schnuppertörn mitnimmt. Auch Weides Restaurant „Vielmeer“ liegt hier und zieht wie keine andere Lokalität auf der belebten Hafenmeile das Publikum an. Ein „öffentliches Wohnzimmer“, so der Vollblutgastronom, das unterschiedlichste Bedürfnisse befriedigt. Da kann im eigentlichen Restaurantbereich ausgezeichnet gegessen, vor dem Kamin tagsüber gechillt und abends zu Livemusik getanzt oder auf den Holzstufen der Seeterrasse zum Sehen und Gesehenwerden Platz genommen werden – mit einem Glas Wein oder einem Bier, je nach Gusto.