Vor dem Konkurs gerettet, wird der Bruno-Weber-Park, der größte Skulpturengarten der Schweiz, jetzt wiedereröffnet

Asphaltgrau, Stahl-, Kitt- und Zementgrau – die gleiche Tristesse wie in vielen anderen Städten auch. Fast. Doch in Dietikon lotsen einen Kakadus mit Federn aus Mosaiksteinen, Hunde mit streckbankgeformten Körpern und Frösche im Sumo-Ringer-Format durch die städtische Monotonie. Immer dem Schnabel des Gockels und den grinsenden Schnecken nach, vorbei an Busbahnhofterminals, Wohnwürfeln und Werkstätten. Wo die richtungsweisenden Tierskulpturen des Bruno-Weber-Wegs enden, nehmen Dutzende Fabelwesen die Besucher in Empfang. Sie säumen eine Allee, die in den Park hineinführt. Eben noch alltagsgraue Ordnung, Maß und Regeln, ab jetzt ein nicht genormtes, organisch wucherndes Fantasiereich. Beide Welten bestehen aus dem gleichen Material: Beton.

Für Bruno Weber war Beton der Stoff, aus dem man Träume baut. In seinem Park wimmelt es von Fratzen, Totempfahlfiguren und unförmigen Körpern, mal ohne Gliedmaßen, mal mit sechs Brüsten. Fingern wachsen Füße, im Maul eines Steinkopfes prasselt ein Kaminfeuer, und in die Rückenlehnen der Stühle sind zornig drohende Gesichter gemeißelt. Selbst die Sonne trägt hier ein aufgeschwemmtes Alkoholikergesicht. Solche Gestalten lauerten in unseren schlimmsten Kinderfantasien unter dem Bett.

Beim erwachsenen Parkbesucher lösen die Dämonen in Webers Welt Unbehagen und Beklemmung aus. Die eigene Kindheit ist zwar ausgeträumt, die Kindheit der Völker aber in unseren Genen gespeichert, sie lebt in Sagen und Legenden fort. Es sind archaische Ängste, die Bruno Weber einbetoniert hat, geradewegs aus der altägyptischen, asiatischen und minoischen Mythenwelt importierte Mischwesen.

Manche Skulpturen sind bewohnbar, wie das Atelierhaus, andere begehbar, wie die beiden über einhundert Meter langen Flügelhunde. In ihren Mäulern kann man stehen und über einen Wassergarten blicken. Die Eröffnung dieses Wassergartens, das Herzstück der Anlage, hat Bruno Weber nicht mehr erlebt. Er ist im Oktober 2011 kurz nach seinem 80. Geburtstag verstorben. Mit seinen bunten Stirnbändern und den zotteligen Haaren hätte der Künstler auch gut einen Guru oder Eremiten abgeben können. Alles andere als gewöhnlich war er tatsächlich, aber nicht der Fantast, Kauz oder Outlaw, als den ihn viele sehen wollten. Für einen weltfremden Spinner konnte er einfach zu gut mit Betonmischer und Maurerkelle umgehen.

Der gelernte Kunstmaler und Lithograf hatte sich autodidaktisch zu einem meisterhaften Statiker und Architekten gebildet, war Zimmermann, Plattenleger, Gipser, Möbeldesigner und Erfinder. Fünfzig Jahre lang lebte Weber seine Talente in einem Waldstück oberhalb von Dietikon und Spreitenbach aus. Zusammen mit seiner Frau Mariann Weber-Godon begann er 1962 mit der Arbeit an einem Atelierhaus. Rationaler Bauhaus-Stil war Webers Sache jedoch nicht. Mit barocker Lust ging er an die Ausschmückung seines Ateliers, ließ Säulen, Reliefs, Geländer und einen fast dreißig Meter hohen Turm wuchern. Eine Baugenehmigung für dieses Märchenschloss hatte Weber nicht. So gänzlich zweckfreie Architektur lässt natürlich keine Schweizer Bau- und Zonenverordnung zu. 1976 erging ein erster Befehl zum Abbruch der Bauten. Nach jahrelangen Verhandlungen deklarierten die Behörden Bruno Webers Betonwelt 1998 zur Kunstzone.

Heute bevölkern Webers tonnenschwere Tierskulpturen eine Fläche von 20.000 Quadratmetern und damit den größten Skulpturenpark der Schweiz. Fehlende Einnahmen und Streitigkeiten darüber, wie die Anlage genutzt werden sollte, führten dazu, dass sich binnen kurzer Zeit zwei Stiftungsräte auflösten und der Kanton Aargau die Anlage im Oktober 2014 aus finanziellen Gründen schließen musste. Petitionen zum Erhalt des Parks wurden unterzeichnet und neue Sponsoren gesucht. Der neu gegründete Stiftungsrat hat viele Ziele. Unter anderem soll das Weber’sche Gesamtkunstwerk nach Originalplänen des Künstlers fertiggestellt und unter Kulturgüterschutz gestellt werden.

Bruno Weber Skulpturenpark, Zur Weinrebe, 8953 Dietikon, www.bruno-weber.com